Hocherfreuen oder hoch erfreut?
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Buch | Wustmann (1903): Allerhand Sprachdummheiten. Kleine deutsche Grammatik des Zweifelhaften, des Falschen und des Häßlichen |
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Seitenzahlen | 166 - 167 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Leipzig, Sprache des Buchhandels, Gegenwärtig, Zeitungssprache |
Text |
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Leipziger Geburtsanzeigen werden nie anders gedruckt als: Durch die glückliche Geburt eines Knaben wurden hocherfreut usw. — auch Zeitungen schreiben: das gesamte Personal der Firma ist durch Jubelgaben hoch-erfreut worden — Gutenberg ist dieses Jahr in vielen deutschen Städten hochgefeiert worden — und auf $Seite 167$ Buchtiteln liest man: in dritter Auflage neubearbeitet von usw. Welche Verirrung! Ein Partizip kann Verbal-form sein, es kann auch Nomen sein.//* Daher hat es ja seinen Namen. Partizipium kommt her von particeps, d. h. Anteil habend; es ist davon genannt, daß es zugleich am Verbum und am Nomen Anteil hat, zwischen beiden ein Mittel-ding ist. Darum hat mans ja auch in der Volksschulgrammatik durch Mittelwort übersetzt.// Aber doch nur dann, wenn es Nomen, also Adjektiv ist, kann ein hinzu-gefügtes Adverb damit zu einem Worte verwachsen: wie man von hochadligen Eltern reden kann, so auch von hocherfreuten Eltern. Wie soll aber ein Adverb mit dem Partizip zusammenwachsen, wenn das Partizip Verbalform ist? Wir sind hocherfreut worden — so könnte man doch nur schreiben, wenn es ein Zeitwort hocherfreuen gäbe: ich hocherfreue, du hocherfreust usw. Dasselbe gilt natürlich vom Infinitiv; es ist entsetzlich, daß man in Zeitungen jetzt lesen muß: der Vortrag wird hochbefriedigen, denn es gibt kein Zeitwort: ich hochbefriedige. Ebenso wie mit den Adverbien ist es auch mit den Objekten. Man kann wohl schreiben: die notleidende Landwirtschaft, aber ein Unsinn ist es, im Infinitiv zu schreiben: notleiden; denn es gibt kein Zeitwort: ich notleide. Es handelt sich hier durchaus nicht bloß um einen „orthographischen" Fehler oder gar bloß um eine gleich-giltige orthographische Abweichung. Nein, in der falschen Schreibung verrät sich ein grober Denkfehler. |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | Sprache des Buchhandels, gegenwärtig, Leipzig, Zeitungssprache, Zeitungssprache |
Bewertung |
entsetzlich, falschen, grober Denkfehler, man kann wohl schreiben, man reden kann, nicht bloß um einen "orthographischen Fehler" oder gar bloß um eine gleichgiltige orthographische Abweichung, Unsinn, Verirrung |
Intertextueller Bezug |