Was ist ein Zweifelsfall?
Sprachliche Zweifelsfälle bestehen in der Regel aus zwei sprachlichen Einheiten (z.B. Wort, Wortform oder Satz), bei denen die Sprecher einer Sprache in Zweifel geraten können, welche der beiden Einheiten richtig oder falsch ist. Jeder Zweifelsfall umfasst also mindestens zwei Varianten, die Anlass zum Nachdenken über Sprache bieten. Weitere Ausführungen zum Begriff des sprachlichen Zweifelsfalls stehen hier. In normativen Texten wird dieser Zweifel aufgenommen, indem man mehr oder weniger eindeutige Urteile darüber fällt, welche Variante aus Sicht des jeweiligen Autors richtig oder falsch ist. Diejenigen normativen Texte, die die Sprecher des Deutschen in Zweifelsfällen häufig heranziehen, bilden den Kodex der deutschen Sprache. In den Kodifizierungen werden die Varianten eines Zweifelsfalls also in der einen oder anderen Form bewertet. In der Datenbank ZweiDat werden solche normierenden, kodifizierenden Texte für das Deutsche gesammelt und systematisch aufgearbeitet.
Grundsätzlich gibt ZweiDat also Antworten auf zwei Fragenkomplexe:
1. Identifikation sprachlicher Zweifelsfälle: Welche sprachlichen Einheiten wurden im Erscheinungszeitraum der Texte als Anlässe für Sprachzweifel gesehen? Über welche Varianten hat man in sprachlichen Fragen nachgedacht? Bei welchen Formulierungen sah man einen Anlass dafür, dass normative Entscheidungen gefällt werden sollten?
2. Bewertung sprachlicher Zweifelsfälle: Wie haben sich bestimmte Autoren in sprachlichen Zweifelsfällen entschieden? Welche der beiden Varianten wurde als besser, richtiger, schöner, sinnvoller o.ä. als die andere angesehen? Auf welche Art und Weise haben die Kodex-Autoren die fraglichen Varianten bewertet? Welche Argumente und Befunde wurden für normative Entscheidungen angeführt? Wie sieht bzw. sah demnach der Kodex der deutschen Sprache aus?
In ZweiDat finden Sie eine Liste sprachlicher Zweifelsfälle. Für jeden einzelnen Zweifelsfall werden jeweils einige typische Varianten genannt, zwischen denen sich Sprecher vermutlich nicht einfach und problemlos entscheiden konnten oder können. Genau besehen handelt es sich bei der ZweiDat-Liste allerdings nicht um konkrete Zweifelsfälle, sondern um einschlägige grammatische Bereiche, in denen immer wieder einzelne Zweifelsfälle auftauchen. Man kann auch von sprachlichen Domänen sprechen, in denen oft neue, aber strukturell ähnliche Zweifelsfälle entstehen (= Zweifelsfall-Domänen). Die Liste sprachlicher Zweifelsfälle bietet also einen systematischen Zugang zu denjenigen Bereichen (Domänen) der deutschen Grammatik, in denen seit langer Zeit wiederholt ähnlich geartete sprachliche Zweifelsfälle auftauchen. Die einschlägigen Zweifelsfall-Domänen sind in der Geschichte der neuhochdeutschen Sprache erstaunlich stabil.
Die Kodifizierung eines sprachlichen Zweifelsfalls ist nicht identisch mit seiner sprachwissenschaftlichen Analyse. Hinweise darauf, wie ein bestimmter sprachlicher Zweifelsfall von der Sprachwissenschaft analysiert wird, werden - soweit vorhanden - unter dem Menüpunkt "Linguistische Materialien zu diesem Zweifelsfall" verlinkt. Hier finden sich z.B. Verweise auf Darstellungen der "Grammatik in Fragen und Antworten" von grammis. Grammis ist das grammatische Informationssystem des Instituts für deutsche Sprache in Mannheim. Vergleichbare Analysen bietet auch das Forum Grammatikfragen.de. Bei diesem Projekt beantwortet ein Expertenteam unter der Leitung von Prof. Dr. Mathilde Hennig grammatische Fragen zu aktuellen sprachlichen Zweifelsfällen. Es wurde jedoch noch nicht im Detail mit dieser Datenbank verknüpft.