Die Anreihung eines Hauptsatzes an einen Nebensatz, mit oder ohne Bindewort, ist am häufigsten nach einem Relativsatze. Und so gewiß wir an Stelle eines zweiten kurzen und dem ersten ähnlich gebauten Relativsatzes, vollends wenn sich an ihn keine weiteren Sätze reihen, heute nicht mehr einen Hauptsatz treten lassen dürfen, so unbedenklich dürfen wir der Natürlichkeit und gefälligeren Fortsetzung halber an der zweiten Stelle einen Hauptsatz eintreten lassen, wenn nur der Inhalt des zweiten Satzes überhaupt oder doch für die Fortführung des Gedankens das Wichtigere ist. Wie in der geistesverwandten griechischen Sprache strebt eben auch in der deutschen die Satzfügung aus der Unterordnung immer wieder zur Selbständigkeit. So ist der Satz Schleiermachers so gut deutsch wie griechisch: Er hat einen verständigen Vater, welcher reich geworden ist nicht durch Ohngefähr oder durch ein Geschenk wie Ismenias, sondern durch eigenen Verstand und Sorgfalt hat er den Reichtum erworben. Ebenso ist Klopstock zur ursprünglichen Satzanreihung Homers zumal in dessen Gleichnissen zurückgekehrt, wenn er im Messias singt: Nikodemus Stand mit unverwendetem Antlitz. So wie ein Mann steht, der den Unterdrücker erduldet und in sich den Vorzug. Und die Erhabenheit seiner Tugend und Unschuld empfindet. Ernst ist in seinem Gesicht, tief in der Seele der Himmel. Nicht minder schön schreibt Gabriele v. Bülow: Wie der Baum nicht bloß von den Wurzeln aufgenährt wird und gedeiht, sein Wipfel wiegt sich in den Lüften und so hoch er es vermochte, hat er hinaufgestrebt, und den gröberen Sinnen unbekannte Nährstoffe hat er dort eingesogen, so kommt mir der Künstler, jeder wahrhafte Künstler vor. Dagegen stünde uns heute freilich der Satz Luthers: Vater Jakob, der uns diesen Brunnen gegeben hat und er hat daraus getrunken, gewiß auf gleicher Stufe mit dem nimmer gutzuheißenden Schülersatze: Der Schwanz der Kuh, welcher lang und dünn ist, und am Ende hat er ein Haarbüschel .... Aber in dem Satze der Tgl. R.: Am politischen Himmel ist eine Wolke aufgetaucht, welche man in England und Amerika mit wachsender Beunruhigung beobachtet. Sie betrifft eine Frage, die an sich harmlos erscheint, nämlich das Recht zur Fischerei im Behringsmeer, aber durch die Art der Behandlung hat sie einen bedenklichen Anstrich gewonnen, kann man das Auswachsen des letzten Relativsatzes zum Hauptsatze wieder kaum tadeln, da er den bis dahin wichtigsten Gedanken enthält: die Frage der Fischerei im Behringsmeer nimmt eine bedenkliche Wendung. Wer wollte gar den Satz Jensens anders haben: Wer es vermag, komme dennoch um das $Seite 322$ Ende des Juli! Das Hochland ist eine Schöne, die wohl im Frühling als eine geschmückte Braut dasteht; doch ihr Hochzeitsgewand legt sie erst im Hochsommer an; sie weiß, daß die Sonne zu dieser Zeit am bereitwilligsten ist, bei ihrer festlichen Pracht behilflich zu sein.
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