Matthias(1929) jenes dieses jener dieser alleinstehend als Genitive: Unterschied zwischen den Versionen
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|KapitelText=§ 97. Oft macht es den Eindruck, als ob man nichts mehr wüßte von dem Hauptdienste von jener und dieser, mit jener auf räumlich oder zeit-lich Entfernteres oder früher Genanntes, mit dieser auf das räumlich oder zeitlich Näherliegende oder das Zuletztgenannte hinzuweisen: Italien und Frühling sind nicht dieselben Begriffe, und jenes schließt diesen nicht in sich hat z. B. klar und schön eine Frau (E. Förster) geschrieben. Heute meinen die Männer der Feder dafür meist die häßlichen ersterer und letz-terer nötig zu haben: Als die aufgebotenen Mannschaften den Wald durch-suchten, bekamen sie wenigstens noch zwei der Wilderer in ihre Ge-walt, den tollen Steffen samt einem noch nicht bekannten Genossen, letzteren ohne jede Gegenwehr, ersteren erst, nachdem er schwer ver-wundet worden. Wäre da diesen ohne Gegenwehr, jenen erst ... nicht ebenso klar und zugleich gefälliger? Dabei ist noch zuzugeben, daß hier die beiden Wörter, die als Komparative nur am Platze sind, wo es sich um die Auswahl zwischen zweien handelt, wenigstens insofern richtig an-gewandt sind. Also sind solche Sätze noch schlimmer, wo diese Komparative statt erste oder letzte stehn, also auf einen von mehr als zwei Gegen-ständen gehn, wie bei Chiavacci: Dort lagen die Hühner- (1) und Gänse-leichen (2), sowie die irdischen Reste von Kälbern (3) und Schweinen (4), letztere waren schon in Wurstform verpuppt, oder wo gar das schwer-fällige letztere in Beziehung auf ein einziges in Frage kommendes Haupt-wort für ein einfaches hinweisendes oder besitzanzeigendes Fürwort ein-tritt: das Blumengärtchen ... stieß durch eine Lücke des Schloßgartens an den schattigsten Teil des letzteren statt an dessen schattigsten Teil (Steinhaufen). Gerade dieser Mißbrauch wird jetzt, besonders in Zeitungen, grenzenlos getrieben. Man höre nur einige Beispiele: Weil der Putz an einigen Stellen des Rathauses abfällt, hat der Rat beschlossen, das letz-tere (statt es) ganz neu abputzen zu lassen. — Der Statthalter und Herr v. H. haben neulich das vom Kaiser jüngst erworbene Gut Urville be-sichtigt, wie verlautet, weil der Kaiser auf letzterem (statt dort) nächstes Frühjahr einige Tage zubringen will. | |KapitelText=2. ''jenes, dieses; jener, dieser'' alleinstehend als Genetive. Nur noch wenig gebräuchlich ist die Anwendung der substantivischen Genetive ''jenes'' und ''dieses'' in der Art: ''Überall tritt das Deutsche hervor in dem Geiste der heutigen höheren Schulen, denen die Pflege jenes'' (statt: ''denen dessen -, denen seine Pf.'') ''mehr als je obliegt.'' (Lit. Wschr. 26). ''Urbarmachung alles brachen Bodens und stärkste Ausnutzung dieses'' (statt: ''und dessen st. A.'') (P. Schneider). ''Er hat den von ihm angerichteten Schaden oder einen Teil dieses'' (statt: ''davon'') ''wiedergutzumachen.'' Auch bei einem Deutschforscher wirkt es befremdend: ''Man versteht den Vorzug, den wienerisch und kölnisch genießen; bei jedem dieser'' (statt: ''bei beiden'') ''steht im Hintergrunde eine berühmte, gefeierte Stadt''. Nur formelhaft ist üblich Vorzeiger, Überbringer dieses. | ||
§ 97. Oft macht es den Eindruck, als ob man nichts mehr wüßte von dem Hauptdienste von jener und dieser, mit jener auf räumlich oder zeit-lich Entfernteres oder früher Genanntes, mit dieser auf das räumlich oder zeitlich Näherliegende oder das Zuletztgenannte hinzuweisen: Italien und Frühling sind nicht dieselben Begriffe, und jenes schließt diesen nicht in sich hat z. B. klar und schön eine Frau (E. Förster) geschrieben. Heute meinen die Männer der Feder dafür meist die häßlichen ersterer und letz-terer nötig zu haben: Als die aufgebotenen Mannschaften den Wald durch-suchten, bekamen sie wenigstens noch zwei der Wilderer in ihre Ge-walt, den tollen Steffen samt einem noch nicht bekannten Genossen, letzteren ohne jede Gegenwehr, ersteren erst, nachdem er schwer ver-wundet worden. Wäre da diesen ohne Gegenwehr, jenen erst ... nicht ebenso klar und zugleich gefälliger? Dabei ist noch zuzugeben, daß hier die beiden Wörter, die als Komparative nur am Platze sind, wo es sich um die Auswahl zwischen zweien handelt, wenigstens insofern richtig an-gewandt sind. Also sind solche Sätze noch schlimmer, wo diese Komparative statt erste oder letzte stehn, also auf einen von mehr als zwei Gegen-ständen gehn, wie bei Chiavacci: Dort lagen die Hühner- (1) und Gänse-leichen (2), sowie die irdischen Reste von Kälbern (3) und Schweinen (4), letztere waren schon in Wurstform verpuppt, oder wo gar das schwer-fällige letztere in Beziehung auf ein einziges in Frage kommendes Haupt-wort für ein einfaches hinweisendes oder besitzanzeigendes Fürwort ein-tritt: das Blumengärtchen ... stieß durch eine Lücke des Schloßgartens an den schattigsten Teil des letzteren statt an dessen schattigsten Teil (Steinhaufen). Gerade dieser Mißbrauch wird jetzt, besonders in Zeitungen, grenzenlos getrieben. Man höre nur einige Beispiele: Weil der Putz an einigen Stellen des Rathauses abfällt, hat der Rat beschlossen, das letz-tere (statt es) ganz neu abputzen zu lassen. — Der Statthalter und Herr v. H. haben neulich das vom Kaiser jüngst erworbene Gut Urville be-sichtigt, wie verlautet, weil der Kaiser auf letzterem (statt dort) nächstes Frühjahr einige Tage zubringen will. | |||
