Fünf Pfennig oder fünf Pfennige
Buch | Wustmann (1903): Allerhand Sprachdummheiten. Kleine deutsche Grammatik des Zweifelhaften, des Falschen und des Häßlichen |
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Seitenzahlen | 23 - 24 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Leipzig, Sprache des Buchhandels, 19. Jahrhundert, Alt, Mitteldeutsch, Sprachverlauf, Gesprochene Sprache, Literatursprache, Geschäftssprache |
Text |
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Wenn fünf einzelne Pfennige auf dem Tische liegen, so sind das unzweifelhaft fünf Pfennige; wenn ich aber mit diesen fünf Pfennigen (oder auch mit einem Nickelfünfer) eine Zigarre bezahle, kostet die dann fünf Pfennige oder, wie auf dem Nickelfünfer steht, fünf Pfennig? Schwierige Frage! Bei Angaben von Preis, Gewicht, Maß, Zeit, Lebensalter usw. ist oft eine Pluralform üblich, die sich vom Singular nicht unterscheidet, wenigstens bei Wörtern männlichen und sächlichen Geschlechts,//** Von Wörtern weiblichen Geschlechts wird immer der Plural gebildet: zwei Mandeln Eier, drei Ellen Band, sechs Flaschen Wein, vier Wochen alt, zehn Klaftern Holz.// wie bei Taler, Gulden, Groschen, Heller, Pfennig, Batzen, Pfund, Lot, Fuß, Zoll, Schuh, Faden, Faß, Glas (zwei Glas Bier), Maß, Ries, Buch $Seite 24$ (drei Buch Papier), Blatt,//* Wenn aber ein Antiquar in einem Katalog von einem wertvollen alten Druck sagt: Sechs Blatt sind eingerissen, so ist das natürlich falsch.// Jahr, Monat, Mann (sechs Mann Wache), Schritt, Schuß (tausend Schuß), Stock (drei Stock hoch). Diese Formen sind natürlich keine wirklichen Singulare, sondern zum Teil sind es alte Pluralformen (vgl. S. 19. Fach und Fächer), zum Teil Formen, die solchen unwillkürlich nachgebildet worden sind. Von einer Regel also, daß in allen solchen Fällen der Singular stehen müsse, kann keine Rede sein. Es ist ganz richtig, zu sagen: das Kind ist drei Monate alt, drei Jahre alt, wie denn auch jeder drei Taler, drei Gulden, drei Groschen sicherlich als Plural fühlen, folglich auch sagen wird: ich habe das Bild mit zehn Talern bezahlt (nicht mit zehn Taler!). Und so haben wir auch in Mitteldeutschland früher immer Pfennige gesagt so gut wie Könige, Käfige und Zeisige. (In dem alten Liede von der Seestadt Leipzig heißt es sogar: Und ein einzig Lot Kaffee kostet siebzehn Pfennigee.) Bis 1880 war auch auf unsern Briefmarken so gedruckt. Wahrscheinlich war das aber nicht „schneidig" genug, und so hieß es von da an 3 Pfennig, 5 Pfennig, bis endlich 1889 die Abkürzung Pf. erschien, die nun jeder lesen kann, wie er will. |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | 19. Jahrhundert, alt, Sprache des Buchhandels, Sprachverlauf, alt, gesprochene Sprache, Leipzig, Literatursprache, mitteldeutsch, Geschäftssprache |
Bewertung |
natürlich falsch, ganz richtig |
Intertextueller Bezug |