Die Vorbeugung der Gefahr, Beiwohnung des Gottesdienstes
Buch | Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. |
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Seitenzahlen | 170 - 171 |
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Unsicherheit |
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In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Zeitungssprache |
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | 20. Jahrhundert, Richter - Johann (Jean) Paul Friedrich, Grosse - Carl Friedrich August, Billroth - Theodor, Zschokke - Heinrich, Brachvogel - (?), Gjellerup - Karl, Fichte - Johann Gottlieb, Wille - Bruno, Gegenwärtig, Alt, Behördensprache, Goethe - Johann Wolfgang, Mundart, Norddeutsch, Zeitungssprache, Ehlers - Otto Ehrenfried, Fachsprache (Rechtswissenschaft) |
Behandelter Zweifelfall: | |
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Genannte Bezugsinstanzen: | Junker - Wilhelm, Klinger - Max |
Text |
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Ein häufiger Verstoß in der Einwendung eines Objektsgenetivs neben Substantiven ist seine Verbindung mit Verbalsubstantiven, die zu einem reflexiven oder intransitiven Verbum gehören. Vielmehr gehört er im allgemeinen nur zu solchen, die neben transitiven stehn. Dem Satze wir verehren einen Gott entspricht also mit Recht die Substantivierung unsere Verehrung eines Gottes, und dem anderen: die Strolche beraubten den Reisenden seines Geldes nur die eine: die Beraubung des Reisenden, nicht auch des Geldes. Gar Sätzen wie: wir vertrauen Gott, wir harren ..., wir freuen uns seiner Wiederkunft kann man nur mit Zusammensetzungen (Gottvertrauen) oder mit präpositionalen Attributen in der § 165 besprochenen Weise (Vertrauen auf Gott, Freude auf seine Wiederkunft) gerecht werden. Edle Verstöße gegen diese alleinige Wechselbeziehung zwischen Akkusativobjekt und objektivem Genetiv, die aus älterer Zeit vorliegen, sind entweder nur scheinbar, indem sie auf frühere Akkusativkonstruktionen zurückgehn; sie sind wohl auch einmal durch die Analogie eines in der Bedeutung etwas abweichenden Gebrauchs des nämlichen Zeitwortes oder als scharf auf der Grenze zwischen subjektiven und objektiven Genetiven stehend zu erklären; oder aber sie sind wirkliche Fehler. Auf früherer Akkusativkonstruktion der Worte sich erinnern und gedenken beruht die bei Goethe so häufige Verbindung: die Erinnerung des Vergangenen u. ä. bei Zeitgenossen von ihm: das Erinnern seiner edeln Zwecke, zu deren Nachahmung heute höchstens norddeutsch Mundartliches (ich erinnere ihn = mich seiner) veranlassen könnte//1 Natürlich etwas anderes, kein objektiver Genetiv liegt vor, wenn O. E. Ehlers schreibt: die Tage zählen zu den angenehmsten Erinnerungen meiner indischen Reise: d. h. die mir die indische Reise bietet, die ich von ihr habe//, sowie das Gedächtnis seines Wirkens und solches tut zu meinem Gedächtnis, was wieder mit mancherlei Umbildungen noch üblich ist. Auf entäußern in etwas andrer, jetzt nicht mehr üblicher Bedeutung und Fügung (ein Teil wird entäußert; Fichte) geht die — heute nicht mehr empfehlenswerte — Entäußerung der Hoheit u. ä. zurück, was seiner Bedeutung nach zu sich entäußern gehört; außerdem hat vielleicht das heute in jener Bedeutung eingetretene veräußern mitgewirkt, wie das früher ebenfalls übliche Entsagung aller Politik und Zschokkes Absagung der Welt und des Teufels auf etwas entsagen = verweigern und etwas absagen = aufsagen und auf unbewußter Erinnerung an Versagung beruhen mag. Auf dem Grenzgebiete liegen Ausdrücke wie: Meine Zuhöhrer, der Vorgänger