Hauptgesetz der deutschen Zeitfolge
Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 360 - 361 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Stifter - Adalbert, Schwaben, Goethe - Johann Wolfgang, Mundart, Zeitungssprache |
Text |
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Das ganze Gesetz der deutschen Zeitfolge in Haupt- und Nebensatz ist im allgemeinen einfach und klar mit folgenden Bestimmungen erschöpft: Neben jedem Präteritum $Seite 361$ (Imperfekt, Perfekt und Plusquamperfekt) bezeichnet das Imperfekt, neben einem Präsens oder Futur das Präsens die Gleichzeitigkeit; die Vorzeitigkeit dagegen wird ausgedrückt neben einem Präsens und Futur durch das Perfekt und neben jeder Vergangenheit durch das Plusquamperfekt, freilich nur in den Sätzen, in denen dieses Verhältnis auszudrücken überhaupt üblich ist, d. h. wie schon in §295 bemerkt ist: nach nachdem und außerdem in Relativ- und indirekten Fragesätzen. Es durfte also z. B. im Schwäb. Merkur nicht heißen: Kaum ist Don Michael von König Ferdinand anerkannt, so wendete sich jener schon an die spanische Regierung um Geld, sondern entweder: Kaum ist er anerkannt, so wendet er sich, oder: kaum war er anerkannt, so wendete er sich. In der Tgl. R. stand falsch: Der Bericht der Unterrichtskommission über die Schulreformpetition des Dr. Fr. Lange, den der Präsident ebenfalls auf die Tagesordnung setzte (statt gesetzt hatte), wurde von einer aus der Rechten und dem Zentrum bestehenden Mehrheit von derselben entfernt. Unrichtig ist eine Gegenwart zur Bezeichnung der Vergangenheit in folgender Weise, deren Häufigkeit sich wohl nur aus mundartlichen Einflüssen (§ 375, 3. Abs.) erklärt: Trotz des Mißlingens war Newton überzeugt, daß es nur der Verbesserung der Methoden bedarf, um auch Spiegel von sehr großem Durchmesser zu bauen; in A. Stifters Alterswerk „Witiko“: Er erzählte (im J. 1158!) von dem Kriegszuge und wie es in Italien ist. Zum Schlusse wieder einige Muster aus Goethe. Das Präsens zur Bezeichnung der Gleichzeitigkeit, das Perfekt der Vorzeitigkeit neben dem Futur weisen die Sätze auf: Ich will (= werde) reden wie ein Buch, wenn ich mich vorbereitet habe, und wie ein Tor, wenn ich bei guter Laune bin. Das Perfektum zum Ausdruck der Vorzeitigkeit neben einem Präsens kommt in diesem vor: Horatio kennt den alten König, denn er hat seinen letzten Schlachten beigewohnt, hat bei ihm in Gunst gestanden. Endlich zwei Sätze mit dem Imperfekt der Gleichzeitigkeit neben Perfekt und Plusquamperfekt: Sie haben wohlgetan, meine Freunde, daß Sie unsern Mitarbeitern so ernstlich zusprachen.//1 Sie lautet z. B. von lieben und laufen in der dritten Person der Einzahl: Aktiv: er liebe, er habe geliebt, er werde lieben, er werde geliebt haben, er laufe, er sei gelaufen, er werde laufen, er werde gelaufen sein. Passiv: er werde geliebt, er sei geliebt worden, er werde geliebt werden, er werde geliebt worden sein.// Keinem Menschen hatte ich jemals lieber zugehört als Lothario, wenn er von seinen Reisen, von seinen Feldzügen erzählte. Vgl. S. 356. |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | Stifter - Adalbert, Goethe - Johann Wolfgang, Mundart, Schwaben, Zeitungssprache, Zeitungssprache |
Bewertung |
aus mundartlichen Einflüssen erklärt, entweder, Es durfte also nicht heißen, falsch, Frequenz/Häufigkeit, oder, statt, Unrichtig |
Intertextueller Bezug |