Abweichende Stellung der Hilfszeitwörter

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Buch Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs.
Seitenzahlen 386 - 387

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Unsicherheit

In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle

Behandelter Zweifelfall:

Wortstellung: Serialisierung im Verbalkomplex

Genannte Bezugsinstanzen: Rückert - Friedrich, Rottenberg - Leontine, Huch - Rudolf, Feist - Sigmund, Zeitungssprache
Text

In den zusammengesetzten Zeiten der modalen Hilfszeitwörter muß im Nebensatze wenigstens das Hilfszeitwort vorrücken, und auch sie selbst können vorantreten, wenn zwei Nennformen davon abhängen, wie zwei Nennformen überhaupt das Vorantreten jedes andern Hilfsverbs ermöglichen. So heißt es also nicht allein: da er es nicht hat mit ansehn können (wollen, mögen, dürfen usw.), sondern gegen die Regel, wonach das Bestimmende (Untergeordnete) dem Bestimmten (Übergeordneten) vorausgeht, gewöhnlich auch: da er sich nicht hat wollen alle Freude an seinem Schaffen verkümmern lassen; etwas, was durch tote Kräfte sollte können bewirkt werden; Ihre Bluse war dermaßen verschossen, daß niemand hätte sagen können, von welcher $Seite 387$ Farbe sie einmal mochte gewesen sein (Rud. Huch); wenn sie aber einmal wirklich werden (oder sollten) die wilden Horden hereinbrechen sehn; noch notwendiger, wenn ohne diese Umstellung zwei Formen werden zusammenträfen: wenn sie aber wirklich einmal werden von den wilden Horden heimgesucht werden//1 Näheres über solche Fügungen wie ihre wünschenswerten Grenzen bei Merkes, Beiträge zur Lehre vom Gebrauch des Infinitivus im Nhd. auf histor. Grundlage. Leipzig 1891.//. Verkehrt aber ist es, das finite Verb zwischen zueinander gehörige Infinitive oder Infinitivteile einzukeilen in der hackenden Weise H. Rückerts: Diese Formen waren zu dürftig, als daß die Sprache nicht nach Aushilfe greifen hätte sollen (statt: nicht hätte sollen ... greifen oder ... greifen sollen), oder in der Übersetzung von Paléologue: wieviel Unglück vermieden hätte werden können. In Stellung und Formgebung verfehlt ist vollends der Satz von Sigmund Feist: Zumeist wird sich der Brautvater mit einer geringeren Zahlung begnügt haben müssen (statt: haben begnügen müssen) mit seiner Unklarheit über Partizip- und Infinitivformen. Auch darf die Freiheit bei weniger Infinitiven oder gar bei möglichen Mißverständnissen nicht angewandt werden. Man lese z. B. den Satz der Deutschen Z.: Selbst von Landleuten hört man es mit Befriedigung aussprechen, daß ihre Kinder können werden, was ihnen versagt geblieben ist, und man wird zunächst denken, es sei gemeint: verstehen werden, während es bedeuten soll: daß sie eine Stellung einnehmen können!