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Z
In der Weise, daß zwei Verneinungen sich nicht aufheben, sondern verstärken, sind sie also heute nur noch dem Volke zuzugestehn und dem Schriftsteller insoweit, als er seine Sprache volkstümlich färben will. So sagt jenes: ''Es war kein Mensch nicht zu Hause'', und ebenso ein Soldat Wallensteins bei Schiller: ''Das disputiert ihm niemand nicht, und Wallenstein selbst zum Gefreiten in dessen Art: Alles ist Partei und nirgends kein''//1 Daß neben ''kein'' eine zweite (nicht aufhebende) Verneinung noch heute weniger störend empfunden wird als zwei andere zusammentreffende Verneinungen, ist gewiß ein geschichtlicher Nachhall davon, daß ''kein'' einst ebensogut für älteres ''nichein'' = ''nicht einer'' oder ''keiner'' als für älteres ''dechein'' = (''irgend'') ''einer'' stand. So sind denn auch heute Sätze, in denen ''kein'' vorausgeht, gar nicht so schlimm, so z. B. die Lessings: ''Die Franzosen haben noch heute kein Theater, kein tragisches gewiß nicht. Sind das die Leute, mit denen man etwas Streitiges beweist? Keine Besseren wissen sie nicht?''// ''Dichter''. Nur in einem Falle gebührt die doppelte Verneinung auch der Schriftsprache, wenn es nämlich gilt, das gleich verneinende Verhalten an verschiedenen Stellen, die in der Verneinung zusammenwirken, auch besonders zum Ausdruck zu bringen, soll anders nicht die Kraft der Verneinung abgeschwächt $Seite 409$ werden. Hier berührt sich sogar die Poesie mit der Prosa. In jener schildert z. B. Goethe die Meeresstille durch den Vers: ''Keine Luft von keiner Seite'', Eichendorff die menschliche Pilgerschaft hienieden: ''Wir haben wohl hienieden kein Haus an keinem Ort''; und in Richard Beer-Hofmanns Schlaflied der Mirjam (1897) steht: ''Keiner kann keinem Gefährte hier sein, Keiner kann keinem Erbe hier sein''. In Prosa sagt z. B. Karl Moor: ''Es ist kein Haar an keinem unter euch, das nicht in die Hölle fährt'', und wie matt der Gedanke durch Ausmerzung der einen Verneinung wird, kann man hier fühlen, wenn man in der dritten Auflage die Schlimmbesserung liest: ''Es ist kein Haar an einem unter euch''. In der mustergültigen Prosa seines Dreißigjährigen Krieges läßt Schiller die meuternden Soldaten ihre Gründe also darlegen: ''In Schnee und Eis treibe man sie hinaus, und nirgends kein Dank für diese unendliche Arbeit''. Und wie Hölderlin im „Hyperion" schreiben konnte: ''Da vermißte keiner nichts''; E. M. Arndt: ''Dieser Mann werde nie von keinem tapferen Preußen vergessen''; O. Ludwig: ''Sah auch keinen Trost von keiner Seite'', und W. Raabe: ''Es ist das Merkwürdige im Orient, daß hiefür niemand zu keiner Zeit sicher ist'', so auch zwei Zeitungspolitiker, ein recht alter und ein neuerer: ''Wir haben darüber noch kein Sterbenswörtchen in keiner Zeitung des Nationalvereins gefunden'', und: ''Hier ist kein Druck von keiner Seite zu befürchten''.  
Den dritten Fall, in welchem dem Gesetze der Apposition gegenüber größere Freiheit gestattet ist, stellen die Erläuterungen dar, die zusammenfassend oder einteilend zu mehreren Hauptwörtern gemeinsam oder doch zu einem Begriffe in der Mehrzahl gemacht werden. Sie haben sich wohl von den zusammenfassenden Formen ''alles'' und ''beides'' aus, die man, nur als Nominative (oder Akkusative) zu hören gewohnt, eben deshalb natürlich mit einem Nominative verband, erst weiter ausgedehnt, sind aber ganz natürlich, da sie der einteilende oder zusammenfassende Begriff viel mehr noch//3 Dieses Hervorgehen des Beisatzes aus dem Satze betont auch Paul, Prinzipien (S. 121).// als — freilich verkürzte — Sätze mit besonderem Subjekte denn als schon ganz eingeordnete Satzteile (Appositionen) empfinden läßt. ''Ich war mit'' $Seite 236$ ''weißen, weitfaltigen Beinkleidern und langem ... Kaftan, beides aus dem leichtesten ... Zeuge, bekleidet'' (Junker); ''die einzige Textesüberlieferung des Erek, der Gudrun und des Biterolf, alles hervorragende Denkmäler der höchsten Kunstblüte des Mittelhochdeutschen'' (H. Rückert). Ebenso richtig hieß es in der Tgl. R.: ''Der Thronerbe mit drei seiner Vettern, sämtlich allerliebste Bürschlein von 7—9 Jahren'', und selbst: ''Deutschland ist durch 21 Abgeordnete vertreten, darunter Schröder als Vorsitzender''; bei G. Keller: ''Sie sahen zwei junge Herren mit hohen Hüten daherkommen, jeder mit einer hübschen jungen Dame am Arme'', und: ''Mit vorweltlichen Parasols und wunderbar geformten Ridikuls, der eine einem Stern gleich, der andre einem Monde, der dritte ein Mittelding zwischen Husarentasche und Lyra''; bei der Ebner-E.: ''Hopp murmelt ein halbes Dutzend Flüche, einer gotteslästerlicher als der andere''; nicht minder bei zwei Jüngsten: ''wie in einem Spiegel, der zu Perlen zerrann, doch jede Perle Spiegel noch'' (Chr. Morgenstern); und: ''mit ein paar Kameraden, darunter ein prächtiger alter Major'' (W. Flex).  +
