All, bei alle(m) dem
Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 74 - 74 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Grimm - Jacob, Gegenwärtig, Ursprünglich, Alt, Schriftsprache, Grimm - Wilhelm, Volk, Berlin |
Text |
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Das Gegenteil der Einheit: all erscheint in drei Formen: Erstens in dieser ungebeugten Form vor Artikel oder Possesiv + Hauptwort, und zwar nicht nur im 1. und 4. Fall der Einzahl männlicher und sächlicher Wörter, wo es freilich am häufigsten ist: all der Schmerz, all seinen Kummer, sondern auch in andern Formen: all die Qual, all meiner Glückseligkeit, ein nicht zu verwehrender Brauch, der lästige Wiederholung gleicher Endungen erspart. In starker Beugung sodann überwiegt es heute vor Artikel und Possesiv außer in den obengenannten zwei Kasus: alles meines Leides, aller der Ergötzlichkeiten: in ihr erscheint es stets vor artikellosen Substantiven: alle gute Gabe, alles Volk, und nach substantivischem Fürworte: das, dies, wer alles; also auch in, nach, bei dem allem, wie nach Substantiven, so daß es wohl all und alle diese Qualen, aber nur diese Qualen alle heißen kann. Der Berliner sagt auch noch alle Minute, und der Allermannsfreund geht auf den klugen Allermann (= jedermann) zurück. Vor dem substantivischen Fürwort ist die undeklinierte wie die starkdeklinierte Form möglich, also all und alles das, im Dativ demnach bei all dem und bei allem dem. Deutschen Zungen freilich scheint die letzte Form wie die umgekehrte bei dem allem immer empfindlichere Unbequemlichkeit zu bereiten. Keinesfalls darf man sich aber darüber durch bei dem allen //* Diese Fügung, die Grimm, Wb. I, Sp. 206 bei dem allen schlechthin falsch nennt, lief ihm Sp. 207 selber unter!//) weghelfen, weil all überhaupt nicht schwach gebeugt wird. Dagegen bietet eine gleich bequeme und berechtigte Ausweichung eine dritte Möglichkeit, der alte, natürlich unveränderliche Instrumentalis alle. Ursprünglich vor allen Geschlechtern und Fällen möglich und im Volke noch so verbreitet (alle der Quark, alle das Ihrige, alle die Merkwürdigkeiten), ist die Form jetzt freilich in der Schriftsprache wieder so ziemlich auf ihren mutmaßlichen Ausgangspunkt, den Dativ, und zwar vor substantivischen Neutren beschränkt: alle dem konnte er nicht widerstehen; bei, von, mit, trotz, aus alle dem. |
Zweifelsfall | |
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Beispiel |
aller, der Allermannsfreund, Allermann, alles, all, allem, allen, alle |
Bezugsinstanz | alt, Berlin, Volk, Grimm - Jacob, Grimm - Wilhelm, gegenwärtig, gegenwärtig, Schriftsprache, ursprünglich, Volk |
Bewertung |
bequeme und berechtigte Ausweichung, empfindliche Unbequemlichkeit, Frequenz/am häufigsten, Frequenz/stets, Frequenz/verbreitet, lästige Wiederholung, nicht zu verwehrender Brauch |
Intertextueller Bezug |