Am (!) Donnerstag den (!) 13. Februar
Buch | Wustmann (1903): Allerhand Sprachdummheiten. Kleine deutsche Grammatik des Zweifelhaften, des Falschen und des Häßlichen |
---|---|
Seitenzahlen | 258 - 259 |
Nur für eingeloggte User:
Unsicherheit |
---|
In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
---|---|
Genannte Bezugsinstanzen: | Behördensprache, Neu, Mitteldeutsch, Norddeutsch, Sprache der Politik |
Text |
---|
Ein abscheulicher Fehler, der wieder recht ein Zeichen der immer mehr zunehmenden Verrohung unsers Sprachgefühls ist, ist die gemeine Zusammenkoppelung des Dativs und des Akkusativs, die neuerdings bei Datenangaben aufgekommen ist und mit unbegreiflicher Schnelligkeit um sich gegriffen hat. Fast alle Behörden, alle Berichterstatter, alle Programme, alle Einladungen schreiben schon: am Donnerstag, den 13. Februar. Sogar die amtlichen stenographischen Berichte des Reichstags sind so überschrieben! Jede von beiden Konstruktionen für sich allein wäre richtig. Auf die Frage: wann ist das Konzert? kann ebensogut mit dem bloßen Akkusativ geantwortet werden: den Donnerstag, wie mit an und dem Dativ: am Donnerstag.//* Bei Handlungen, die noch bevorstehen, wird die erste Verbindung vorgezogen, bei Handlungen, die vorüber sind, die zweite. Wann wird er zurückkehren? (Den) Donnerstag. Wann ist er zurückgekehrt? Am Donnerstag.// Aber beide Konstruktionen zusammenzukoppeln, einen Akkusativ als Apposition zu einem Dativ zu setzen, ist greulich. Fühlt man das gar nicht? Was $Seite 259$ glaubt man denn, daß es für ein Kasus sei, wenn auf die Frage: wann wird er zurückkehren? geantwortet wird: Donnerstag. Ist man so stumpfsinnig geworden, daß man hier den Akkusativ nicht mehr fühlt, auch wenn der Artikel nicht dabei steht, wenn bloß geschrieben wird: Donnerstag, den 13. Februar? Muß das am dazu? Man lasse doch das dumme am wieder weg, und alles ist in Ordnung! Den wegzulassen, wie manche tun (am Freitag, 7. November), macht die Sache nicht besser. Man schreibt aber auch schon: vom Ende Februar, vom Dienstag, den 6. dieses Monats ab. Das ist fast noch abscheulicher. Die Akkusative Ende Februar, Dienstag, den 6. gelten für den Satzbau genau so viel wie jedes Adverbium der Zeit, das auf die Frage: wann? antwortet, wie gestern, heute, morgen. Ebenso nun wie auf die Fragen: von wann? und bis wann? geantwortet wird: von heute bis morgen, ebenso muß auch geantwortet werden: von Ende Februar, von Dienstag, den 6. bis Donnerstag, den 8. April. Denn nicht Ende oder der Artikel den hängt von von ab, sondern die ganze, wie ein Adverbium der Zeit aufzufassende Formel: Dienstag, den 6. Derselbe Fall kommt auch bei Ortsbestimmungen vor. Zuhause, das auf die Frage: wo? antwortet, wird für die Konstruktion ganz zum Ortsadverbium, wie hier, dort, oben, unten u. a. Auf die Frage: wo kommst du her? ist es also durchaus nicht falsch, zu antworten: von zuhause. Wir in Mitteldeutschland sagen immer so (nicht wie der Norddeutsche sagt: von Hause, das uns fremdartig und geziert klingt), ebenso wie wir auch sagen: er spricht viel von zuhause, er denkt den ganzen Tag an zuhause. |
Zweifelsfall | |
---|---|
Beispiel |
gestern, heute, morgen, von wann?, bis wann?, von Ende Februar, von Dienstagvon Dienstag, den 6. bis Donnerstag, den 8. April, hier, dort, oben, unten, von zuhause |
Bezugsinstanz | Sprache der Politik, Behördensprache, mitteldeutsch, neu, norddeutsch |
Bewertung |
also durchaus nicht falsch, ein abscheulicher Fehler, fast noch abscheulicher, gemeine Zusammenkopplung, greulich, macht die Sache nicht besser, mit unbegreiflicher Schnelligkeit, so stumpfsinnig geworden, zunehmende Verrohung unseres Sprachgefühls |
Intertextueller Bezug |