Auch für Mitteilungen, die außer allem Zusammenhange über ein vergangenes Ereignis gemacht werden, muß das Perfekt das natürliche bleiben; am allermeisten, wenn sie gegenüber warme Anteilnahme verratenden Sätzen ringsum nur eine geschäftliche oder gelegentliche Anmerkung enthalten. Geradezu aufdringlich wirkt z. B. das Imperfekt in der folgenden Stelle eines Reisehandbuchs: ''Eine ungeheuer majestätische Gebirgswelt öffnet sich hier oben unsern Blicken; eine interessante ausführliche Beschreibung der Rundsicht vom Säntis arbeitete Herr Mechaniker T. aus; sie erstreckt sich weit über Voralberg, Tirol und viele Kantone der Schweiz''. Überhaupt ist uns das Imperfekt zur Bezeichnung eines einfach $Seite 358$ als abgeschlossen hingestellten Vorganges um so anstößiger, je weniger die Tatsache danach ist, daß wir durch die Wahl dieser Zeit dazu aufgefordert werden könnten, uns in ihr Werden, ihre Ausführung hineinzuversetzen. Darum ärgern wir uns mit Recht über ein so aufdringliches Imperfekt der Kaufleute, die melden: ''Ich empfing heut eine frische Sendung Seefische, — erhielt wieder eine große Sendung billigster Ausschußwaren; — verlegte mein Geschäft nach No. X.'' — Dasselbe gilt von den Fällen, in denen die Möglichkeit, Gelegenheit und Absicht der Teilnahme fehlt, ganz gleich, ob eine kurze Zeitangabe dabei steht oder nicht. Man fragt einen Bekannten so gut: ''Weißt du schon, Stadtrat X ist gestorben'', wie in der Tgl. R. berichtet wurde: ''O. v. Redwitz ist am Dienstag in der Heilanstalt Gilgenberg bei Bayreuth gestorben''. Die Todesanzeigen dagegen, die die Angehörigen eines Verschiedenen einrücken lassen, enthalten immer das Imperfekt, weil jene das Leiden mit angesehn, das Sterben mit erlebt haben: ''Gestern abend, am 10. Juli, verschied'' usw. Ein ähnliches Gefühl der Teilnahme läßt durch den, der die Geburt eines Kindes anzeigt, das Imperfekt wählen: ''Durch die Geburt eines gesunden Knaben wurden hocherfreut'' usw. Wenn dagegen bei einem Verleger ein Buch das Licht der Welt erblickt, zu dem er gewöhnlich nicht viel zugetan hat, wäre es schon richtiger, wenn er anzeigte: ''Soeben ist erschienen, in demselben Verlage sind erschienen''..., statt: ''Von J. Wolff erschien in demselben Verlage auch'' ....  
Bei ''zwischen'' ist es besonders die Wiederholung dieses Wortes vor den abhängigen zwei Dingen oder den zwei Teilen einer Vielheit, die gerügt werden muß, da das Wort noch seiner Herkunft von ''zwei'' schon die Zweiheit, den Zwiespalt bezeichnet. Der Zeitungssatz: ''Zwischen der Großindustrie und zwischen den Arbeitern stehn die kleinen Meister in der Mitte'', leidet also an Überfluß; und das Muster ist hier immer noch ein solcher Lutherscher Satz: ''Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe und zwischen deinem Samen und ihrem Samen'', höchstens bei weiterer Auseinanderrückung der zwei Glieder mag der Deutlichkeit wegen die Wiederholung von ''zwischen'' gestattet sein.  +
a
Zuerst verdrängte sie die, wenn nötig, auch unsrer Sprache zu Gebote stehende Möglichkeit, einen Satz zur Hervorhebung eines Teiles zweigliedrig zu gestalten; nur setzt der Deutsche den betonten Satzteil im Hauptsatze weit überwiegend in den Nominativ und nimmt ihn im Nebensatz durch seiner Fügung entsprechende relative Für- oder Umstandswörter auf, zu denen nach Zeitbestimmungen auch ''als'' gehört. Schon im Märchen heißt es: ''Sollte es wohl die Türe sein, was mich so drückt?'' übrigens mit einem feinsinnigen, auf ''es'' zurückgehenden Neutrum, das denn ganz richtig Schiller in den geschichtlichen Schriften immer anwendet und auch ein Germanist z. B. in der Weise beibehalten hat: ''(So) kann (es) nur die Vorstellung des noch zu sprechenden Lautes sein, was auf den vorhergehenden einwirkt''. Sonst ist bei Personen durchweg, bei Gegenständen überwiegend das Geschlecht des hervorgeho- $Seite 428$ benen Hauptwortes auch für das Relativ maßgebend. Echt deutsch ist auch der Satz Pauls: ''Der Verkehr ist es allein, wodurch die Sprache des Inviduums erzeugt wird'', und der Moltkes: ''Es sind vergangene Zeiten, als für dynastische Zwecke kleine Heere von Berufssoldaten ins Feld zogen''. b) Französische Manier dagegen ist es zu sagen: ''So verdunkelte die Geschichte bisher die breite Grundlage der großen Massen, und doch ist es in ihnen, daß'' (statt ''sind sie es, in denen'') ''des Schaffens Kräfte keimen''; oder wie Hesekiel: ''Es war nicht mit Besorgnis, daß'' (statt ''Besorgnis