Friede, Funke, Schade u.ä. Wörter
Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 44 - 45 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Mittelhochdeutsch, 19. Jahrhundert, Alt, Süddeutsch, Gehobene Sprache |
Text |
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Die wenigsten ahnen, wie hundertfache Verschiebungen vorausgegangen sind, ehe vom Stande der mittelhochdeutschen Beugungsweise (um 1200), ja auch nur von dem ums Jahr 1800 der jetzige Zustand gewonnen worden ist. Was Wunder, wenn wir da auch heute noch ähnliche Grenzkämpfe beobachten können? So haben sich die Wörter Friede, Funke, Gedanke, Glaube, Haufe, Name, Same, Schade, Wille diese Formen auf -e bewahrt aus der älteren Zeit, wo viele Dutzend Wörter auf -e nach Gruppe V gingen (balke, boge, galge, garte, nache, schatte), die längst auf -en endigen und nach Gruppe II gehen (Balken, Balkens). Da sie aber im übrigen von der früheren Deklination (nach Gruppe V) abweichend den Genetiv auf -ens, alle anderen Fälle auf -en bilden, so ist es nicht zu tadeln, wenn man, dem rastlosen Streben der Sprache nach Vereinfachung und Ausgleichung nachgebend, einen neben dem Genetiv auf -ens nun wieder regelrecht erscheinenden Nominativ auf -en (Gruppe II) gebraucht, wie es bei allen jenen Wörtern und überdies neben Fels (Gen. Felsens) schon häufig und bei Funken und Schaden fast ausschließlich geschieht. Natürlich nicht in den Wendungen es ist schade, schade daß; denn solch ältere formelhafte Wendungen pflegen ein Wort vor den Veränderungen zu bewahren, denen es in der Verein- $Seite45$ zelung oft ausgesetzt ist; geradeso wie in der Redensart sich zunutze (Nutze) machen diese alte Form zu bewahren ist, da die Wendung älter ist als die neuere Form der Nutzen. Nur bis zum Genetiv auf -ens neben dem regelmäßigen seltneren auf -en, aber zu keinem Nominativ auf -en hat es der Buchstabe (süddeutsch Buchstab) gebracht. Auch der Reif (Reifes), welches die etwas gehobenere Form ist und besonders in Fingerreif oder zur Bezeichnung eines Diadems üblich ist, hat als herrschend daneben die Form der Reifen (des Reifens). |
Zweifelsfall | |
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Beispiel |
Friede, Funke, Gedanke, Glaube, Haufe, Name, Same, Schade, Wille, Reif, Reifes, Buchstabe, Buchstab, Reifens, Fingerreif, Felsens, Funken, Schaden, schade, zunutze, Nutzen |
Bezugsinstanz | 19. Jahrhundert, alt, gehobene Sprache, mittelhochdeutsch, süddeutsch |
Bewertung |
ausgeglichen, regelmäßig, regelrecht, tadellos, vereinfacht |
Intertextueller Bezug |