Von Präpositionen und Adverbien abgeleitete Adjektiva auf -ig und -lich

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Buch Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs.
Seitenzahlen 10 - 11

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Unsicherheit
Text

Von Präpositionen als ursprünglichen Adverbien können so gut wie von Adverbien und adverbialen Wendungen mit Hilfe der Endung -ig Eigenschaftswörter gebildet werden, z. B. vorig, übrig, jenseitig, nach-, seitherig; zeit- und, weniger gut, mittlerweilig, meine zwischenweilige Tätigkeit (G. Keller) und ganz neu: nach beinahiger Verödung (E. Bertram 1919), dermalig, vor-, nachmalig, seinerzeitig, derzeitig//1 Eine falsche Sparsamkeit läßt jetzt häufig das allein die Beziehung auf die Gegenwart enthaltende der weg: Vortrag, gehalten von dem zeitigen Rektor N. Dies nachzuahmen empfiehlt sich gleich wenig wie die Auslassung von darauf vor bezüglich, die aus den Anzeigen herrührt, oder der Gebrauch von einstig statt dereinstig (= zukünftig) und von gleich statt sogleich, (so)eben.//, sogar mit beibehaltenem Bildungs-s: all(en)-, desfallsig und als Satzaussage Th. Birt (1916): er war häufiger aushäusig als früher; hirnrissig; Zola ist der erste, dem zwischenmenschliche Gebilde vollste Gefühlswerte gewannen; in dem zwischenmenschlichen Elementarverhältnis der Auseinandersetzung der Geschlechter und G. K.: zwischenweilige Verwaltung. Freilich sind solche Gebilde nicht einfache Ableitungen, sondern sogenannte Zusammenbildungen, d. h. die Umstandsangabe zwischen den Menschen hat in dem älteren menschlich den Kern gefunden, um den sich die Adjektivierung der Wendung kristallisieren konnte. Doch gleichviel ob Ableitung, ob Zusammenbildung: unstatthaft sind solche Bildungen von nachgestellten, ihren Kasus vor sich habenden Präpositionen, also Unbildungen wie zweifelsohnig, deshalbig, eidesstattliche Versicherung; trotz seines allenfallsigen Gedankengehaltes (B. v. Münchhausen 1928). Nur aus der Notwendigkeit hervorgegangen, adverbiale Bestimmungen gelegentlich in adjektivische Fügung bringen zu können, dürfen solche Gebilde vor allem nicht wieder an Stelle der zugrunde liegenden Adverbien oder Adverbialien verwendet werden. Es ist ganz falsch, wenn man sagt: Mittlerweilig beobachte man, die Lähmung traf ihn linkseitig, Anlegung von Leitungen linkseitig vom Goldenen Horn; wie man es vorjährig gemacht haben würde (H. v. Zobeltitz 1920), der bunte Rock, in den du als Plöner Kadett erstmalig hineinschlüpftest (ders. 1927); man muß den Geltungsbereich, wie obig, auf die historische Erfassung Shakespeares einschränken (Koschmieder in einer Breslauer Diss. von 1913). Auch für: er ist nur zeitweilig Vorsteher, stünde zur Verfügung: einstweilen, vorübergehend, zur Zeit. Außerdem vermeidet man die nur einer Notlage entstammenden Ableitungen überhaupt, wo man ein besseres Wort dafür hat. Für demnächstige Neuauflage sagt man besser baldige, balderscheinende, und für immerfortiges Hänseln lieber fortwährendes, ununterbrochenes. Ganz überflüssig sind die $Seite 11$ in Österreich beliebten vorwärtig statt vorder und besonders rückwärtig statt hinter (rückwärtige Fläche statt Kehrseite, rückwärtige Kolonnen statt hintere Kolonnen), sowie das schon in Alldeutschland weidlich gebrauchte beiderseitig. Da gibt es beiderseitige Häuser und Eltern, selbst Darstellungen und Ansichten, wobei man an Darstellungen und Ansichten von zwei Gesichtspunkten zu denken versucht ist, während dies bei der Anwendung des in allen Fällen richtigen Genetivs von beide ausgeschlossen wäre: H. Hoffmann mußte statt die Häuser unser beiderseitigen Eltern sagen unser beider Elternhäuser und M. Ebeling statt ihre (des Cäsar und Tacitus) beiderseitigen Darstellungen einfach beider Darstellungen, Federer Schrieb (1924) gar: Das Dokument wurde beidseitig unterzeichnet.


Zweifelsfall

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Beispiel

vorig, übrig, jenseitig, nachherig, seitherig, zeitweilig, mittlerweilig, zwischenweilige, beinahiger, dermalig, vormalig, nachmalig, seinerzeitig, derzeitig, Vortrag, gehalten von dem zeitigen Rektor N., einstig, dereinstig, allenfallsig, desfallsig, aushäusig, hirnrissig, zwischenmenschliche, zwischenmenschlichen, zwischenweilige, zweifelsohnig, deshalbig, eidesstattliche, allenfallsigen, linksseitig, vorjährig, erstmalig, obig, einstweilen, vorübergehend, zur Zeit, demnächstige, baldig, balderscheinende, immerfortiges, fortwährendes, ununterbrochenes, vorwärtig, rückwärtige, beiderseitig, beiderseitige, unser beider Elternhäuser, beiderseitigen, beider Darstellungen, beidseitig

Bezugsinstanz 20. Jahrhundert, 20. Jahrhundert, Deutschland, Münchhausen - Hieronymus Carl Friedrich von, Bertram - Ernst, Federer - Heinrich, Keller - Gottfried, Hoffmann - Hans, Zobeltitz - Hanns von, gegenwärtig, Keller - Gottfried, Koschmieder - Lothar, Ebeling - Max, neu, Österreich, Birt - Theodor
Bewertung

besser, dies nachzuahmen empfiehlt sich wenig, Frequenz/häufig, Frequenz/weidlich gebraucht, ganz falsch, ganz überflüssig, Unbildungen, unstatthaft, vermeidet man, weniger gut

Intertextueller Bezug