war es nicht, womit'') ''sie die bleiche Stirn betrachtete'', und Wildenbruch selbst in der Dichtung oft wie in „König Heinrich“: ''War das heut Abend, daß der Bauer von drüben kam?'' Bloßer Ersatz des Bindewortes daß durch das in Klammern beigegebene Relativ ohne Veränderung des Adverbiales im Hauptsatze hätte z. B. noch in folgenden Sätzen geholfen: ''In diesen schönen Stunden war es, daß'' (''wo'' oder ''als'') ''das Herz sich freier aufschloß''. ''Es war im J. 1782, daß'' (''als, wo'') ''er diese Inschrift dichtete''. So gibt es denn statt solcher allemal fehlerhaften Sätze: ''in dieser Zeit war es, daß ich die Bekanntschaft eines jungen Mannes machte'', je nach der Färbung der Stelle zur Auswahl die beiden Fügungen: ''das war die Zeit, in der ich oder in dieser Zeit war es, wo (als) ich''. c) Nicht minder schlimm als die Einschmuggelung auch äußerlich als fremd kenntlichen Sprachgutes ist es, daß die Beliebtheit der halbverstandenen fremden Wendung entgegen der haushältischen Art unsrer Sprache zu solch gespreizten Hervorhebungen verführt, auch wenn wir nach deutscher Art ohne solche Satzteilungen dasselbe erreichen. Oder klingt es nicht natürlicher: ''Recht spät kommt ihr in der Tat'', als: ''Es ist in der Tat recht spät, daß ihr kommt''? ''Schon zu lange verweilen wir uns hier'', als: ''Es ist schon zu lange, daß wir uns hier verweilen''? Was anders als Eintönigkeit kommt heraus, wenn z. B. im Ausland innerhalb zwölf kleiner Spaltzeilen die Satzteilung, wenn auch der Form nach richtig, dreimal wiederkehrt? ''Solche Züchter waren es, von denen Darwin die ersten grundlegenden Tatsachen ... holte. Der Bergbau war es, von dem sie ausging. Das sächsische Erzgebirge war es, wo sich die historische Heranbildung ... vollzog''. Endlich trägt die Formel auch insofern dazu bei, den Stil eintönig zu machen, als mit ihr ein weniges ''es ist, es war'' an Stelle mannigfachster Zeitwörter und Wendungen des Deutschen eindringt, wo an eine solche Satzteilung allein der Hervorhebung wegen gar nicht zu denken wäre, wenn sie nicht ihr geborgtes Gewand zur Modesache gemacht hätte. Ohne solchen Einfluß hätte schon Goethe nicht geschrieben: ''Es ist'' (sondern ''es geschieht'') ''nur um deinetwillen, daß ich es leide''; ebensowenig eine Zeitung: ''es ist aus dem höchsten Gefühl der Achtung für den Prinz-Gemahl'' (statt ''es entspringt ihm od. m. a.''), ''daß die äußere Trauer so allgemein angelegt wird''.  
b
Französische Manier dagegen ist es zu sagen: ''So verdunkelte die Geschichte bisher die breite Grundlage der großen Massen, und doch ist es in ihnen, daß'' (''statt sind sie es, in denen'') ''des Schaffens Kräfte keimen''; oder wie Hesekiel: ''ES war nicht mit Besorgnis, daß'' (''statt Besorgnis war es nicht, womit'') ''sie die bleiche Stirn betrachtete'', und Wildenbruch selbst in der Dichtung oft wie in „König Heinrich“: ''War das heut Abend, daß der Bauer von drüben kam?'' Bloßer Ersatz des Bindewortes ''daß'' durch das in Klammern beigegebene Relativ ohne Veränderung des Adverbiales im Hauptsatze hätte z. B. noch in folgenden Sätzen geholfen: ''In diesen schönen Stunden war es, daß'' (''wo'' oder ''als'') ''das Herz sich freier aufschloß. Es war im J. 1782, daß'' (''als, wo'') ''er diese Inschrift dichtete.'' So gibt es denn statt solcher allemal fehlerhaften Sätze: ''in dieser Zeit war es, daß ich die Bekanntschaft eines jungen Mannes machte'', je nach der Färbung der Stelle zur Auswahl die beiden Fügungen: ''das war die Zeit, in der ich oder in dieser Zeit war es, wo'' (''als'') ''ich.''  +
c
Nicht minder schlimm als die Einschmuggelung auch äußerlich als fremd kenntlichen Sprachgutes ist es, daß die Beliebtheit der halbverstandenen fremden Wendung entgegen der haushältischen Art unsrer Sprache zu solch gespreizten Hervorhebungen verführt, auch wenn wir nach deutscher Art ohne solche Satzteilungen dasselbe erreichen. Oder klingt es nicht natürlicher: ''Recht spät kommt ihr in der Tat'', als: ''Es ist in der Tat recht spät, daß ihr kommt''? ''Schon zu lange verweilen wir uns hier'', als: ''Es ist schon zu lange, daß wir uns hier verweilen''? Was anders als Eintönigkeit kommt heraus, wenn z. B. im Ausland innerhalb zwölf kleiner Spaltzeilen die Satzteilung, wenn auch der Form nach richtig, dreimal wiederkehrt? ''Solche Züchter waren es, von denen Darwin die ersten grundlegenden Tatsachen ... holte. Der Bergbau war es, von dem sie ausging. Das sächsische Erzgebirge war es, wo sich die historische Heranbildung ... vollzog.'' Endlich trägt die Formel auch insofern dazu bei, den Stil eintönig zu machen, als mit ihr ein weniges ''es ist'', ''es war'' an Stelle mannigfachster Zeitwörter und Wendungen des Deutschen eindringt, wo an eine solche Satzteilung allein der Hervorhebung wegen gar nicht zu denken wäre, wenn sie nicht ihr geborgtes Gewand zur Modesache gemacht hätte. Ohne solchen Einfluß hätte schon Goethe nicht geschrieben: ''Es ist'' (sondern ''es geschieht'') ''nur um deinetwillen, daß ich es leide''; ebensowenig eine Zeitung: ''es ist aus dem höchsten Gefühl der Achtung für den Prinz-Gemahl'' (statt ''es entspringt ihm'' od. m. a.), ''daß die äußere Trauer so allgemein angelegt wird.''  +
