Bald noch schlimmer macht sich derselbe breit. Nur ein Beispiel zum Abschrecken: Infolge schwerer Krankheit ist es mir leider nicht vergönnt, ihr die letzte Ehre zu erweisen, und wird uns die- $Seite78$ selbe unersetzlich sein (statt: erweisen. Sie wird uns unersetzlich sein). Nach seiner ersten und eigensten Bedeutung dient derselbe, betont, zur Bezeichnung der Wesensgleichheit, ganz wie die Zusammensetzung einundderselbe, die man, nebenbei bemerkt, ebensogut in beiden Teilen beugen kann: eines und desselben, wie, als einheitlichen Begriff gefaßt, nur am Ende: ein und demselben: Die verdächtige Person, die heute bei euch vorgesprochen hat, ist dieselbe (ein und dieselbe, nämliche), die gestern bei uns versteckt gefunden wurde. Niemand wird auch mehr daran etwas ändern wollen, daß derselbe zu einem unbetonten Demonstrativ geworden ist und, sobald in einem Satze Beziehungen auf verschiedene Wörter gleichen Geschlechts ausgedrückt werden müssen, neben er, sie, es verwendet wird, so zwar, daß die Nominative er, sie, es nur auf das Subjekt des vorhergehenden Satzes bezogen werden, derselbe aber, doch daneben auch die obliquen Kasus zu er, sie, es auf oblique Kasus des Satzes//1 Ähnlich ist der Unterschied zwischen den Possessiven sein, ihr und ihren Vertretern dessen, deren. Diese letzteren drücken Beziehung auf einen obliquen Kasus desselben Satzes oder auf irgend ein Wort, auch das Subjekt eines vorausgehenden aus, sind aber nur dann notwendig, wenn diese Beziehung von der auf das Subjekt ein und desselben Satzes geschieden werden muß, die nur sein, ihr, nie auch dessen, deren ausdrücken dürfen: Notker war ein berühmter Lehrer. Als Otto I. in dessen (Notkers) Greisenalter St. Gallen besuchte, führte der Kaiser den erblindeten Notker mit eigener Hand. Er führte uns zuerst zu seinem Schwiegersohne und dessen Eltern (des Schwiegersohnes). Also falsch ist ebensogut: Niemand gibt dessen (statt seinen) Besitz freiwillig auf, wie: Die Königin nahm von Prinzessin Klementine und ihrem Gemahl Abschied, denn das wäre der eigene Gemahl, während der der Prinzessin gemeint ist, also deren Gemahle stehen muß. Möglich zwar, aber nicht nötig ist dessen, deren in Beziehung auf ein anderes Wort als das Subjekt desselben Satzes, wenn überhaupt nur eine Beziehung möglich ist: Von dieser Sorte gibt es so viele, daß es schade wäre, wollte ein solcher deren (oder ihre) Zahl noch vergrößern. Falsch endlich ist der Gebrauch von dessen und deren statt sein und ihr, wenn dadurch bei dem Hauptwort, zu dem sie gehören, jede Bezeichnung des Abhängigkeitsverhältnisses unmöglich gemacht wird, also namentlich vor einem Hauptwort, das selbst im Wesfall steht. Es darf also nicht heißen: zum Schutze unserer Missionare und deren (sondern ihrer) Anstalten, nicht: Ein Kenner der Armee Österreich-Ungarns und dessen (sondern: seiner) Wehrverfassung; nicht: Robert Duncan, der 40 jähr. Sohn des alten Jägers D. und dessen (sondern: seiner) Ehefrau (DAZ. 29). Neben der Undeutlichkeit wirkt hier noch der sprachgeschichtliche Grund mit, daß die älteren Formen von dessen und deren: des und der, auch Genetiv des Geschlechtswortes waren und so dieses und das Fürwort oft garnicht unterscheidbar gewesen wären. VgI. O. Behaghel, Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins 1906, S. 39 u. 247.//, auf die man sich freilich auch mit jener oder dieser beziehen kann. Z. B.: Mein Bruder ist zu seinem Freunde gegangen; derselbe = (der Freund) will ohne ihn (den Bruder) den Kauf nicht abschließen; aber: Mein Bruder ist zu seinem Freunde gegangen; er (der Bruder) will dann mit demselben (auch: ihm oder diesem) in die Stadt gehn. Auch läßt man sich's gefallen, wenn derselbe des Ebenmaßes wegen gesetzt ist, damit ein einem andern vorhergehenden gleichwertiges Glied diesem gewichtiger entspreche oder ein vorhergehendes augen- und ohrenfälliger wieder aufgenommen werde//2 Vgl. O. Schröder, „Der Papierne Stil", S. 35 ff. G. Eucken ersetzt durchweg auch den (substantivischen) Wesfall von derselbe durch seiner: Wir dürfen gegenüber den Verwicklungen unseres deutschen Lebensideals einer Verklärung seines Kernes, einer deutlicheren Heraushebung seiner aus allem, was ihn umgibt und leicht auch verhüllt. Ähnlich in der DAZ. 27: Das Zwölftafelgesetz wurde niemals formell $Fußnote auf nächster Seite fortgeführt$ aufgehoben, sondern neben ihm und auf Grund seiner entstanden ganz neue Rechtsordnungen.//: $Seite79$ weil die deutsche Sprache vor vielen anderen sich dem Ursprunge zu nähern scheint, so sind auch die Grundwurzeln in derselben desto besser zu erkennen. Aber notwendig ist das Wort hier so wenig wie im Genetiv neben einem Hauptwort mit dem unbestimmten Artikel, wo freilich das Possessiv wie auch dessen, deren das Unbestimmte aufheben würde. Immerhin steht es in solchem Falle selbst in den Grimmschen Märchen, wo die — Distel aus den Kanzleien sonst wahrlich nicht gedeiht: Es blieb nichts übrig als den Bart abzuschneiden; dabei ging ein kleiner Teil desselben verloren; aber schöner hieße es doch auch da: ein kleiner Teil davon oder ohne besonderen Ausdruck für die selbstverständliche Beziehung: ... ging ein kleiner Teil verloren.
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