des Kanzlers, die Anhänger des alten Kanzlers, der Vorsitzende des Gerichtshofes, die weniger die mir Zuhörenden, den dem Kanzler vorhergegangenen usw. bezeichnen als die Zuhörer, die ich habe, den Vorgänger, den der Kanzler hat. Wo endlich solche Fügungen nicht sprachlich, sind sie wenigstens geschichtlich begründet, wie die Nachfolge Christi mit mehrfältigen Nachbildungen: Nachfolge Gottes, Nachfolge des kinderlosen Königs. Wo aber jede solche Begründung fehlt, hört auch die Berechtigung auf, ob nun Goethe sagt: Teilnahme der Schicksale, Billroth: im Anschluß der Gedächtnisfeier oder Grosse: die neue $Seite 171$ Aktiengesellschaft, zu deren Beteiligung mehrere Bankhäuser ihre Agenten geschickt hatten, ob Paul Richter fügt: die Beiwohnung einer Session, Br. Wille: Fröner der stumpfen Gewohnheit oder Brachvogel: das Nachgeben meiner verzehrenden Liebe (statt gegen meine verzehrende Liebe). Vor allem liefern hier die Zeitungen ärgerniserregende Mengen von Fehlfügungen: z. B. die Entziehung der Militärpflicht (statt Umgehen derselben oder der Versuch, sich ihr zu entziehen), die zur Huldigung Karls des Großen aufgebotenen Mannen (statt zur Huldigung vor Karl dem Großen oder die Karl dem Großen zu huldigen aufgebotenen Mannen), zur Abhilfe (statt Befriedigung) der dringendsten Bedürfnisse, zur Steuerung (statt Abstellung, Verhinderung) des Unfugs, in Nachachtung des 11. Haager Abkommens (Grenzb. 1916 statt in Beachtung oder Befolgung), die Huldigung des deutschen Kaiserpaares durch die elsässische Bevölkerung (statt: die dem Kaiserpaare dargebrachte Huldigung oder, da es eine Unterschrift war: Die elsässische Bevölkerung huldigt dem ... Kaiserpaare). Auch ein Bürgermeister erließ eine Bekanntmachung zur Vorbeugung einer mißverständlichen Auslegung (statt um einer solchen vorzubeugen), und ein andrer Rechtsbeflissener brachte fertig: in Nachgehung und Nachachtung der Ministerialverordnung, ein wahrer Hohn auf die Muttersprache gegenüber dem einfachen der Verordnung gemäß. Falsch ist auch Unterricht des Griechischen (Tägl. R. statt im Griechischen), Übergang des Balkans (statt über den Balkan), da das transitive übergehen soviel als nicht beachten bedeutet; ebenso auch Junkers Übersetzung des Djur(flusses), da Übersetzung ebenfalls zu dem etwas ganz anderes bedeutenden übersetzen gehört, und Gjellerups neuer Bewerber des Priestertums (statt: um das Priestertum). |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | alt, Goethe - Johann Wolfgang, Mundart, norddeutsch, Ehlers - Otto Ehrenfried, Fichte - Johann Gottlieb, alt, Zschokke - Heinrich, gegenwärtig, Billroth - Theodor, Grosse - Carl Friedrich August, Wille - Bruno, Brachvogel - (?), Richter - Johann (Jean) Paul Friedrich, Zeitungssprache, 20. Jahrhundert, Behördensprache, Fachsprache (Rechtswissenschaft), Gjellerup - Karl |
Bewertung |
nicht mehr empfehlenswerte, Frequenz/übliche, geschichtlich begründet, hört auch die Berechtigung auf, Frequenz/ärgerniserregende Mengen, Fehlfügungen, |
Intertextueller Bezug |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | Zeitungssprache |
Bewertung |
Frequenz/ärgerniserregende Mengen, Fehlfügungen |
Intertextueller Bezug |
Zweifelsfall | |
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Beispiel | |
Bezugsinstanz | Junker - Wilhelm, Klinger - Max |
Bewertung |
Auf dem Grenzgebiet liegen Ausdrücke wie, einfachen, Falsch, Frequenz/häufige, Frequenz/nicht mehr üblicher, Frequenz/noch üblich, mit Recht, nicht, nicht sprachlich begründet, Verstöße, wahrer Hohn auf die Muttersprache, wirkliche Fehler, zu erklären |
Intertextueller Bezug |