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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
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Erzeugnisse des Sprachschwulstes sind unter den Sub- stantiven besonders die Zusammensetzungen mit nahme, die in neuerer Zeit so beliebt geworden sind: Partei- nahme, Stellungnahme, Rücksichtnahme, Einsichtnahme, Anteilnahme, Abschriftnahme, sogar Einflußnahme und Rachenahme! Einige dieser Bildungen sind ganz überflüssig. Oder könnte es wirklich mißverstanden werden, wenn jemand sagt: er handelte ohne Rücksicht auf seine Freunde — lege mir die Papiere zur Einsicht vor — ich erhielt von ihm die $Seite 390$ Tafeln zur Abschrift? Wozu das nahme? Offenbar soll es die Handlung ausdrücken. Aber die liegt doch schon in Rücksicht, Einsicht und Abschrift, fühlt man das gar nicht mehr? Recht töricht ist Einfluß- nahme, denn Einfluß hat man entweder, oder man gewinnt ihn, man kann ihn auch zu gewinnen suchen, sich ihn sogar anmaßen, aber man „nimmt" ihn nicht. Anteilnahme (in Leipzig Ahnteilnahme ausge- sprochen) ist nichts als eine häßliche Verbreiterung von Teilnahme. Man scheint sich jetzt einzubilden, Teil- nahme sei auf traurige Ereignisse, Unglücksfälle, Todes- fälle u. dgl. zu beschränken, in allen andern Fällen müsse es Anteilnahme heißen. Ein vernünftiger Grund zu einer solchen Unterscheidung liegt nicht vor. Es wäre doch lächerlich, wenn nicht auch bei einem freudigen Ereignis meine Teilnahme genügte! Parteinahme und Stellungnahme scheinen auf den ersten Blick unentbehrlich zu sein, aber doch nur deshalb, weil man immer in ein Substantiv zusammenquetschen zu müssen glaubt, was man mit dem Verbum sagen sollte.
Wie mit Rücksichtnahme aber verhält sichs auch mit Hilfeleistung und Verzichtleistung; Hilfe und Verzicht sagen genau dasselbe.
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