Stellung der Infinitivpräposition zu
Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 97 - 98 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Alt, Norddeutsch |
Text |
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Bei untrennbar zusammengesetzten Zeitwörtern oder, was dasselbe ist, bei solchen, die nicht auf der Partikel, sondern auf dem Grundworte betont sind (vergében; übervórteilen, durchwándern) tritt zu vor das Ganze: Was nutzt es, ein Land nur in der Eisenbahn zu durchfliegen? Nur bei trennbar zusammengesetzten, d. h. auf dem ersten Bestandteile betonten Zeitwörtern (aúflesen, vórlesen, ánerkennen) tritt zu zwischen Partikel und Grundwort: Er hat vergessen, den Brief abzugeben. Die Mächte bedenken sich noch immer, den Prinzen Ferdinand ... anzuerkénnen: aber trotz der Betonung rechtfertigen: um ihre Schönheit zu rechtfertigen, nicht: recht- $Seite 98$ zufertigen (Univ. XVI); denn rechtfertigen ist eine Ableitung, keine Zusammensetzung. Bei den mit miß- zusammengesetzten Verben gehn nun drei Auffassungen nebeneinander her: 1. Die noch häufige Betonung der ersten Silbe und das Gefühl, daß miß-, da es in den einfachen Zeiten nicht wie andere betonte Partikeln nachtritt, besonders fest verwachsen sein müsse, scheinen nebeneinander die Vorstellung von ge- und zu zu fördern: gemißbraucht, mißzubrauchen. 2. Wegen Nichtbetonung der Silbe miß- tritt zu vor und ge- gar nicht ein: zu mißlíngen; mißlúngen, mißáchtet, mißráten, mißártet, mißbílligt, mißtraút; diese Formen sind, wie die älteren, auch die gefälligeren //1 Überhaupt ist der Eifer, alle diese Verben in allen Formen mit ge- zu uniformieren, nicht mehr so groß wie im 17. und 18. Jahrhundert, wo es hübsch steif sogar in der Nennform lautete: mißgefallen, mißgelingen, mißgestalten und so ohne Ende!// 3. Die Erinnerung daran, daß die Trennung besonders bei absoluter Anwendung ehemals üblich war und es in Norddeutschland noch ist (er versteht míß; er handelt miß = schlecht, falsch), spricht sich noch in der Möglichkeit aus, zu und ge- einzuschieben, freilich nur in den Formen: míßgegriffen und mißzuverstehen. |
Zweifelsfall | |
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Beispiel |
zu durchfliegen, abzugeben, anzuerkennen, um zu rechtfertigen, rechtzufertigen, mißzubrauchen, zu mißlingen, mißachtet, mißraten, mißartet, mißbilligt, mißtraut, er handelt miß, er versteht miß, mißzuverstehen, mißgegriffen |
Bezugsinstanz | alt, alt, norddeutsch |
Bewertung |
Frequenz/üblich, gefälliger, nicht |
Intertextueller Bezug |