d
Es find ja aber nicht bloß die Fürwörter ''er'' und ''dieser'' (oder ''der''), die durch den unsinnigen Mißbrauch verdrängt und vermengt werden: er wollte sagen ''derselbe'' frißt noch weiter, viel weiter. In der lebendigen Sprache haben wir die leichten, zierlichen Adverbia: ''darin, daraus, daran, darauf, dabei, davor, dahinter, damit, darum, dafür, dazwischen'' usw.; jeder braucht sie hundertmal des Tags. Aber sowie einer die Feder ergreift — wehe den armen! Dann heißt es: ''in demselben, aus demselben, an demselben, auf demselben, mit demselben, bei demselben, zwischen denselben'' usw. — auch in dieser Gestalt storcht das langbeinige Ungetüm überall durch unsre Schriftsprache. ''Das Denkmal will alles Prunkvolle vermeiden, nur das allgemein Menschliche soll in demselben'' (''darin''!) ''betont werden — die Geistlichen hatten ihren eignen Predigtstuhl und in demselben'' (''darin''!) ''jeder seinen bestimmten Platz — so sehr ich in diesem Punkte mit dem Verfasser einverstanden bin, so entschieden muß ich die Forderungen bekämpfen, die er aus demselben'' (''daraus''!) ''ableitet — sie betrachteten sich als die alleinigen Eigentümer des Landes und gestanden andern keinen Anteil an demselben'' (''daran''!) ''zu — obgleich durch den Regen der Abmarsch des Festzuges verspätet und die Beteiligung an demselben'' (''daran''!) ''beeinträchtigt wurde — im Jahre 1560 wurde der Turm erhöht und eine Wohnung auf demselben'' $Seite 228$ (''daraus''!) ''erbaut — die Wiesen waren wieder getrocknet, Und bald entwickelte sich auf denselben'' (''darauf''!) ''ein üppiger Graswuchs — 1890 reichte die Zahl an den Durchschnitt hinan, 1900 blieb sie hinter demselben'' (''dahinter''!) ''zurück — der Boden war überall von so wunderbarer Beschaffenheit, daß sich kaum die fruchtbarsten Gegenden Deutschlands mit demselben'' (''damit''!) ''vergleichen ließen — der Holzbau ist ein viel zu überwundner Standpunkt, als daß es der Mühe lohnte, sich in der Praxis mit demselben'' (''damit''!) ''zu befassen — die Erziehung des Knaben ruhte ausschließlich in den Händen der Mutter, da sich der Vater, der sich viel auf Reisen befand, nicht um dieselbe'' (''darum''!) ''kümmern konnte — hier bedarf es des Glaubens an die gute Sache und der Begeisterung für dieselbe'' (''dafür!'') — ''keinem kann dieses Studium erlassen werden, wohl aber bereitet sich für dasselbe'' (''dafür''!) ''ein neuer Maßstab vor — dieser Gedanke wurde am Mainzer Hofe lebhaft erwogen, der Kurfürst war ganz von demselben'' (''davon''!) ''erfüllt — die Fürstin wünschte lebhaft, das Bild zu besitzen, aber Angelika konnte sich von demselben'' (''davon''!) ''nicht trennen — in der Mitte des Schrankes hängt ein mächtiges, reich verziertes Schwert, neben demselben'' (''daneben''!) ''rechts und links zwei kleinere Schwerter — in diesen Graben fließt eine bedeutende Wassermenge, deshalb ist auch ein Steg über denselben'' (''darüber''!) ''gelegt — die Presse ist noch nicht einig, ob sie den Vorfall bedauern oder sich über denselben'' (''darüber''!) ''freuen soll — das Partizip steht hier absolut, ein Komma hinter demselben'' (''dahinter''!) ''würde nur irre führen'' usw. Anders wird gar nicht geschrieben. Nach einem weit verbreiteten Aberglauben sollen sich die Adverbia ''darin, darauf, dafür'' usw. immer nur auf eine Handlung, ein Zeitwort, einen ganzen Satz, aber nie auf ein Hauptwort beziehen können. Es sei also zwar richtig, zu antworten: ''ich kann mich nicht darauf besinnen'' — wenn gefragt worden sei: ''besinnst du dich, was du mir damals versprochen hast?'' aber nicht wenn die Frage gelautet habe: ''besinnst du dich'' $Seite 229$ ''auf den Ausdruck, den du damals gebraucht hast?'' Die angeführten Beispiele zeigen diesen Aberglauben in seiner ganzen Lächerlichkeit. Die lebendige Sprache setzt die Adverbia überall statt der Präposition in Verbindung mit einem persönlichen Fürwort. Nur auf Personen können sie sich nicht beziehen, da muß das persönliche Fürwort stehen. Es gibt zwar Fälle, wo das Adverb auch bei Sachen etwas ungewöhnlich klingt, z. B.: ''wer die hiesigen Universitätsverhältnisse und mein