Psychologisches Grundgesetz der deutschen Wortstellung
Hinweis: Dieses Kapitel ist derzeit noch in Bearbeitung. Die angezeigten Informationen könnten daher fehlerhaft oder unvollständig sein.
Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
---|---|
Seitenzahlen | 391 - 391 |
Nur für eingeloggte User:
Unsicherheit |
---|
In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Text |
---|
Mit Recht kann der Unterschied zwischen den Aussagehauptsätzen einer- und den fragenden und begehrenden andrerseits nur darin gefunden werden, daß in jenen irgend ein Satzteil, in diesen keiner vor dem Zeitwort steht. Nur diese Auffassung kann zu der Einsicht führen, daß sich die Stellung in allen Sätzen — etwas anders sind auf bloße Nomina zusammengezogene, also rein begriffliche Ausdrücke — nach einem einzigen Grundsatze erklärt, soweit nicht Rücksichten auf den Wohllaut oder das Streben, den Satz durch die am engsten zusammengehörigen Teile der Aussage zu umschließen, kleine Abweichungen hervorrufen; dieser Grundsatz aber ist darin begriffen, daß, unserm Denkvermögen- entsprechend, von dem unserm Bewußtsein am nächsten Liegenden fortgeschritten wird zu den begrenzenden, einengenden neuen Bestimmungen. Nur deshalb steht im Fragesatze, wenn die Tatsache selber fraglich ist (Satzfrage), das Zeitwort an der Spitze (Hast du das getan?), in Fragen, die nur auf einen Begriff abzielen, dagegen das nur auf diesen abzielende Fragewort (Wortfragen: Was hast du getan?). Eben darum tritt in Wunschsätzen, in denen der Ausdruck des Wunsches allein im Zeitwort liegt, dieses an die Spitze (hättest du doch dies nicht getan!) während in solchen, in denen er durch eine Partikel angedeutet wird, diese vorangeht und dann die gewöhnliche Stellung je nachdem des Haupt- oder Nebensatzes bleibt (Wie wollte sie den zu Tode gehetzten hegen und pflegen! — Wenn du doch dies nicht getan hättest!) Was Wunder also, daß auch im Aussagesatze stets der psychologisch am nächsten liegende Begriff vorangeht? Diese Erkenntnis der einheitlichen Regelung der Wortstellung für alle Sätze läßt zugleich den weiteren Satz hinfällig erscheinen, den die Lehrer „von der Umkehr" an ihren Haupt- und Grundsatz anhängen, daß im Nebensatze das Subjekt der nächste Satzteil hinter dem Bindewort oder dem nicht im Nominativ stehenden Fürworte sei, der ja auch oben durch Beispiele hinreichend widerlegt wird. Überhaupt hebt diese Einsicht die vom Standpunkt der heutigen Sprache ungebührliche Bevorzugung des Subjekts vor den übrigen Satzteilen auf, und indem sie dafür den Begriff des psychologisch nächstliegenden Satzteiles einrückt, gewährt sie die Möglichkeit, über die Stellung aller Satzteile, das Zeitwort, den Satzhalter und -träger ausgenommen, nach einem einzigen unserm Denkvermögen entnommenen Grundsatze zu entscheiden. |
Zweifelsfall | |
---|---|
Beispiel | |
Bezugsinstanz | Sprachgelehrsamkeit, gegenwärtig |
Bewertung |
mit Recht, hinfällig, hinreichend widerlegt, ungebührlich |
Intertextueller Bezug |