Auch der Beisatz wirkt in derselben Richtung, und zwar desto mehr, je wichtiger er für den Zusammenhang ist; ausnahmslos aber, wenn er den Städtenamen vorangeht, die für sich ebenso ausnahmslos (§ 62 f.) sächlich sind. So wird man weder mit der Augsb. Allg. schreiben: So empfiehlt sich die Inselstadt Lindau mit seiner (statt ihrer) Umgebung ganz besonders zum Sommeraufenthalt, noch mit Jensen: Karlsruhe ist die Hauptstadt des Landes, wie Durlach es vor ihr (statt ihm) für einen Teil desselben gewesen ist. Nicht ganz so einheitlich ist die Beziehung geregelt, wenn Verwandtschaft und Standesbezeichnungen miteinander oder mit Eigennamen zusammentreffen. Nur die Verwandtschaftsnamen sind für das Geschlecht der Verbindung heut durchweg maßgebend, ob sie nun voran- oder nachstehen. Also heißt es fast nur: meine Tante Gretchen, ihre Schwester Lorchen; eure Fräulein Schwester, meine Fräulein Braut. Nur wenn ursprüngliche Standesbezeichnungen wie Fräulein, Frauenzimmer vor dem Eigennamen stehen, heißt es in älterer Weise noch immer: dieses Frauenzimmer Lotte; und auch die Fügungsweise dem Fräulein Lucie (Goethe), des Fräuleins Ursula (Raabe) ist dann noch vorzuziehen, wenn Fräulein im engern Sinne Hausfräulein, Stütze, älter Mamsell bedeutet. Darüber hinaus ist auch hier seine Fräulein Berta üblicher, ganz gemäß der Möglichkeit, an diesen grammatisch sächlichen Personennamen das natürliche Geschlecht überwiegen zu lassen. Als mich das Mädchen erblickte, trat sie gelassen näher, und: Er kündigte ihr die Ankunft eines Frauenzimmers an, die hier hereinziehen sollte, heißt es z. B. bei Goethe. Selbst das einen Teilungsgenetiv regierende Wort, das sonst ausnahmslos mit diesem im Geschlecht übereinstimmt (der edelste von allen Trieben), nimmt neben Wörtern jener Art gelegentlich noch das natürliche Geschlecht an: die häßlichste meiner Kammermädchen, und ganz jüngst bei Rosegger: die schlechteste der Frauenzimmer. Ähnliche Freiheit gestatten Wörter wie Söhnchen, Weib, Mütterchen und Verkleinerungsformen von Namen: Hänschen, Fritzchen; ja wenn Frauen mit Kosenamen selbständig führend und denkend hingestellt sind, fordern sie dieselbe fast, wie denn Goethe und die Personen seines Faust von Gretchen, Lieschen und Bärbelchen immer sie und ihr sagen.
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