Verhalten dazu nicht kennt''; aber das liegt nur daran, daß uns das dumme ''derselbe'' so oft vor die Augen gebracht wird, daß uns schließlich das einfache und natürliche befremdet. Und was hindert denn, auch hier das persönliche Fürwort zu gebrauchen? Warum sagt man nicht: ''die hiesigen Universitätsverhältnisse und mein Verhalten zu ihnen''? Bei ''ohne'' scheint sowieso nichts andres übrig zu bleiben, denn ein Adverb ''darohne'' gibt es nicht, obwohl man es zu bilden versucht hat. Auch bei dem Neutrum es entsteht eine Schwierigkeit. ''Sie wollte sich durch das Geld Vorteile verschaffen, auf die sie ohne dasselbe nicht rechnen konnte'' — hier ist doch wohl ''dasselbe'' ganz unvermeidlich? Soll man schreiben: ''ohne es''? Jakob Grimm hätte es getan, er schrieb so, ''er wollte, daß es nicht anders behandelt würde als ihn und sie'', und einige sind ihm darin gefolgt. Es klingt aber doch seltsam, denn es ist gewöhnlich tonlos, und hier müßte es betont werden. Gibt es denn aber wirklich keinen Ersatz für das fehlende ''darohne''? Gewiß gibt es einen, und er heißt — ''sonst''! ''Sie wollte sich durch das Geld Vorteile verschaffen, auf die sie sonst nicht rechnen konnte''. Das ist gutes Deutsch. Bisweilen erscheinen in einem Satze zwei gleichklingende persönliche Fürwörter unmittelbar hintereinander, z. B. sie als Femininum und als Plural: ''Handlungen dieser Art suchte die Gewerbeordnung zu unterdrücken, indem sie sie verbot''. Etwas schrecklicheres ist ja für die Augen des Papiermenschen gar nicht denkbar. Da muß es doch unbedingt heißen: ''indem sie dieselben verbot''? Nein, auch da nicht, denn man spricht nicht so, man spricht frischweg ''sie sie'', und was gesprochen $Seite 230$ und gehört nicht mißfällt, ja nicht einmal auffällt, kann doch auch geschrieben oder gedruckt keinen Anstoß erregen! Wenn sich in einer Schulklasse die Mädchen gezankt haben, zwei einer dritten ein Buch weggenommen haben, der Lehrer Frieden stiftet und dann fragt: ''habt ihr ihr ihr Buch wiedergegeben''? so ist das doch noch viel „schlimmer." Aber wird der Lehrer deshalb fragen: ''habt ihr derselben ihr Buch wiedergegeben''? Der abhängige Genitiv endlich (''desselben'' und ''derselben'') kann überall durch ''sein'' und ''ihr'' ersetzt werden, denn daß diese Fürwörter nur im reflexiven Sinne gebraucht werden konnten, ist doch auch nur Aberglaube.//* Beim Übersetzen aus dem Lateinischen z. B. sollte streng darauf gehalten werden, daß kein ''ejus'' und ''eorum'' mit ''desselben'' und ''derselben'' übersetzt werde.// ''Als die Kaiserin das Schloß besichtigt und die Schönheit desselben bewundert hatte'' — warum nicht: ''seine Schönheit''? ''Die Sammlung ist so zeitgemäß, daß zur Rechtfertigung derselben kein Wort zu verlieren ist'' — warum nicht: ''zu ihrer Rechtfertigung''? ''Freilich würden einige Geschäfte dann eingehen, da die ganze Bedeutung derselben darin beruht'' usw. — warum nicht: ''ihre ganze Bedeutung''? ''Auch wer sich tief in die Eigentümlichkeiten der spanischen Dichtung versenkt hat und von der lebhaften Bewunderung für die Vorzüge derselben durchdrungen ist'' — warum nicht: ''für ihre Vorzüge''? Wo eine Verwechslung, ein Mißverständnis entstehen könnte, da schreibe man ''dessen'' und ''deren'', z. B.: ''es muß dem Biographen nachgerühmt werden, daß er bei aller Liebe zu seinem Helden doch nicht blind für dessen Schwächen ist''. Aber nur nicht ''desselben''! In den allermeisten Fällen aber man achte nur darauf und versuche es! — kann man den Genitiv einfach streichen, ohne daß der Gedanke auch nur im geringsten an Deutlichkeit verlöre. ''Nicht auf den Stoff kommt es an, sondern auf die Behandlung desselben — über die Aufgaben waren alle einig, nur schlugen sie zur Lösung derselben verschiedne Wege ein — die Erklärung des Parteitags fand so viel Beifall,'' $Seite 231$ ''daß sich die Führer desselben ermutigt sahen — Gregor klagte, daß sie die Kirche zerstört und das Material derselben zum Bau ihrer Häuser verwendet hätten — zu den Unregelmäßigkeiten in der äußern Anlage unsrer Dörfer kommt noch die Unregelmäßigkeit im innern Aufbau derselben — ich habe die Fachausdrücke des Deutschen und des Französischen miteinander verglichen und habe gefunden, daß die Mehrzahl derselben übereinstimmt — nachdem die Gäste das Gasthaus verlassen hatten und die Wirtin desselben die Tür verschlossen hatte'' — man streiche überall ''desselben'' und ''derselben'': ist irgendwo ein Mißverständnis möglich? ''Der Kaiser unternahm heute einen längern Spazierritt und erledigte nach der Rückkehr von demselben Regierungsgeschäfte.'' Ja, wovon soll er denn sonst zurückgekehrt sein, als von — ''demselben''?  
