Das Hauptwort 7. Die Mehrzahl *4
Buch | Engel (1922): Gutes Deutsch. Ein Führer durch Falsch und Richtig. |
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Seitenzahlen | 111 - 112 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Gebildete, Wildenbruch - Ernst von, Goethe - Johann Wolfgang, Gesprochene Sprache, Schriftsprache |
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Gebildete, Schreiber guten Stils, Fachsprache (Militärwesen), Immermann - Karl, Sprachgelehrsamkeit, Wildenbruch - Ernst von, Niederlande, Niederdeutsch, Goethe - Johann Wolfgang, Gesprochene Sprache, Schiller - Friedrich, Schriftsprache, Literatursprache, Volk, Frankreich, Umgangssprache |
Text |
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Schwere Sorge bereiten den Sprachgelehrten und den Freunden eines möglichst guten Deutsch die zahlreichen und immer zahlreicher werdenden Mehrzahlen auf . . s. Heute sieht die Sprachwissenschaft darin überwiegend eine aus dem Französischen, zum Teil auf dem Wege übers Niederländische und Niederdeutsche, ins Hochdeutsch eingedrungene Fremdbildung, die sich aber mit der Zeit so fest angesiedelt hat, daß sie durch ein verallgemeinerndes Verbot nicht mehr zu bekämpfen ist. Als Grundsatz darf noch gelten: die Mehrzahl auf .. s ist überwiegend ungut, in der edlen Schriftsprache zu meiden, nur in der läßlichen Umgangsprache und in einigen Sonderfällen nicht mehr zu verwerfen. Über das Mehrzahl-e in Fremdwörtern und fremden Eigennamen weiterhin (S. 113). In deutschen Eigennamen greift es um sich, und gegen die Quitzows, wie Wildenbruch nach dem herrschenden Sprachgebrauche schrieb, wird nichts mehr zu machen sein. Dagegen würde ich nur schreiben: die Bismarck, die Moltke, die Kleist, die Grimm, wenngleich ich zugeben muß, daß sehr gebildete Menschen die Kleists, die Puttkamers, auch die Bismarcks sprechen und schreiben, wie eben fast alle Welt spricht. Dies falsch zu nennen, fühle ich mich nicht für berufen. Goethe schreibt: ,Humboldts werden nach Wien abgehen' . — Schillers: ,.. bei Schimmelmanns vorgelesen' ist untadlig, denn wir alle sagen richtig: ,Ich gehe zu Müllers' . Dieses .. s stammt von einer Zweitfallform her. Bei weiblichen Namen ist das . . s allgemeine Regel: die Idas, Berthas, Klaras; wo sich eine andre Mehrzahl bequem bilden läßt, bilde man sie: die Luisen, Leonoren, Viktorien, Sofien, Albertinen, Wilhelminen. Unbedingt notwendig ist das . . e nicht in die Wenns $Seite 112$ die Abers, die Achs (vgl. S. 103); sie sind aber schon so gebräuchlich, daß man sie hinnehmen muß. Goethe schreibt die Warums; andre gute Schriftsteller haben: ,die Lebehochs, die Stelldicheins, seine Vielleichts, die Hurras' . Bei Immermann steht: ,Endlich wurden alle Aber stumm und alle Wenns und Zware' , wie wenn er absichtlich alle drei mögliche Mehrzahlformen hätte erproben wollen. In der gemütlichen, besonders der derbvolkstümlichen Redeweise kommen Jungens, Mädels, Kerls bei unsern Besten vor, auch oft bei Goethe, besonders dem jungen; also wird sich nicht viel einwenden lassen gegen die Fräuleins; auch nicht gegen die Papas, die Mamas, wie denn bei den, meist undeutschen, Hauptwörtern mit volltonigen Selbstlautern am Ende kaum etwas andres zur Mehrzahlbezeichnung übrig bleibt als das .. e: die Gnus, die Uhus, Schuhus, Boas. Zulässig aber sind auch die Gnue, Uhue usw.; ja ein Feinspinner der Sprache wird diese Formen trotz ihrer schlechten Sprechbarkeit sogar vorziehen. Schiller schrieb gelegentlich: ,die Fräuleins von Lengefeld' ; indessen keinem ist verwehrt, ,die Fräulein' besser zu finden, und ich schreibe nur so. Nur sich nichts darauf einbilden und alle Andersschreibenden verhöhnen oder beschimpfen! Der Sprachbüttel schreibt kurzweg: ,Alle diese Formen sind unfein', und weil er sie nicht schreibt, ist er der Feinste der Feinen. In den deutschen Heeresberichten aus dem Weltkriege stand häufig die Mehrzahl Trupps von der Trupp. Gegen die Bräutigams in edler Rede sträubt sich das Gefühl, zumal da Bräutigame keine Schwierigkeit macht. |
Zweifelsfall | |
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Beispiel |
Quitzows, Bismarck, Kleist, Moltke, Grimm, Kleists, Puttkamers, Bismarcks, Humboldts, Schimmelmanns, Müllers, Idas, Berthas, Klaras, Luisen, Leonoren, Viktorien, Sofien, Albertinen, Wilhelminen |
Bezugsinstanz | Wildenbruch - Ernst von, Gebildete, Schriftsprache, gesprochene Sprache, Goethe - Johann Wolfgang |
Bewertung |
Frequenz/greift um sich, untadlig |
Intertextueller Bezug |
Zweifelsfall | |
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Beispiel |
Quitzows, Bismarck, Kleist, Moltke, Grimm, Kleists, Puttkamers, Bismarcks, Humboldts, Schimmelmanns, Müllers, Idas, Berthas, Klaras, Luisen, Leonoren, Viktorien, Sofien, Albertinen, Wilhelminen, Wenns und Abers, Achs, Warums, Lebehochs, Stelldicheins, Vielleichts, Hurras, Wenns und Zware, Jungens, Mädchens, Kerls, Fräuleins, Papas, Mamas, Gnus, Uhus, Schuhus, Boas, Gnue, Uhue, Trupp, Trupps, Bräutigams, Bräutigame |
Bezugsinstanz | Sprachgelehrsamkeit, Frankreich, Niederlande, niederdeutsch, Schreiber guten Stils, Schriftsprache, Umgangssprache, Wildenbruch - Ernst von, Gebildete, Schriftsprache, gesprochene Sprache, Goethe - Johann Wolfgang, Schiller - Friedrich, Literatursprache, Immermann - Karl, Fachsprache (Militärwesen), Volk |
Bewertung |
besser, derbvolkstümlich, Frequenz/gebräuchlich, Frequenz/greift um sich, nicht einwenden, nicht unbedingt notwendig, nicht zu verwerfen, richtig, stäubt, unfein, ungut, untadlig, vorzuziehen (Feinspinner der Sprache), zu meiden, zulässig |
Intertextueller Bezug |