Grundgesetz des deutschen Satzbaus: Ordne bei und reihe an!
Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 413 - 414 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Gegenwärtig, Zeitungssprache, Fachsprache (Rechtswissenschaft) |
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Gebildete, Gegenwärtig, Zeitungssprache, Fachsprache (Rechtswissenschaft) |
Text |
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Das Hauptübel, an dem der deutsche Satzbau noch leidet, zumal bei Gelehrten, aber auch bei Männern der Zeitungen, ist der zumeist in der Lateinschule eingesogene Wahn, daß das in der lateinischen Sprache herrschende Stilgesetz der Unterordnung und Einschachtelung auch unserer Muttersprache wohl anstünde. Was aber die auf der Hochschule Gebildeten tun, das ahmen die meisten Berichterstatter nach, als ob sie erst dadurch auch auf die Höhe jener Bildung kämen, während solche Sätze vielmehr ein Zeichen sprachlicher Verbildung sind; denn unsere Sprache, immer wieder muß es gesagt werden, ruft uns zu: Ordne bei und reihe an! Das Ungeheuerlichste leisten heutigen Tages immer noch Gerichte//1 Trotz der gediegenen Schrift von dem Norddeutschen J. Brons, Ein neuer Stil fürs Strafrecht (Leipzig, W. Meyer 1924) und der ebenso sachernsten wie geistvoll launigen des Mitteldeutschen Rich. Deinhardt, Ausdruck und Gedanke in deutschen Amtsstuben gegen die vertrocknete Tintenweis (Jena Neuenhahn 1926), und Sinn und Nichtsinn im Zivilurteil, (Jena 1928, Vopelius).//, zumal ihnen der oberste deutsche Gerichtshof mit keinem guten Beispiel vorangeht. Nur eine seiner Entscheidungen zum Beweise: Diese beschränkte Anfechtung wird übrigens auch nur zu einem Ziele führen, wenn nicht auch bei Beseitigung des Abkommens, doch immer weil das Rechtsgeschäft bestehen bleibt, das die Schuld begründet, die gesetzliche Befug- $Seite 414$ nis zur Aufrechnung, die für den Fall des Konkurses nach § 47, Absatz 1 der Konkursordnung von gewissen sonst geltenden Voraussetzungen unabhängig ist, bestehen bleibt, also nur dann, wenn, während an sich wegen der Natur der Forderung oder der Schuld die Kompensation aus Gründen, die nicht durch § 47 a. a. O. beseitigt werden, unzulässig wäre, durch jenes Abkommen dieselbe vollzogen oder ihre künftige Vollziehung vereinbart oder die Natur der Forderung oder der Schuld mit der Wirkung des Eintritts der Kompensabilität geändert worden wäre. An einem immerhin verständlicheren Satze auch eines Juristen mag wieder einmal gezeigt werden, wie sich dasselbe auch noch deutlicher und deutscher sagen ließe. [Spalte 1] Kommt der Umstand, auf den, da das Unternehmen Privatunternehmen ist, nur hingewiesen werden soll, noch hinzu, daß ein Verzeichnis für das Reich sehr umfänglich werden und nur dann den durch dasselbige (!) beabsichtigten Zweck erfüllen dürfte, wenn dasselbe in kurzen Zwischenräumen Nachträge erhielte, so daß der Absatz desselben infolge des Kostenpreises ein sehr schwieriger sein wird, so mußte auf ein ausdrückliches Bedenken aufmerksam gemacht werden, daß jeder Manifestant, mag die Ursache zur Manifestation gewesen sein, welche sie will, für alle Zeiten als kreditunwürdig gekennzeichnet wird. [Spalte 2] Besser: Da das Unternehmen Privatunternehmen ist, so mag auch darauf hingewiesen werden, daß ein Verzeichnis für das Reich sehr kostspielig werden und darum wenig Absatz finden dürfte. Denn es ist nicht nur sowieso sehr umfänglich, sondern müßte auch, um seinen Zweck zu erfüllen, in kurzen Zwischenräumen Nachträge erhalten. Ausdrücklich aber muß auf das andere Bedenken aufmerksam geacht werden, daß jeder Manifestant, mag usf. wie links. Was nützt alle Richtigkeit und Künstlichkeit solcher Sätze, wenn sie schwer verständlich werden, da ein Faden, kaum daß er angesponnen ist, immer gleich wieder durch einen andern dazwischenschießenden verdeckt wird und sein zugehöriges Ende kaum sicher und schnell genug aufzufinden ist? |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | Zeitungssprache, Fachsprache (Rechtswissenschaft), gegenwärtig |
Bewertung |
das Ungeheuerlichste, mit keinem guten Beispiel |
Intertextueller Bezug | J. Brons: Ein neuer Stil fürs Strafrecht (Leipzig, W. Meyer 1924), Rich. Deinhardt: Ausdruck und Gedanke in deutschen Amtsstuben gegen die vertrocknete Tintenweis (Jena Neuenhahn 1926), Rich. Deinhardt: Sinn und Nichtsinn im Zivilurteil, (Jena 1928, Vopelius) |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | Zeitungssprache, Gebildete, Fachsprache (Rechtswissenschaft), Zeitungssprache, gegenwärtig |
Bewertung |
Wahn, das Ungeheuerlichste, mit keinem guten Beispiel |
Intertextueller Bezug | J. Brons: Ein neuer Stil fürs Strafrecht (Leipzig, W. Meyer 1924), Rich. Deinhardt: Ausdruck und Gedanke in deutschen Amtsstuben gegen die vertrocknete Tintenweis (Jena Neuenhahn 1926), Rich. Deinhardt: Sinn und Nichtsinn im Zivilurteil, (Jena 1928, Vopelius) |