Noch in anderm Sinne als ''derselbe'' ist das schöne Kanzleiwort ''derjenige'' ein Papierpronomen: es ist eigens für die Papiersprache erfunden worden. ''Derjenige'' ist im sechzehnten Jahrhundert aus einem vorhergegangnen ''der jene'' entstanden, wie ''derselbige'', das jetzt zum Glück wieder verschwunden ist, aus ''der selbe''. Es hat keinen andern Zweck und keine andre Aufgabe, als das betonte, lange der der lebendigen Sprache, das determinative Fürwort, das vor Relativsätzen und vor abhängigen Genitiven steht, auf dem Papier zu ersetzen. Den Ton und die Länge kann man ja weder schreiben noch drucken, wenigstens ist es nicht üblich, ''der oder der zu schreiben''//* Es ist auch nich nötig; spricht und betont doch jeder richtig ''derartig, dermaßen, dergestalt'' usw.//; also hilft man sich, so gut man kann. Der eine läßt das ''der'' sperren (wie auch ''ein'', wenn es so viel heißen soll wie ''ein einziger''), ein andrer greift zu ''jener'', wie es in Österreich beliebt ist, in der Regel aber schreibt und druckt man ''derjenige''. Wenn man spricht, sagt man zwar: ''als er endlich den Weg einschlug, der zum Ziele führen mußte''; aber drucken läßt $Seite 232$ man: ''als er endlich denjenigen Weg einschlug, welcher zum Ziele führen mußte''. Wenn aber nun ''derjenige'' allein steht, ohne Hauptwort hinter sich, z. B.: ''selbst diejenigen, welche die Schaffung eines allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches nicht ganz ablehnten — kein Scharfsinn hätte eine bessere Lösung finden können, als diejenige, welche die Verhältnisse zuletzt aufzwangen — die größten Menschen sind diejenigen, welche die Kultur einer eben dahinsinkenden Epoche noch einmal zusammenfassend verkörpern'' — da ist es doch wohl ganz unentbehrlich? Nun, in der lebendigen Sprache sagt man getrost: ''selbst die, die die Schaffung eines Gesetzbuches nicht ganz ablehnten — eine bessere Lösung, als die, die die Verhältnisse zuletzt aufzwangen''. Aber das ist ja wieder das Schreckgespenst des Papiermenschen: nicht zwei-, nein dreimal hintereinander dasselbe Wort! — Wirklich? dasselbe Wort? Dreimal hintereinander dieselben drei Buchstaben: ''d—i—e'': aber wer seine Ohren aufmacht, der hört doch drei verschiedne Wörter: ''dieh, die di'' — drei Wörter von ganz verschiedner Länge, und hinter dem ersten eine Pause. Das ist ja wie Musik, es hüpft und springt ja förmlich. Nun höre man dagegen dieses Schleppen und Schleichen und Schlurfen: ''diejenigen, welche die''!//* Bei einer Leichenfeier in der Universitätskirche in Leipzig sagte der Prediger, ein bedeutender Kanzelredner, in der gehobensten und feierlichsten Sprache: ''selbst die, die die wissenschaftliche Bedeutung des Mannes nicht zu beurteilen wußten'' usw. Ich bin fest überzeugt, daß außer mir kein Mensch die drei ''die'' gehört hat, obwohl Hunderte von Menschen in der Kirche waren. Mir waren sie ein Labsal, weil sie Natur sind. Ob sie auch gedruckt worden sind, weiß ich nicht.// Nun vollends, daß in der lebendigen Sprache in tausend und aber tausend Fällen statt ''derjenige, welcher'' einfach ''wer'' gesagt wird — also drei Laute statt sechs Silben! —, das ist dem Papiermenschen völlig unbekannt. Er schreibt: ''diejenigen, welche die Absicht haben, Adjuvanten zu werden, lassen sich als Anwärter einschreiben''. Ja er wäre imstande, das Sprichwort: ''wer Pech angreift, besudelt sich'' — oder den Kinderspruch: $Seite 233$ ''wer meine Gans gestohlen hat, der ist ein Dieb'' — oder den Goethischen Vers: ''nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide'' — zu verwandeln in: ''derjenige, welcher Pech angreift — derjenige, welcher meine Gans gestohlen hat - nur derjenige, welcher die Sehnsucht kennt'' usw. Leider liegt hier einmal der Fall vor, daß eine Erscheinung der Papiersprache sogar in die lebendige Sprache eingedrungen ist, was gewiß selten geschieht. Aktenmenschen und Gewohnheitsredner bringen es fertig, in Sitzungen und Verhandlungen in einer Stunde dreißigmal ''derjenige, welcher'' zu sagen. Selbst in der Unterhaltung der „Gebildeten" kann mans hören; sie haben es eben gar zu oft in ihrer Zeitung gelesen. Aber die lebendige Sprache des Volks kennt es nicht: wenn es der Mann aus dem Volke in den Mund nimmt, so tut er es höchstens, um sich darüber lustig zu machen, er spricht es gleichsam mit Gänsefüßchen. ''Also du bist derjenige, welcher''? fragt er höhnisch — na warte, Bursche! Oder er sagt: ''fällt mir gar nicht ein; wenn ein Unglück passiert, dann bin ich derjenige, welcher'' (nämlich: ''blechen muß''), und zitiert damit gleichsam das Gesetzbuch oder die Polizeiverordnungen, worin er die beiden Papierwörter auf jeder Seite gelesen hat.  