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Version vom 29. Dezember 2016, 12:07 Uhr
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Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 77 - 77 |
Nur für eingeloggte User:
Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Sprachgelehrsamkeit, Chiavacci - Vinzenz, Mann, Frau, Förster - Emma, Schneider - Paul, Steinhausen - Heinrich, Gegenwärtig, Zeitungssprache |
Text |
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2. jenes, dieses; jener, dieser alleinstehend als Genetive. Nur noch wenig gebräuchlich ist die Anwendung der substantivischen Genetive jenes und dieses in der Art: Überall tritt das Deutsche hervor in dem Geiste der heutigen höheren Schulen, denen die Pflege jenes (statt: denen dessen -, denen seine Pf.) mehr als je obliegt. (Lit. Wschr. 26). Urbarmachung alles brachen Bodens und stärkste Ausnutzung dieses (statt: und dessen st. A.) (P. Schneider). Er hat den von ihm angerichteten Schaden oder einen Teil dieses (statt: davon) wiedergutzumachen. Auch bei einem Deutschforscher wirkt es befremdend: Man versteht den Vorzug, den wienerisch und kölnisch genießen; bei jedem dieser (statt: bei beiden) steht im Hintergrunde eine berühmte, gefeierte Stadt. Nur formelhaft ist üblich Vorzeiger, Überbringer dieses. § 97. Oft macht es den Eindruck, als ob man nichts mehr wüßte von dem Hauptdienste von jener und dieser, mit jener auf räumlich oder zeit-lich Entfernteres oder früher Genanntes, mit dieser auf das räumlich oder zeitlich Näherliegende oder das Zuletztgenannte hinzuweisen: Italien und Frühling sind nicht dieselben Begriffe, und jenes schließt diesen nicht in sich hat z. B. klar und schön eine Frau (E. Förster) geschrieben. Heute meinen die Männer der Feder dafür meist die häßlichen ersterer und letz-terer nötig zu haben: Als die aufgebotenen Mannschaften den Wald durch-suchten, bekamen sie wenigstens noch zwei der Wilderer in ihre Ge-walt, den tollen Steffen samt einem noch nicht bekannten Genossen, letzteren ohne jede Gegenwehr, ersteren erst, nachdem er schwer ver-wundet worden. Wäre da diesen ohne Gegenwehr, jenen erst ... nicht ebenso klar und zugleich gefälliger? Dabei ist noch zuzugeben, daß hier die beiden Wörter, die als Komparative nur am Platze sind, wo es sich um die Auswahl zwischen zweien handelt, wenigstens insofern richtig an-gewandt sind. Also sind solche Sätze noch schlimmer, wo diese Komparative statt erste oder letzte stehn, also auf einen von mehr als zwei Gegen-ständen gehn, wie bei Chiavacci: Dort lagen die Hühner- (1) und Gänse-leichen (2), sowie die irdischen Reste von Kälbern (3) und Schweinen (4), letztere waren schon in Wurstform verpuppt, oder wo gar das schwer-fällige letztere in Beziehung auf ein einziges in Frage kommendes Haupt-wort für ein einfaches hinweisendes oder besitzanzeigendes Fürwort ein-tritt: das Blumengärtchen ... stieß durch eine Lücke des Schloßgartens an den schattigsten Teil des letzteren statt an dessen schattigsten Teil (Steinhaufen). Gerade dieser Mißbrauch wird jetzt, besonders in Zeitungen, grenzenlos getrieben. Man höre nur einige Beispiele: Weil der Putz an einigen Stellen des Rathauses abfällt, hat der Rat beschlossen, das letz-tere (statt es) ganz neu abputzen zu lassen. — Der Statthalter und Herr v. H. haben neulich das vom Kaiser jüngst erworbene Gut Urville be-sichtigt, wie verlautet, weil der Kaiser auf letzterem (statt dort) nächstes Frühjahr einige Tage zubringen will. |
Zweifelsfall | |
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Beispiel |
dessen, seine, dieses, davon, beiden, erst, jener, dieser, jenes, ersterer, letzterer, letzteren, ersteren, diesen, jenen, erste, letzte, letztere, dessen, es, letzterem, dort |
Bezugsinstanz | Chiavacci - Vinzenz, Sprachgelehrsamkeit, Förster - Emma, Frau, gegenwärtig, Mann, Schneider - Paul, Steinhausen - Heinrich, Zeitungssprache |
Bewertung |
befremdend, Frequenz/oft, Frequenz/wenig gebräuchlich, hässlich, klar, Missbrauch, richtig, schlimm, schön, schwerfällig |
Intertextueller Bezug |