Das Wirken Sybels als akademischer Lehrer
Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 227 - 229 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Hindenburg - Paul von, Johst - Hanns, Hildebrand - Rudolf, Junker - Wilhelm, Augsburg, Förster - Ernst, Findeisen - Kurt Arnold, Liljedahl - Ernst, Ludwig - Emil, Sprengel - Johann Georg, Güntert - Hermann, Joel - Karl, Ratzel - Friedrich, Schlüter - W. (?), Wilhelm II., Gegenwärtig, Alt, Behördensprache, Neu, Zeitungssprache, Sprache der Politik |
Text |
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Schwierigkeiten bereitet eine Fügung mit als bei Substantivierungen. Die Verbindung eines Hauptwortes mit einem zum darin liegenden Verbalbegriffe gehörigen Aussageworte wird nämlich verwechselt — und kann es nur zu leicht — mit der Beziehung eines Hauptwortes zu einem anderen, das als Ergänzung zum Zeitwort oder als Beifügung wieder zu einem Hauptworte gehört. Die erste Art der Fügung, ein Aussagewort in einer Substantivierung, wird man in einem Ausdrucke erkennen dürfen, wenn er sich in einen Satz mit dem betreffenden Worte als prädikativem Zusatze im bloßen ersten oder vierten Fall oder von einem der Wörtchen als, für, zu getragen auslösen läßt, und dann ist allein der erste Fall natürlich. So heißt es also richtig: die Verdienste Humboldts als Naturforscher (= Humboldt hat sich als Naturforscher verdient gemacht). Nicht gut aber schrieb die Augsbg. Allg.: Der Rektor sprach über das Wirken Sybels als akademischen Lehrers (= Sybel wirkte als akademischer Lehrer), und noch weniger die Tgl. R.: In der Aufstellung dieses Gesichtspunktes*//1 Vgl. über die Bedeutung des * im folgenden S. 122, 1. Anm.// als des Grundprinzips alles Strafrechtes (= der Gesichtspunkt wird durch die Aufstellung erst das Prinzip). Natürlich kann dieser Nominativ auch neben Akkusativen und Dativen stehen: Man wünschte ihm Glück zu seinem Wirken als akademischer Lehrer, aber nicht: als akademischen Lehrers, noch auch wie man jetzt oft genug liest, mit einem nicht nur überflüssigen, sondern falschen Streben nach Kongruenz: als akademischem Lehrer. Richtig schrieb also Prof. Fr. Ratzel: Vielleicht ist der Versumpfung des Sterzinger Beckens die zeitweilige Bevorzugung des Jaufens als Nebenpaß des Brenners zuzuschreiben und ganz neuerdings H. Johst: Sicher bist du auf diese Weise vor dem Versimpeln als Beamter bewahrt, und K. A. Findeisen: daß du um einer Schwachheit und Unwürdigkeit als Diener am heiligen Wort willen das beste Stück unsers Erdenanteils von uns gefordert hast. Unanfechtbar sind auch alle die Zeitungsausdrücke: die Stellung des Mannes als Führer im Parlament, die Einführung des naturgeschichtlichen (!) Unterrichtes als obligatorisches Fach; er wurde zuerst auf die Bedeutung Menzels als schöpferischer Künstler und als würdiger Regenerator der Formschneidekunst aufmerksam gemacht; mit allen drei obliquen Kasus: Er gedachte des Fürsten zunächst in seiner Bedeutung $Seite 228$ als Feldherr, würdigte ihn dann in seiner Bedeutung als weitblickender Politiker, wurde ihm aber kaum gerecht mit seiner Würdigung als Landesvater. Übrigens steht nicht immer neben den substantivischen Fügungen ein aus genau denselben Worten gefügter Satz, weil den verhältnismäßig wenigen Verben des eigentlichen Seins eine größere Mannigfaltigkeit substantivischer Wendungen gegenübersteht; und doch wird man Beispiele wie die folgenden ebenso erklären nicht nur dürfen, sondern müssen: das Märchen von seinem widrigen Schicksal als armer Edelmann. Man hatte ihm die Stelle als Legationsrat angeboten (er solle Legationsrat werden). Sooft Dr. Emin in seiner Eigenschaft als ägyptischer Beamter mit den Untergebenen verkehrte (Junker); um Enthebung von Ihrem Amte als mein geheimer Kabinettsrat (Wilh. II. an v. Valentini); Wir