a) Es ist die Türe, was oder die (welche) knarrt
Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 427 - 428 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Paul - Hermann, Schiller - Friedrich, Literatursprache, Fachsprache (Germanistik), Moltke - Helmuth Karl Bernhard von |
Text |
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Zuerst verdrängte sie die, wenn nötig, auch unsrer Sprache zu Gebote stehende Möglichkeit, einen Satz zur Hervorhebung eines Teiles zweigliedrig zu gestalten; nur setzt der Deutsche den betonten Satzteil im Hauptsatze weit überwiegend in den Nominativ und nimmt ihn im Nebensatz durch seiner Fügung entsprechende relative Für- oder Umstandswörter auf, zu denen nach Zeitbestimmungen auch als gehört. Schon im Märchen heißt es: Sollte es wohl die Türe sein, was mich so drückt? übrigens mit einem feinsinnigen, auf es zurückgehenden Neutrum, das denn ganz richtig Schiller in den geschichtlichen Schriften immer anwendet und auch ein Germanist z. B. in der Weise beibehalten hat: (So) kann (es) nur die Vorstellung des noch zu sprechenden Lautes sein, was auf den vorhergehenden einwirkt. Sonst ist bei Personen durchweg, bei Gegenständen überwiegend das Geschlecht des hervorgeho- $Seite 428$ benen Hauptwortes auch für das Relativ maßgebend. Echt deutsch ist auch der Satz Pauls: Der Verkehr ist es allein, wodurch die Sprache des Inviduums erzeugt wird, und der Moltkes: Es sind vergangene Zeiten, als für dynastische Zwecke kleine Heere von Berufssoldaten ins Feld zogen. b) Französische Manier dagegen ist es zu sagen: So verdunkelte die Geschichte bisher die breite Grundlage der großen Massen, und doch ist es in ihnen, daß (statt sind sie es, in denen) des Schaffens Kräfte keimen; oder wie Hesekiel: Es war nicht mit Besorgnis, daß (statt Besorgnis war es nicht, womit) sie die bleiche Stirn betrachtete, und Wildenbruch selbst in der Dichtung oft wie in „König Heinrich“: War das heut Abend, daß der Bauer von drüben kam? Bloßer Ersatz des Bindewortes daß durch das in Klammern beigegebene Relativ ohne Veränderung des Adverbiales im Hauptsatze hätte z. B. noch in folgenden Sätzen geholfen: In diesen schönen Stunden war es, daß (wo oder als) das Herz sich freier aufschloß. Es war im J. 1782, daß (als, wo) er diese Inschrift dichtete. So gibt es denn statt solcher allemal fehlerhaften Sätze: in dieser Zeit war es, daß ich die Bekanntschaft eines jungen Mannes machte, je nach der Färbung der Stelle zur Auswahl die beiden Fügungen: das war die Zeit, in der ich oder in dieser Zeit war es, wo (als) ich. c) Nicht minder schlimm als die Einschmuggelung auch äußerlich als fremd kenntlichen Sprachgutes ist es, daß die Beliebtheit der halbverstandenen fremden Wendung entgegen der haushältischen Art unsrer Sprache zu solch gespreizten Hervorhebungen verführt, auch wenn wir nach deutscher Art ohne solche Satzteilungen dasselbe erreichen. Oder klingt es nicht natürlicher: Recht spät kommt ihr in der Tat, als: Es ist in der Tat recht spät, daß ihr kommt? Schon zu lange verweilen wir uns hier, als: Es ist schon zu lange, daß wir uns hier verweilen? Was anders als Eintönigkeit kommt heraus, wenn z. B. im Ausland innerhalb zwölf kleiner Spaltzeilen die Satzteilung, wenn auch der Form nach richtig, dreimal wiederkehrt? Solche Züchter waren es, von denen Darwin die ersten grundlegenden Tatsachen ... holte. Der Bergbau war es, von dem sie ausging. Das sächsische Erzgebirge war es, wo sich die historische Heranbildung ... vollzog. Endlich trägt die Formel auch insofern dazu bei, den Stil eintönig zu machen, als mit ihr ein weniges es ist, es war an Stelle mannigfachster Zeitwörter und Wendungen des Deutschen eindringt, wo an eine solche Satzteilung allein der Hervorhebung wegen gar nicht zu denken wäre, wenn sie nicht ihr geborgtes Gewand zur Modesache gemacht hätte. Ohne solchen Einfluß hätte schon Goethe nicht geschrieben: Es ist (sondern es geschieht) nur um deinetwillen, daß ich es leide; ebensowenig eine Zeitung: es ist aus dem höchsten Gefühl der Achtung für den Prinz-Gemahl (statt es entspringt ihm od. m. a.), daß die äußere Trauer so allgemein angelegt wird. |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | Fachsprache (Germanistik), Literatursprache, Moltke - Helmuth Karl Bernhard von, Paul - Hermann, Schiller - Friedrich |
Bewertung |
dreifachen Schaden, den die Formel an echt deutschem Sprachgute anzurichten droht, Echt deutsch, feinsinnigen, ganz richtig |
Intertextueller Bezug |