Zu den entsetzlichsten Erscheinungen unsrer Schriftsprache gehört der alles Maß übersteigende Mißbrauch, der mit dem Fürwort ''derselbe, dieselbe, dasselbe'' getrieben wird. An der Unnatur und Steifbeinigkeit unsers ganzen schriftlichen Ausdrucks trägt dieses Wort die Hälfte aller Schuld. Könnte man unsrer Schriftsprache diesen Bleiklumpen abnehmen, schon dadurch allein würde sie Flügel zu bekommen scheinen. Der Mißbrauch dieses Fürworts gehört zu den Hauptkennzeichen jener Sprache, von der nun schon so viele Beispiele in diesem Buche angeführt worden sind, und die man so treffend als papiernen Stil bezeichnet hat.//* O. Schroeder, Vom papiernen Stil. 5. Aufl. Leipzig, 1902.// Unter hundert Fällen, wo heute ''derselbe'' geschrieben wird, sind keine fünf, wo das Wort in seiner wirklichen Bedeutung (''idem, le meme, the same'') stünde. In der lebendigen Sprache wird es zwar in seiner wirklichen Bedeutung täglich tausendmal gebraucht, auf dem Papier aber fast gar nicht mehr; da wird es immer ersetzt durch ''ebenderselbe'' oder ''einundderselbe'' oder ''der nämliche'' oder ''der gleiche'' ''von dem gleichen Verfasser erschien in der gleichen Verlagsbuchhandlung'' usw.). Daß zur Gleichheit mindestens zwei gehören, daran denkt man gar nicht. Zwar so wunderbaren Sätzen wie: ''Wagner hat dieselben Quellen benutzt wie Goethe, aber in engerm Anschluß an dieselben'' (wo erst ''eosdem'', dann ''eos'' gemeint ist), begegnet man selten. Aber in fünfundneunzig unter hundert Fällen ist ''derselbe, dieselbe, dasselbe'' nichts weiter als ''er, sie, es'' oder ''dieser, diese, dieses''. Und das ist das ärgerlichste an $Seite 223$ dem dummen Mißbrauch, daß dabei auch noch der Unterschied zwischen ''er'' und ''dieser'' verwischt wird. Für das persönliche Fürwort ''er'' steht ''derselbe'' z. B. in folgenden Sätzen (man kann in wenig Minuten in jedem Buch und jeder Zeitung die Beispiele schockweise sammeln): ''wir brauchten das nur dann zu wissen, wenn die Welt erst noch geschaffen werden sollte; dieselbe ist aber bereits fertig — der Hauptsitz der Rosenkultur ist der Südfuß des Hämus, doch zieht sich dieselbe auch in das Mittelgebirge hinein — durch Höhe der Gebäude suchte man zu ersetzen, was denselben an Breite und Tiefe abging — was Erich Schmidt gegen die Glaubwürdigkeit Bretschneiders ins Feld führt, reicht nicht aus, dieselbe zu erschüttern — der Fall muß allgemeines Aufsehen erregt haben, da derselbe eine Bürgerstochter aus guter Familie betraf — neuerdings hat man versucht, den Reim durch die Alliteration zu verdrängen; Jordan hat dieselbe eingeführt, und R. Wagner hat dieselbe in freier Weise verwandt — ich hatte mir gleich anfangs ein Brunnenglas gekauft, aber dasselbe blieb jungfräulich — die Gemeinde war allerdings Besitzer des Bodens, derselbe wurde aber nicht gemeinschaftlich bearbeitet — das Manuskript lag halbvergessen in einem Schubfache, bis mir die Anregung wurde, dasselbe einer Zeitung zu überlassen — Versuche, den Verein zu verfolgen, werden demselben nur neues Wachstum verleihen — der Inhaber hat die Karte stets bei sich zu führen und darf dieselbe an andre Personen nicht weitergeben — der Nebensatz steht gewöhnlich hinter dem Hauptsatz, derselbe kann jedoch auch dem Hauptsatz vorangehen, und endlich kann derselbe auch in den Hauptsatz eingeschaltet sein''. Kein vernünftiger Mensch spricht so; jeder braucht, um ein eben dagewesenes Hauptwort zu ersetzen, in der lebendigen Sprache das persönliche Fürwort. In folgenden Sätzen wäre ''dieser'' (oder das demonstrative ''der'') das richtige: ''der Wildbach trat aus und wälzte große Schuttmassen in die Limmat; dadurch wurde dieselbe in ihrem Laufe gehemmt — in Königsberg ließ Lenz seine Ode auf Kant drucken, als derselbe'' $Seite 224$ ''die Professorwürde erlangte — in jeder Küche stand früher ein viereckiges Kästchen aus Blech, dasselbe enthielt vier Gegenstände, unter anderm eine Masse, die man Zunder hieß; dieselbe war hergestellt aus'' usw. — es finden sich in der Schrift bisweilen originelle Kombinationen; ''dieselben sind aber doch völlig wertlos — freilich gehört Anlagekapital dazu, dasselbe verzinst sich aber gut — für die lokale Feier sind entsprechende Festlichkeiten in Aussicht genommen; denselben werden geistliche Festlichkeiten vorausgehen — das Ergebnis der Revolution wäre sicher nicht der sozialdemokratische Staat; derselbe'' (''dieser''!) ''verlangt eine solche Umwälzung aller Anschauungen, daß sich dieselbe'' (''sie sich''!) ''nicht von heute auf morgen vollziehen kann''. Ein Zeitungschreiber kann heutzutage nicht eine Mitteilung von zwei Zeilen machen ohne dieses unsinnige ''derselbe''; erst wenn das drinsteht, dann hat die Sache die nötige Wichtigkeit. ''Der Adjutant des Sultans ist hier eingetroffen; derselbe überbrachte dem Großfürsten vier Pferde''. Daß man nur ja nicht etwa denke, es