Noch einen Schritt weiter bleiben hinter wirklichen Zusammensetzungen diejenigen zurück, in denen zur gleichen Betonung beider Glieder auch noch lebendige Beugung des ersten Gliedes kommt. So der Hohepriester, ein Hoherpriester, eines Hohenpriesters oder Langeweile, aus Langerweile neben festen Formen wie bei der Langweile und W. Raabes mit Volk und Volkslied zusammenklingender Satz umgekehrt: wie er dem Feinslieb zu melden hab, wogegen Lienhards Fügung: Sie sang ein Hohelied dem Ohre, das im höchstbetonten Bestimmungswort den Zusammenklang ein Hohes(lied) erwarten läßt, geradezu wehetut. Zwischen Geheimrat, des Geheimrates, das sprachlich abgeschliffener und sachlich unbedeutender ist, und Geheimer Rat besteht sogar ein Bedeutungsunterschied, indem dieses den Wirklichen Geheimenrat oder besser Geheimen Rat bezeichnet, für dessen Titel die Form der Geheimerat, des Geheimerates nur noch selten ist. Auch für einige Zusammensetzungen zweiter Stufe, wie Altweibergeschwätz, -sommer, Armsünderritt, -stuhl, -bank, -treppe hülfe es am sichersten aus leidiger Unsicherheit, wenn stets diese Form mit dem bloßen Stamme der Adjektive gewahrt würde. Daß sich diese aber häufiger fälschlich nach dem Grundworte richten und, je nachdem der Artikel dasteht oder nicht, schwach oder stark dekliniert werden (Altesweibergeschwätz, die Armesünderglocke, mit der Armensünderglocke ähnlich Hohepriestergewand), zeugt eben von der Lockerheit der Verbindungen, welcher auch die in allen Fällen mögliche Beibehaltung des Plural-e nur förderlich gewesen ist (ein Armesünderritt, in der Alteweibermühle). Wildenbruch in „König Heinrich" schreibt: mit dem Alten-Mannsgesicht. Der Altejungfernpoet (ZDB 26) konnte von Bedeutungs wegen, aber nicht zum Vorteil des Rhythmus auch Altjungfernpoet heißen, aber die Großejungenszeit (DAZ) um des Wohlklangs wie des Sinnes willen eben nur so lauten.
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