Das und was
Buch | Wustmann (1903): Allerhand Sprachdummheiten. Kleine deutsche Grammatik des Zweifelhaften, des Falschen und des Häßlichen |
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Seitenzahlen | 115 - 116 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Goethe - Johann Wolfgang, Lessing - Gotthold Ephraim, Schiller - Friedrich, Schriftsprache, Literatursprache, Umgangssprache |
Text |
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Ein häßlicher Fehler ist es, statt des relativen das zu schreiben was, wenn sich das Relativ auf einen bestimmten einzelnen Gegenstand bezieht, z.B. das Haus, was — das Buch, was — das Ziel, was. Nur die niedrige Umgangssprache drückt sich so aus; in der guten Schriftsprache wie in der feinern Umgangssprache ist was als Relativ auf ganz bestimmte Fälle beschränkt: es darf nur hinter substantivierten Fürwörtern, Zahlwörtern und Eigenschaftswörtern gebraucht werden, z. B. das, was — dasselbe, was — etwas, was — alles, was — vieles, was — das wenige, was — das einzige, was — das erste, was — das letzte, was — das meiste, was — das Gute, was — das Beste, was. Doch ist auch hier, namentlich bei den substantivierten Adjektiven, wohl zu unterscheiden zwischen solchen Fällen, wo es sich um ein Allgemeines handelt, und solchen, wo etwas Besondres, Bestimmtes, Einzelnes vorschwebt. Fälle der zweiten Art sind z. B.: etwas Ungeschicktes, das mich in Verlegenheit brachte — das Bittre, das zwischen uns getreten ist — das Besondre, das dem Allgemeinen untergeordnet ist — das Schiefe und Hinkende, das jeder Vergleich hat — das Moralische, das einem doch nicht gleichgiltig sein kann — das Erlernbare, das sich jederzeit in Büchern wieder auffinden läßt — wenn an das Gute, das ich zu tun vermeine, gar zu nah was Schlimmes grenzt (Lessing). Hinter dem Superlativ von substantivierten Eigenschaftswörtern ist in den meisten Fällen was das richtige, aber doch nur deshalb, weil gewöhnlich ein partitiver Genitiv zu ergänzen ist (von dem, von allem), der das was verlangen würde. $Seite 116$ Wenn ich sage: das Erhabenste, was Beethoven geschaffen hat — so meine ich nicht das Erhabenste überhaupt, sondern eben das Erhabenste von dem oder von allem, was Beethoven geschaffen hat. Der Superlativ für sich allein bezeichnet hier noch gar nichts, der Relativsatz ist die notwendige Ergänzung dazu. Wenn ich dagegen sage: das Erhabenste, das wir Gott nennen, so ist gar nichts zu ergänzen, der Relativsatz kann auch fehlen, es ist das Erhabenste schlechthin gemeint. Beispiele der ersten Art sind: das Höchste, was wir erreichen können — das Schlimmste, was einem Staate widerfahren kann — das Ärgste, was Menschen aneinander antun können — das Beste, was du wissen kannst, darfst du den Buben doch nicht sagen (Faust) — er preist das Höchste, das Beste, was das Herz sich wünscht, was der Sinn begehrt (Schiller). Hier wird denn auch meist richtig was gesetzt. Nach dem Positiv gebrauchen aber auch gute Schriftsteller blindlings bald das, bald was. Sieht man sich die Beispiele näher an, so sieht man, daß sie viel öfter das Falsche als das Richtige getroffen haben. Endlich ist was für das auch da notwendig, wo sich das Relativ auf den Inhalt eines ganzen Satzes bezieht, z. B. der Mensch, das Tier mit zwei Händen, das auch lachen kann, was der Affe immer noch nicht fertig bringt. In einem Satze wie: es ist kein freundliches Bild, was der Verfasser vor uns aufrollt — wird nicht deutlich, ob sich was etwa auf Bild beziehen soll; man kann den Relativsatz auch als Subjektsatz auffassen: was der Verfasser vor uns aufrollt, ist kein freundliches Bild. In diesem Falle wäre natürlich was richtig, im andern müßte es das heißen. |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | Goethe - Johann Wolfgang, Umgangssprache, Schriftsprache, Lessing - Gotthold Ephraim, Umgangssprache, Schiller - Friedrich, Literatursprache |
Bewertung |
häßlicher Fehler, meist richtig, blindlings |
Intertextueller Bezug |