Engel(1922) Wortschatz und Wortform 7: Unterschied zwischen den Versionen
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|KapitelText=Eine besondre Betrachtung verdient das Deutsch der meisten österreichischen Schreiber. Seine allbekannten Unarten sind schon so, oft behandelt und gesammelt worden, daß die besinnlichen Österreicher sie überall da ablegen sollten, wo sie zur deutschen Gesamtleserwelt sprechen, zumal in solchen Fällen, wo die ruhige Prüfung ihnen selbst sagen müßte, $Seite 69$ daß es sich um schlechtes, nämlich zweckwidriges Deutsch handelt und um solches, das sich bei keinem unsrer Größten alter oder neuer Zeit findet. ''Vergessen auf.. ''ist nur öfterreichisch, nicht gutes Schriftdeutsch; ''beiläufig'' bedeutet bei keinem guten deutschen Schreiber ''ungefähr'', sondern nur ''nebenbei''; in gutem Deutsch heißt es: '',Ich habe nur noch 10 Kronen' '', nicht '',nur mehr' ''. Auch das falsche schlesische ''bereits'' für ''beinah'' ist schlechte österreichische Art. Das gute Schriftdeutsch kennt nicht die Fügung ,''über Beschluß der Regierung' '', sondern nur ,''auf Beschluß' ''. Das gute Deutsch kennt kein begründendes ''nachdem'' ('',Nachdem mein Sohn krank ist, kann er nicht . .' ''), sondern ''da'' oder ''weil'' muß es heißen; und es weiß nichts von ''jener'' für ''der'' oder ''derjenige'' ('',Der Kaiser ernannte jene Offiziere, die . .' ''). In allen diesen Fällen steht nicht der eine Geschmack, etwa der meinige, gegen einen andern, sondern der herrschende Gebrauch der besten deutschen Schreiber fordert Gehorsam von den guten Schreibern Österreichs. | |KapitelText=Eine besondre Betrachtung verdient das Deutsch der meisten österreichischen Schreiber. Seine allbekannten Unarten sind schon so, oft behandelt und gesammelt worden, daß die besinnlichen Österreicher sie überall da ablegen sollten, wo sie zur deutschen Gesamtleserwelt sprechen, zumal in solchen Fällen, wo die ruhige Prüfung ihnen selbst sagen müßte, $Seite 69$ daß es sich um schlechtes, nämlich zweckwidriges Deutsch handelt und um solches, das sich bei keinem unsrer Größten alter oder neuer Zeit findet. ''Vergessen auf.. ''ist nur öfterreichisch, nicht gutes Schriftdeutsch; ''beiläufig'' bedeutet bei keinem guten deutschen Schreiber ''ungefähr'', sondern nur ''nebenbei''; in gutem Deutsch heißt es: '',Ich habe nur noch 10 Kronen' '', nicht '',nur mehr' ''. Auch das falsche schlesische ''bereits'' für ''beinah'' ist schlechte österreichische Art. Das gute Schriftdeutsch kennt nicht die Fügung ,''über Beschluß der Regierung' '', sondern nur ,''auf Beschluß' ''. Das gute Deutsch kennt kein begründendes ''nachdem'' ('',Nachdem mein Sohn krank ist, kann er nicht . .' ''), sondern ''da'' oder ''weil'' muß es heißen; und es weiß nichts von ''jener'' für ''der'' oder ''derjenige'' ('',Der Kaiser ernannte jene Offiziere, die . .' ''). In allen diesen Fällen steht nicht der eine Geschmack, etwa der meinige, gegen einen andern, sondern der herrschende Gebrauch der besten deutschen Schreiber fordert Gehorsam von den guten Schreibern Österreichs. | ||
Im übrigen aber keine unnütze Mäkelei: Wustmanns Tadel gegen angeblich öfterreichisches und schlechtes ,''jemand verständigen von . .' '' ist ungerecht: es ist erlaubtes Gemeindeutsch. Und warum soll der Österreicher im Sommer nicht ''am Lande'', der Reichsdeutsche ''auf dem Lande'' wohnen? | Im übrigen aber keine unnütze Mäkelei: Wustmanns Tadel gegen angeblich öfterreichisches und schlechtes ,''jemand verständigen von . .' '' ist ungerecht: es ist erlaubtes Gemeindeutsch. Und warum soll der Österreicher im Sommer nicht ''am Lande'', der Reichsdeutsche ''auf dem Lande'' wohnen? | ||
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Aktuelle Version vom 7. Juni 2017, 13:45 Uhr
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Buch | Engel (1922): Gutes Deutsch. Ein Führer durch Falsch und Richtig. |
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Seitenzahlen | 68 - 69 |
Nur für eingeloggte User:
Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Text |
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Eine besondre Betrachtung verdient das Deutsch der meisten österreichischen Schreiber. Seine allbekannten Unarten sind schon so, oft behandelt und gesammelt worden, daß die besinnlichen Österreicher sie überall da ablegen sollten, wo sie zur deutschen Gesamtleserwelt sprechen, zumal in solchen Fällen, wo die ruhige Prüfung ihnen selbst sagen müßte, $Seite 69$ daß es sich um schlechtes, nämlich zweckwidriges Deutsch handelt und um solches, das sich bei keinem unsrer Größten alter oder neuer Zeit findet. Vergessen auf.. ist nur öfterreichisch, nicht gutes Schriftdeutsch; beiläufig bedeutet bei keinem guten deutschen Schreiber ungefähr, sondern nur nebenbei; in gutem Deutsch heißt es: ,Ich habe nur noch 10 Kronen' , nicht ,nur mehr' . Auch das falsche schlesische bereits für beinah ist schlechte österreichische Art. Das gute Schriftdeutsch kennt nicht die Fügung ,über Beschluß der Regierung' , sondern nur ,auf Beschluß' . Das gute Deutsch kennt kein begründendes nachdem (,Nachdem mein Sohn krank ist, kann er nicht . .' ), sondern da oder weil muß es heißen; und es weiß nichts von jener für der oder derjenige (,Der Kaiser ernannte jene Offiziere, die . .' ). In allen diesen Fällen steht nicht der eine Geschmack, etwa der meinige, gegen einen andern, sondern der herrschende Gebrauch der besten deutschen Schreiber fordert Gehorsam von den guten Schreibern Österreichs. Im übrigen aber keine unnütze Mäkelei: Wustmanns Tadel gegen angeblich öfterreichisches und schlechtes ,jemand verständigen von . .' ist ungerecht: es ist erlaubtes Gemeindeutsch. Und warum soll der Österreicher im Sommer nicht am Lande, der Reichsdeutsche auf dem Lande wohnen? |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | Schriftsprache, Österreich, Schlesien |
Bewertung |
allbekannten Unarten, schlechtes, nämlich zweckwidriges Deutsch, das falsche schlesische, schlechte österreichische Art, gutes Schriftdeutsch, ungerecht, erlaubt |
Intertextueller Bezug | Wustmann |