Der Knabe, als er dies sah, erschrak

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Buch Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs.
Seitenzahlen 389 - 390

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Unsicherheit
Text

Eine andere,im allgemeinen unberechtigte Abweichung von der Regel entsteht dadurch, daß ein Subjekt, auch Objekt und ein Adverbialsatz oder dafür auch ein $Seite 390$ gleichwertiges Mittelwort dem somit an die dritte Stelle rückenden Zeitwort vorantreten. Ein Satz wie bei A. Jäger: Dieser, seinen Sieg benützend, nahm alle Herrschaften in Besitz, oder der andre von noch gewöhnlicherem Typus: Hannibal, da er sich auf die noch nicht völlig unterworfnen Kelten Oberitaliens stützen wollte, wählte den Weg über die Alpen, sind denn auch im allgemeinen gleich verdammenswert, zumal damit in neunzig von hundert Fällen die Eigenart fremder Sprachen, der lateinischen namentlich, weniger nachgeahmt als gedankenlos herübergenommen wird//1 Daß es nicht bloß fremder Einfluß ist, der solche Stellung veranlaßt, erhellt daraus, daß sie oft an Stellen begegnet, wo noch kein Einfluß des Lateins zu fürchten ist, in Grimms Märchen und im Mittelhochdeutschen. Dort heißt es z. B.: Der Jäger, als er ihn erblickte, sprach; der Frosch, als er die Zusage hatte, tauchte unter; und hier bietet H. v. Aue z. B.: Ein riter, der gelêret was, swenne er sine stunde niht baz bewenden kunde ... , tithe ditz maere, oder: Der eilende weise, wand er deheine vreise gefürhten niene künde, mit einem süezen munde so lachte er (!) den abbet an. Hartmann hat jedenfalls auf diese Weise die Zerstückelung vermeiden wollen, die oft sehr hart ist, wenn Subjekt und Zeitwort durch einen Zwischensatz weit von den andern Satzteilen getrennt werden. Als Mittel, den Fehler zu vermeiden, wird angegeben, daß das Subjekt in den Nebensatz hinein zu ziehen und gleich mit diesem zu beginnen sei. Sicher hilft dies Mittel auch in sehr vielen Fällen. Man versuche sich aber damit einmal an dem Satze aus Goethes Lehrjahren: Philine, als sie merkte, daß den beiden Damen in Erwartung ihrer Gäste die Zeit zu lang wurde, schlug vor .... Hier hilft weder dieses Mittel noch auch Heraufnahme von schlug. Vielmehr konnte Goethe nur schreiben, wie er geschrieben hat; nur muß man, um dies zu erkennen, den ganzen vorhergehenden Abschnitt lesen. Dort ist von einem Gastmahle die Rede, von den kommenden Gästen und von der Gräfin und der Baronesse. Da nun eine neue Person auftritt, ist das Bedürfnis vorhanden, diese an erster Stelle einzuführen; gleich gerechtfertigt ist es, daß der Dichter den ihre Haupthandlung hervorrufenden Umstand erst erwähnen will; also blieb nur die Lösung übrig: Subjekt + Adverbialsatz + Prädikat. Diese Stellung ist eben ausnahmsweise berechtigt, wenn von den folgenden drei Gesichtspunkten wenigstens zwei geltend gemacht werden können: Das Subjekt oder die andre vorangestellte Bestimmung widerstrebt, weil sie neu eingeführt wird oder sonst zu wichtig ist, der Hereinziehung in den Nebensatz, oder: der vorangestellte Satzteil und der adverbiale Satz oder Satzteil liegen besonders deutlich als der folgenden Handlung vorausgehend und sie bestimmend vor ihr oder gleichzeitig im Bewußtsein oben auf, oder: es muß sich durch die abweichende Stellung ein bei der regelmäßigen eintretendes Zerhacken der Sätze vermeiden lassen. Das Bedauerliche der Erscheinung und die Häufigkeit der bedauerlichen Erscheinung hat Goethen z. B. auch stellen lassen: Leider viele Dramen sind nur dialogisierte Romane; und wenn er schreibt: Auch er war von einer unüberwindlichen Eifersucht entzündet; auch er, wenn ihn der Wohlanstand nicht zurückgehalten hätte, würde gern seine wilde Laune befriedigt haben, so ist diese Stellung gewählt, weil gefragt wird, was auch er als anders veranlagter Mensch getan haben würde, wie ganz ähnlich bei Zd. v. Kraft: Ich, als ich in diesem Alter war, hätte das nur ausnahmsweise zuwege gebracht. Im Mittelhochdeutschen kommt das Zeitwort besonders dadurch oft an dritte Stelle, daß sich zwischen Vordersatz und Zeitwort ein bestimmender Satzteil einschiebt: Als er dô die armen in solher ungehabe sah, vil nâch weinende sprach der tugendhafte man. Von den Jüngsten hat der Altmeister G. Hauptmann oft solche Stellungen: Dieser, ohne zu zögern und scheinbar mit immer größerer Freude, schenkte ihm Milch; Der Wirt, indem er ein bunt besticktes Käppchen ein wenig von seinem kahlen Schädel hob, sagte, er habe ein briefliches Lebenszeichen erhalten; Der Müller, als er vor Emanuel stand, konnte nicht ganz die richtige Fassung finden; In der Backstube, als der böhmische Josef gegangen war, mußte sich Ruth mit Brot, Butter und Kaffee stärken; und P. Ernst: Die katholische Kirche, als sie dem Selbständigen seine gebührende Stelle geben wollte, konnte nur diese Art Männer herausheben.//.

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Matthias(1929) 389-390.pdf