Zahlwörter. Erste Künstler

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Buch Wustmann (1903): Allerhand Sprachdummheiten. Kleine deutsche Grammatik des Zweifelhaften, des Falschen und des Häßlichen
Seitenzahlen 240 - 241

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Unsicherheit

In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle

Behandelter Zweifelfall:

Elativ und sein Gebrauch

Genannte Bezugsinstanzen: Fachsprache (Militärwesen), Sprache der Werbung, Sprache des Buchhandels, Fachsprache (Philosophie), Gegenwärtig, Geschäftssprache
Text

In dem Wesen und der Bedeutung des Superlativs liegt es begründet, daß er eigentlich nur den bestimmten Artikel haben kann: unter hundert Männern von verschiedner Größe ist einer der größte. Sind drei von dieser Größe darunter, so sind diese drei die größten. Dann ist aber einer von diesen dreien nicht ein größter — das ist undeutsch! —, sondern einer der größten. Darum ist es eine Abgeschmacktheit, zu schreiben: Lessings $Seite 241$ Andenken wird gepflegt, wie eine seltenste Blume im Treibhause — ein 45jähriger, der einer reifsten Zukunft entgegenschreitet. Nur in der Mehrzahl kann man allenfalls, wie der Kaufmann, von billigsten Pressen oder, wie der Philosoph, von kleinsten Teilen reden.

Ebenso abgeschmackt ist es, zu sagen: dieses Denkmal wird stets einen ersten Rang behaupten — die Politik spielte in seinem ganzen Leben eine erste Rolle — und von ersten Künstlern, ersten Opernsängern, ersten Firmen, ersten Häusern zu reden, wie es jetzt in den Anpreisungen von Kaufleuten und Buchhändlern geschieht. Erste soll hier einen Superlativ ersetzen, es soll so viel heißen wie größte, bedeutendste, hervorragendste; das ist aber eben unlogisch.//* Nur in Verbindungen wie: ein Kaffee erster Sorte, ein Künstler zweiten Ranges, ein Wagen dritter Klasse, ein Stern vierter Größe bleibt der bestimmte Artikel vor den Ordinalzahlen weg.// Ebenso unlogisch ist es, zu sagen: ein letzter Wunsch des Verstorbnen, eine Hauptursache des Erfolgs; genau genommen muß es heißen: einer der letzten Wünsche, eine der Hauptursachen des Erfolgs, denn auch die Hauptursache ist ein superlativischer Begriff von derselben Bedeutung wie: die höchste, die wichtigste Ursache.

Recht unfein klingt es, wie es in militärischen Kreisen üblich ist, hinter Personennamen die Kardinalzahl zu gebrauchen und von Fischer eins, Meyer sieben zu reden. Vielleicht soll es unfein klingen. Oder wollen wir in Zukunft auch von Otto drei und Heinrich acht reden? Wie mag Wilhelm zwei darüber denken?


Zweifelsfall

Elativ und sein Gebrauch

Beispiel
Bezugsinstanz Sprache des Buchhandels, Sprache der Werbung, gegenwärtig, Geschäftssprache, Fachsprache (Militärwesen), Fachsprache (Philosophie)
Bewertung

abgeschmackt, Abgeschmacktheit, muß es heißen, nicht, undeutsch, unfein, unlogisch

Intertextueller Bezug