Artikel bei Begriffs- und Stoffnamen
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Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 122 - 123 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Text |
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Ohne Artikel stehn mit Recht im allgemeinen die Begriffs- und Stoffnamen, zu welch letzteren auch die sächlichen Substantivierungen der Eigenschaftswörter gehören, wenn ihr Inhalt ganz allgemein und in beliebiger, d. h. zwar nicht endloser Ausdehnung, sondern nur ohne Andeutung irgend welcher Begrenzung gedacht ist: Geduld ...,Lust ..., Zeit haben;es ist Zeit (nicht, wie oft zu hören: die Zeit) zu gehn. Wasser holen, Wein trinken, ein Glas Wasser. Platin, Gold und Silber sind Edelmetalle. Sätze wie diese: Zur Andrassy-Krise liegt wenig des Tatsächlichen (oder des tatsächlichen Materials) vor, kein Tropfen des Regens fiel, N. leistete das Unglaubliche in seiner Kunst, wie sie jetzt gar nicht selten sind, verraten sich durch die auf dem undeutschen Artikel beruhende Gespreiztheit als — fremdartige Fügungen. Die nämlichen Wörter erfordern aber den Artikel, wenn sie in ihrem vollen Umfange genommen sind, was sich oft damit deckt, daß sie zu andern in Gegensatz treten, oder wenn sie in bestimmter Begrenzung gedacht sind, sei diese auch noch so leise, wie durch einen Genetiv oder durch Beziehung auf das Vorher- $Seite123$ gehende angedeutet, oder endlich, wenn sie in den durch Einzelfall bestimmten Teilen erscheinen. So gewiß es also z. B. falsch und ein Gallizismus ist zu sagen: Nehmt euch die Zeit (statt bloß Zeit) zu eurer Erzählung, oder: er ließ mir die Ruhe nicht (statt ließ mir keine -, nicht Ruhe), so sicher durfte Paul Richter schreiben: Ich finde dazu die Zeit nicht (die zu dem bestimmten Geschäfte nötige); oder wer, Pindarverehrer oder Kaltwasserarzt, ausruft: Das Wasser ist die höchste Gabe, meint das Wasser in seiner Gesamtheit, während in der Verdeutschung des bekannten lateinischen Spruches: Das Gold ist schädlicher als das Eisen an das Gold und Eisen in einer bestimmten Anwendung gedacht ist. Not bricht Eisen, heißt es ganz allgemein im Sprichwort; aber ein anderes lautet: Wenn die Not am höchsten, ist Gottes Hilfe am nächsten, weil da die Not durch die Andeutung der Entwicklungsstufe bestimmt ist. Der Begriff der Allgemeinheit ist es endlich auch, der so vielen Wörtern, die in der Einzahl nie ohne Artikel stehn, eine Mehrzahl ohne Artikel ermöglicht; denn wenn man auch noch darauf verzichtet, aus einer Gattung, wenn auch willkürlich, doch immer einen einzelnen Gegenstand durch den unbestimmten Artikel herauszuheben, so führt das dazu, daß man von beliebigen, d. h. beliebig vielen, nicht einmal der Zahl nach andeutbaren spricht: Pappeln verleihen einer Gegend etwas nordisch Nüchternes, preußisch Gerades und Straffes. Ein Hinweis auf die im einzelnen Falle gegebene Zahl oder Erscheinung fordert natürlich alsbald wieder den Artikel: Die Zypressen sind eigentümliche Himmelszeiger in der südlichen Landschaft. |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | gegenwärtig, Fachsprache (Medizin), Richter - Johann (Jean) Paul Friedrich, Literatursprache, Redewendung/Sprichwort |
Bewertung |
durfte schreiben, falsch, Frequenz/gar nicht selten, Frequenz/oft, Gespreiztheit, mit Recht, undeutschen |
Intertextueller Bezug |