Matthias(1929) Wievielmal hat er es (nicht) gesagt: Unterschied zwischen den Versionen
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|KapitelText=In Fragen, unabhängigen und auch abhängigen, wie in Ausrufesätzen steht oft ein ''nicht'', ohne eben nötig zu sein; ''gleichwohl verdient es den häufig darüber ausgesprochenen Tadel nicht''//1 Heyse-Lyons38 Beschränkung (S. 385), wonach die Negation in Ausrufen nur dann soll stehn dürfen „wenn sie das Ergebnis einer vorausgehenden Beweisführung ist. Wobei man mit Gewißheit die Zustimmung des andern erwartet", dürfte kaum aufrecht erhalten werden können. Eingehend plaudert über „Gebrauch und Mißbrauch der Verneinung", der einfachen, überflüssigen und doppelten, und die auf verneinter Beendung des Satzes überhaupt beruhende Erschwerung oder Irreführung des Verständnisses O. Dingeldein in der Ztschr. des Deutschen Sprachv.s 1928, S. 163—169.//; denn es steht auch da nicht ganz überflüssig, sondern bezeichnet entweder, daß eine bejahende Antwort erwartet wird oder daß ein Begriff der Vielheit, Menge und Größe möglichst, womöglich bis zum Begriffe der Ganzheit und höchsten Summe gesteigert gedacht ist. Jenes gilt nicht nur von den unzähligen mit ''nicht'' ausgestatteten (rhetorischen) Fragen, durch die man eine Behauptung lebhafter als durch einen bejahenden Satz ausdrücken will, wie: ''Kann ich mich nicht auch irren?'' Es gilt auch von indirekten, so von der Lessings: ''Ob es nicht zum Wesen eines großen Reiches gehört, entgegengesetzte Bekenntnisse gewähren zu lassen, wäre erst die Frage''. Die andere Wirkung hat das Wörtchen ''nicht'' in Sätzen wie den tagtäglichen: ''Was gäbe ich nicht darum?'' (= ''so gut wie alles''). ''Was du dir nicht einbildest!'' (''schließlich gar alles!'') oder auch in derartigen aus dem Schrifttum: ''Wieviel nützt mir nicht mein bißchen Studium der Natur'' (Goethe). ''Welch andre Luft wehte uns nicht gleich an, als der prächtige Stille auf der Bühne wieder erschien!'' | |KapitelText=In Fragen, unabhängigen und auch abhängigen, wie in Ausrufesätzen steht oft ein ''nicht'', ohne eben nötig zu sein; ''gleichwohl verdient es den häufig darüber ausgesprochenen Tadel nicht''//1 Heyse-Lyons38 Beschränkung (S. 385), wonach die Negation in Ausrufen nur dann soll stehn dürfen „wenn sie das Ergebnis einer vorausgehenden Beweisführung ist. Wobei man mit Gewißheit die Zustimmung des andern erwartet", dürfte kaum aufrecht erhalten werden können. Eingehend plaudert über „Gebrauch und Mißbrauch der Verneinung", der einfachen, überflüssigen und doppelten, und die auf verneinter Beendung des Satzes überhaupt beruhende Erschwerung oder Irreführung des Verständnisses O. Dingeldein in der Ztschr. des Deutschen Sprachv.s 1928, S. 163—169.//; denn es steht auch da nicht ganz überflüssig, sondern bezeichnet entweder, daß eine bejahende Antwort erwartet wird oder daß ein Begriff der Vielheit, Menge und Größe möglichst, womöglich bis zum Begriffe der Ganzheit und höchsten Summe gesteigert gedacht ist. Jenes gilt nicht nur von den unzähligen mit ''nicht'' ausgestatteten (rhetorischen) Fragen, durch die man eine Behauptung lebhafter als durch einen bejahenden Satz ausdrücken will, wie: ''Kann ich mich nicht auch irren?'' Es gilt auch von indirekten, so von der Lessings: ''Ob es nicht zum Wesen eines großen Reiches