Das Hauptwort 6. Der Drittfall
Buch | Engel (1922): Gutes Deutsch. Ein Führer durch Falsch und Richtig. |
---|---|
Seitenzahlen | 104 - 105 |
Nur für eingeloggte User:
Unsicherheit |
---|
In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
---|---|
Genannte Bezugsinstanzen: | Schreiber guten Stils, Alt, Sprache der Kunst |
Text |
---|
Zweifelhaft ist hier vornehmlich, ob das .. e stehen oder wegfallen soll. Ähnlich wie beim Zweitfall mit .. es lassen sich feste Regeln nicht aufstellen, es sei denn die, daß es in Fremdwörtern fast niemals steht: nur dem Offizier, dem Monument, dem General, dem Konsul, im Korridor, dem Parlament. Bei einigen, die als Halblehnwörter gelten können: Altar, Balkon, ist es zulässig. Man kann beinah zwischen Fremd- und Halblehnwörtern unterscheiden je nach der Möglichkeit des . . e im Drittfall. Gleich allen Beugungsformen ist das . . e im langsamen Schwinden; es wird jedoch in sehr vielen Fällen noch als ein wirkungsvolles Ausdrucksmittel für Fügung, Wohlklang, Satztakt empfunden und sollte überall da erhalten bleiben, wo es jetzt noch als feste Sprachform Geltung hat und nicht schleppend wirkt. Im Zweifelsfalle (!) lieber setzen als weglassen. Seine richtige Anwendung folgt mehr künstlerischen als Sprachformgesetzen, läßt sich nicht lehren, sondern nur aus der Beobachtung unsrer Schreiber mit feiner Satzmusik lernen. Ein zu beherzigender Rat ist der, die Überhäufigkeit der Endungen mit . . e im Deutschen gelegentlich zu mindern durch sein Weglassen im Zweit- und Drittfall. Aus Wohlklangsgründen $Seite 105$ wird man es gern vor folgendem Selbstlaut, besonders vor e, streichen, wogegen man es benutzen sollte, um den Zusammenstoß gleicher Mitlauter, besonders zischender, zu vermeiden: mit seinem Schatze zu wuchern. Gleichfalls aus Gründen des Wohlklangs kann es zur Taktbeschwingung dienen, wo sonst zwei schwerbetonte Silben aufeinander folgen würden. Aber wiederum des Wohlklangs wegen fällt es aus, wo es eine Reihe tonloser Silben vermehren würde, ist also seltner bei mehrsilbigen als bei einsilbigen Hauptwörtern: mit dem König, bei dem Herzog, unterm Monde, vor dem Hause, mit seinem Gelde, mit seinem Besitz. Aus diesem Taktsinn erklärt sich das Fehlen des . . e in Zusammensetzungen, deren alleinstehendes letztes Wort ein .. e bekommt: unterm Dache, unterm Hausdach; unterm Monde, beim Vollmond. Am festesten erhält sich das . . e in festen Wortformeln aus älterer Zeit; hier verschwindet es kaum je: zu Rate ziehen, zu Berge stehen, bei Hofe, zuwege bringen, zu Kopfe steigen. Endlich ist ein innerer Unterschied zwischen . . e oder nicht-..e zu spüren je nach dem Schwung oder der Ruhe des Ausdrucks: je straffer, entschiedener, bündiger, desto seltener das .. e; je ruhiger, behaglicher, breiter, desto häufiger: mit festem Fuß, auf eignem Grund, zu Schutz und Trutz; beim Weine sitzen, zu Kreuze kriechen. |
Zweifelsfall | |
---|---|
Beispiel |
dem Offizier, dem Monument, dem General, dem Konsul, Korridor, dem Parlament, Altar, Balkon, Schatze, dem König, dem Herzog, Monde, dem Hause, Gelde, Besitz, Dache, Hausdach, Vollmond, Rate, Berge, Hofe, Kopfe, Fuß, Grund, Schutz, Trutz, Weine, Kreuze |
Bezugsinstanz | alt, Sprache der Kunst, Schreiber guten Stils |
Bewertung |
Frequenz/niemals, richtig, wirkungsvoll, Wohlklang, zulässig, zweifelhaft |
Intertextueller Bezug |