Daher ist es nicht wünschenswert, daß ein süddeutschen Mundarten eigentümlicher Gebrauch in die Schriftsprache eindringe, alle Erzählungen im Perfekt zu geben, wovon selbst in Uhlands Gedichten manches nachklingt. Wohl aber muß mau den Unterschied zwischen einer Erzählung im Imperfekt und einer im Perfekt aufrecht erhalten wünschen, wie er, freilich nicht überall mehr verstanden, jedoch ausnahmslos z. B. in der Lausitz beobachtet wird. Danach wird eine kürzere Erzählung von Erlebnissen nur dann im Imperfekt gegeben, wenn der Sprechende damit ausdrücken kann und will, daß er sie selbst erlebt, angehört oder angesehen hat; dagegen wählt er das auf eine bloße Mitteilung gehende, jenen Zusammenhang ablehnende Perfekt, wenn er sich als nicht dabei gewesen hinstellen will und muß. Der Leiter einer Zeitung meldet z. B., wenn ihm im Herbst eine frische Apfelblüte auf die Amtsstube gebracht worden ist: Gestern wurde uns vom Gärtner N. ein Zweig mit frischen Apfelblüten überbracht; er wird sich nur freuen, wenn man sich den blühenden Baum ansieht, Hältergasse 27. Seine Frau dagegen, die bei dem Überbringen nicht zugegen gewesen ist, sondern nur durch ihren Mann davon erfahren hat, kann es einer Freundin nur also weiter melden: Denke, gestern hat einer meinem Manne einen blühenden Apfelzweig auf die Expedition gebracht.
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