gehört, entgegengesetzte Bekenntnisse gewähren zu lassen, wäre erst die Frage''. Die andere Wirkung hat das Wörtchen ''nicht'' in Sätzen wie den tagtäglichen: ''Was gäbe ich nicht darum?'' (= ''so gut wie alles''). ''Was du dir nicht einbildest!'' (''schließlich gar alles!'') oder auch in derartigen aus dem Schrifttum: ''Wieviel nützt mir nicht mein bißchen Studium der Natur'' (Goethe). ''Welch andre Luft wehte uns nicht gleich an, als der prächtige Stille auf der Bühne wieder erschien!'' | ||
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{{ThemaSubobjekt | {{ThemaSubobjekt | ||
|Zweifelsfall= | |Zweifelsfall=Nicht und sein Gebrauch | ||
|Bezugsinstanz=Lessing - Gotthold Ephraim, Schriftsprache, Goethe - Johann Wolfgang, Dingeldein - Otto | |Bezugsinstanz=Lessing - Gotthold Ephraim, Schriftsprache, Goethe - Johann Wolfgang, Dingeldein - Otto | ||
|Bewertung=nicht ganz überflüssig | |Bewertung=nicht ganz überflüssig | ||
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Aktuelle Version vom 12. Juni 2017, 12:30 Uhr
Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 407 - 407 |
Nur für eingeloggte User:
Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Dingeldein - Otto, Goethe - Johann Wolfgang, Lessing - Gotthold Ephraim, Schriftsprache |
Text |
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In Fragen, unabhängigen und auch abhängigen, wie in Ausrufesätzen steht oft ein nicht, ohne eben nötig zu sein; gleichwohl verdient es den häufig darüber ausgesprochenen Tadel nicht//1 Heyse-Lyons38 Beschränkung (S. 385), wonach die Negation in Ausrufen nur dann soll stehn dürfen „wenn sie das Ergebnis einer vorausgehenden Beweisführung ist. Wobei man mit Gewißheit die Zustimmung des andern erwartet", dürfte kaum aufrecht erhalten werden können. Eingehend plaudert über „Gebrauch und Mißbrauch der Verneinung", der einfachen, überflüssigen und doppelten, und die auf verneinter Beendung des Satzes überhaupt beruhende Erschwerung oder Irreführung des Verständnisses O. Dingeldein in der Ztschr. des Deutschen Sprachv.s 1928, S. 163—169.//; denn es steht auch da nicht ganz überflüssig, sondern bezeichnet entweder, daß eine bejahende Antwort erwartet wird oder daß ein Begriff der Vielheit, Menge und Größe möglichst, womöglich bis zum Begriffe der Ganzheit und höchsten Summe gesteigert gedacht ist. Jenes gilt nicht nur von den unzähligen mit nicht ausgestatteten (rhetorischen) Fragen, durch die man eine Behauptung lebhafter als durch einen bejahenden Satz ausdrücken will, wie: Kann ich mich nicht auch irren? Es gilt auch von indirekten, so von der Lessings: Ob es nicht zum Wesen eines großen Reiches gehört, entgegengesetzte Bekenntnisse gewähren zu lassen, wäre erst die Frage. Die andere Wirkung hat das Wörtchen nicht in Sätzen wie den tagtäglichen: Was gäbe ich nicht darum? (= so gut wie alles). Was du dir nicht einbildest! (schließlich gar alles!) oder auch in derartigen aus dem Schrifttum: Wieviel nützt mir nicht mein bißchen Studium der Natur (Goethe). Welch andre Luft wehte uns nicht gleich an, als der prächtige Stille auf der Bühne wieder erschien! |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | Lessing - Gotthold Ephraim, Schriftsprache, Goethe - Johann Wolfgang, Dingeldein - Otto |
Bewertung |
nicht ganz überflüssig |
Intertextueller Bezug |