Edelem, edlem oder edelm? Anderen, andren oder andern?
Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 62 - 62 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Schiller - Friedrich |
Text |
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Was die Bildung der Formen anlangt, so erfordern nur die der Wörter auf -er, -el und -en sowie der Komparative eine Erläuterung. Die Endungen -e, -er und -es veranlassen nämlich den Ausfall des e der vorhergehenden Bildungssilbe gewöhnlich bei den Adjektiven auf -en und -el, immer bei denen auf -er mit vorausgehendem Doppellaute (vgl. § 6), so daß also edle, edles, metallner gewöhnlicher sind als edele, edeles, metallener und sauere, ungeheuere, teuerer geradezu falsch statt saure, ungeheure, teurer. Bei den Wörtern auf -en müssen auch die Endungen -en und -em dieselbe Wirkung haben: mit offnem oder offenem Rachen, an dem wohlgelungnen (auch gelungenen) Bilde; denn es würde eine unaussprechbare Lautgruppe entstehen, wenn diese auch nach der Stammsilbe -en, wie sonst immer, selber ihre e verlieren, vor ihnen also die Bildungssilbe das ihre beibehalten sollte. Bei Adjektiven auf -el und -r kommen außer den mustergültigen Doppelformen: mit edel(e)m Anstand, in munter(e)m Lied, etwas ander(e)s, heiter(e)n Sinnes, auch die bequemeren Formen: edlem, dunklem vor //1 Das Maßgebende, wonach man sich über den Vorzug der Formen edeln und heitern vor den auch gehörten Formen edlen, namentlich heitren entscheiden muß, ist das Verhalten derselben Elemente l, r, n und m bei ihrem Zusammentreffen im Infinitiv: (wandeln statt älteren wandelen, wandern statt wanderen) wie bei Präpos. + Artikel: überm Land und Meer, unterm Mantel. Es ist also kein Grund vorhanden, für den Dat. Sing. edlem, heitrem als beliebter hinzustellen; die Form ist es höchstens um Hannover herum, dessen Abkömmlinge man aber auch noch in der Fremde an ihren Brüdren, andren, wandlen erkennt! Falsch ist die Scheidung, daß anders nur adverbial, und adjektivisch-substantivisch nur anderes stehen könne; es heißt allerdings nur: das ist, liegt, verhält sich anders, aber gleichgut: ein anders und anderes Mal, wenn schon gewählt ein anderes Kind häufiger ist.//. Überdies ist es ganz gleich, ob die Endung -er die starke Endung des Positivs oder die Bildungssilbe für den Komparativ ist, indem auch für diesen aus demselben Grunde die Doppelformen nebeneinanderstehen: niemand ist mir willkomm(e)ner als du, ed(e)ler als er, bitt(e)rer als Galle. Selbst das Zusammentreffen der Deklinations- mit den Komparativendungen ist ähnlich geregelt. Vor den Endungen -e, -er und -es nämlich zieht immer das Stamm-e den kürzeren: ein heitrerer Morgen, eine muntrere Gesellschaft, ein heitreres Fest; dagegen wiegt dies schwerer als das e der Endungen -en und -em, das seinerseits weichen muß: mit heitererm Sinn, einen bitterern Schmerz. Indes ist nicht ausgeschlossen, daß auch das Stamme schwindet: mit heitrerm Blick, bittrern Schmerz; und ebenso wird auch von anderen Adjektiven der Komparativ ganz wie der Positiv auf -er endigender Adjektive behandelt und z. B. auch gesagt: zu schönerm Los, überm niedern Erdenleben (Schiller). |
Zweifelsfall | |
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Beispiel |
edle, edles, edele, edeles, metallner, metallener, sauere, saure, ungeheuere, teuerer, ungeheure, teurer, offnem, offenem, wohlgelungnen, gelungenen, edelem, edelm, munterm, munterem, anders, anderes, heitern, heiteren, edlem, dunklem, willkommener, willkommner, edler, edeler, bittrer, bitterer, heitrerer, muntrere, heitreres, heitererm, bitterern, heitrerm, schönerm, niedern |
Bezugsinstanz | Schiller - Friedrich |
Bewertung |
bequemer, Frequenz/gewöhnlich, Frequenz/immer, ganz gleich, geradezu falsch, mustergültig, unaussprechbar |
Intertextueller Bezug |