wollen ihn nicht auf seiner weiteren Laufbahn als Publizist im großen Stile (das ist er auf ihr geworden!) begleiten. Wie E. Förster allein richtig geschrieben hat: Jene Gemälde begründeten den Ruf König Ludwigs I. als Beschützer der deutschen Kunst (er wurde erst seitdem so genannt), hätte auch die Tgl. R. schreiben sollen: *Die Aufstellung des Fürsten Bismarck als Kandidat im Reichstagswahlkreise Geestemünde ist Tatsache, und nicht Kandidaten (nicht B., der dortige Kandidat, wird ausgestellt, sondern durch die Ausstellung wird er erst Kandidat. Selbst Wendungen wie: Goethes Kraft als lyrischer Dichter: Goethes Bedeutung als Deutscher (Gg. Sprengel); Schillers Wirken als Dramatiker; sein Beruf als Künstler; in seiner Stellung als Beamter; die Verhältnisse, welche dem Fürsten schon in seiner Eigenschaft als Generaloberst eine dienstliche Meldung beim Kaiser vorschrieben; Voltaires Charakter als Mensch; im Hintergrund der Seele das neugeborene Selbstgefühl der Seele als Deutscher (R. Hildebrand); Es gelang nicht, den Glauben an seine Persönlichkeit als moralischer Führer zu verankern (E. Ludwig); Die großen Ströme hatten an ihrem imponierenden Charakter als Hindernisse eingebüßt (Hindenburg); Österreichs Ruhm//1 Ein Beispiel für doppelt falsche Fügung der Worte: Ruhm als stand z. B. in der Tgl. R.: A. Bisson verzichtet, dem alten Aristophanes seinen Ruhm als größten (statt größter, oder nach alter pedantischer Theorie wenigstens größtem) aller Possendichter streitig zu machen.// als große, kaiserliche, militärisch-diktatorische Macht ist dahin — selbst solche Wendungen also gehören in die nämliche Reihe mit den vorher betrachteten, mögen sie immerhin hart an der Grenze stehn und deshalb darin die Heranziehung an einen vorhergehenden Kasus, d. h. ein Übertritt auf die andere Seite gar leicht erklärlich sein. Aber richtig mußte man schreiben: Die Griechen schufen aus Naturwissenschaften Naturwissenschaft, eigentliche Naturerkenntnis, d.h. Erkenntnis der Natur als Ganzes (nicht wie K. Joel: als Ganzem); bei Varunas angeblichem Wesen als ursprünglicher Mondgott (statt: ursprünglichem M., wie öfter H. Güntert); Zeichen, die der Auffassung der Menschheit als (ein) im Werden begriffener Organimus widersprechen (statt wie E. Liljedahl: als einem — begriffenen O.). Die Angst vor der Entlarvung der reinen Machtgier als einziger Beweggrund der politischen Haltung der Linken (statt wie die D. Zeitung: als einzigen Beweggrund, was weder Wemfall ist [wie Entlarvung] noch Wesfall [wie Machtgier]); Weite Schichten der Arbeiterschaft erkennen immer mehr die Notwendigkeit des Kapitals als Motor $Seite 229$ (statt wie W. Schlüter als Motors); Mit den Namen Kierkegaard und Herrman ist Haecklers Name als Übersetzer und Interpret (statt wie die DAZ. 28: Überestzers und Interpreten) seit langem verknüpft; Das ist nicht Angelegenheit des Künstlers als Künstler (statt wie W. Schlüter: als Künstlers); Einführung der Familienhilfe als freiwillige (nicht wie der Reichsarbeitsminister: freiwilliger) Leistung. |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | alt, Augsburg, Zeitungssprache, Förster - Ernst, Liljedahl - Ernst, Ludwig - Emil, Sprengel - Johann Georg, Güntert - Hermann, Johst - Hanns, Hindenburg - Paul von, gegenwärtig, Junker - Wilhelm, Findeisen - Kurt Arnold, Joel - Karl, neu, Ratzel - Friedrich, Hildebrand - Rudolf, Behördensprache, Sprache der Politik, Schlüter - W. (?), Wilhelm II. |
Bewertung |
allein richtig, doppelt falsche Fügung, falschen, Frequenz/wie man oft genug liest, gar leicht erklärlich, hart an der Grenze, hätte schreiben sollen, heißt es also richtig, nach alter pedantischer Theorie, natürlich, nicht, Nicht gut, noch weniger, Richtig, richtig mußte man schreiben, überflüssigen, Unanfechtbar |
Intertextueller Bezug |