habe sie ein andrer überbracht! nein nein, es war derselbe! Ach, und wenn nun erst noch die schöne Inversion dazu kommt (''der Verdacht lenkte sich sofort auf den wegen Nachlässigkeit bekannten Hausmann, und wurde derselbe in einem Bodenraum erhängt aufgefunden''), und wenn gar die Inversion nur zu dem Zweck angewandt wird, auch das herrliche ''derselbe'' anbringen zu können (''die Zigarren erheben sich weit über das gewöhnliche Niveau, und gehören dieselben zu den besten'' usw.), oder wenn sich zu ''derselbe'' noch ein ''daselbst, dortselbst, hierselbst'' oder ''woselbst'' gesellt (denn ''da, dort, hier'' und ''wo'' kennt der Zeitungschreiber auch nicht, ''das'' ist ihm viel zu simpel), dann schwillt die stolze Reporterbrust, er weiß, daß er seinen „bedeutsamen" Mitteilungen den „würdigsten" Ausdruck verliehen hat. ''Zur Resolution sprach bei Beginn der Sitzung der Abgeordnete T.; derselbe erklärte sich gegen dieselbe — der Ulan M. erhielt drei Tage Mittelarrest, weil derselbe beim Appell sein Pferd schlecht vorführte, sodaß dasselbe einen Kameraden auf den Fuß trat und'' $Seite 225$ ''denselben verletzte — gestern abend ist der Herr Justizminister hierselbst eingetroffen und im Hotel G. abgestiegen. Derselbe begab sich heute morgen nach dem Amtsgerichtsgebände, nahm dasselbe eingehend in Augenschein und wohnte verschiednen Verhandlungen daselbst bei — heute wurde hier eine Windhose beobachtet: dieselbe erfaßte einen Teil des auf der Wiese liegenden Heues und drehte dasselbe turmhoch in die Luft, woselbst es dann weiter geführt wurde, bis es in der Stadt niederfiel — die Färbung der Kreuzotter ist nicht bestimmt anzugeben, da dieselbe bei einunddemselben'' (!) ''Individuum'' (!) ''wechselt und nach der Häutung meist heller erscheint als vor derselben''. Das sind wahre Muster von Zeitungssätzen. Aber auch in wissenschaftlichen Werken und in Erzählungen, in Bekanntmachungen von Behörden und in Geschäftsanzeigen — überall verfolgt einen das entsetzliche Wort. Selbst in den kleinen Scherzgesprächen unter den Bildern der Fliegenden Blätter und in dem Dialog der neuesten Lustspiele ist man nicht mehr sicher davor. Man schnellt im Theater von seinem Sitz in die Höhe, wenn auf der Bühne so ein dummes ''derselbe'' (für ''er'') gesprochen wird; aber weder der Schauspieler noch der Regisseur hat es bemerkt! ''Wie kommt es nur, liebe B.'' — heißt es auf einem Reklamebildchen —, ''daß deine Kinderchen stets so blühend und gesund sind, während die meinigen immer bleich und kränklich aussehen? — Wir genießen alle als tägliches Getränk Kakao von Hartwig und Vogel; derselbe ist von anerkannt vorzüglicher Qualität, ergiebig und daher billig''. Nein, so spricht die liebe B. nicht. Ein bekanntes Geschichtchen erzählt, daß der Lehrer in der Stunde gefragt habe: ''wie viel Elemente gibt es, und wie heißen sie''? und der Schüler geantwortet habe: ''es gibt vier Elemente, und ich heiße Müller''. Das war die Folge davon, daß sich der Lehrer so gewöhnlich ausgedrückt hatte! Warum hatte er nicht vornehm gefragt, wie unsre statistischen Formulare: ''und wie heißen dieselben''! Die Krone der Papiersprache ist es, wenn, wie es tausendfach geschieht, beide in einem Satz unmittelbar $Seite 226$ nebeneinander stehen, die herrlichen Papierpronomina: ''derselbe'' (statt: ''er'') und ''welcher'' (statt: ''der'')! ''Zum Verständnis des Parzival ist es nötig, die beiden Sagenkreise, welche demselben'' (''die ihm''!) ''zu Grunde liegen, kennen zu lernen — in Hyrtls Hause befindet sich der fragliche Schädel'' (Mozarts), ''und der Besitzer, welcher denselben'' (''der ihn''!) ''der Stadt Salzburg vermacht hat, zweifelt nicht an der Echtheit desselben — Reiskes Briefe kamen in die Universitätsbibliothek zu Leiden; es sind aufrichtige Verehrer gewesen, welche dieselben'' (''die sie''!) ''jener Bibliothek schenkten, und sie werden in derselben als ein Schatz geachtet — das erwähnte Statut und die Bulle, welche dasselbe'' (''die es''!) ''sanktioniert hatte — bezeichnend für den Geschmack der Direktion und die Zumutungen, welche dieselbe'' (''die sie''!) ''an das Publikum zu stellen wagt — was fur Forderungen an die Gebildeten gestellt werden, wird je nach dem Zeitalter, welchem dieselben'' (''dem sie''!) ''angeboren, verschieden sein — die farbige Aufnahme des Fensters verdanken wir Herrn E., welcher dasselbe'' (''der es''!) ''restauriert hat'' — wer spricht so? Kein Mensch! Aber sowie der Deutsche die Feder in die Tinte taucht, fährt ihm der Registrator oder der Kanzlist in die Glieder. Im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert sind Tausende der wichtigsten Urkunden angefangen worden: ''Wir tun kund mit diesem Brief allen denen, die ihn sehen oder hören lesen''. Heute in einem Ehrenbürgerbriefe zu schreiben: ''Wir ernennen Herrn X wegen der großen Verdienste, die er sich um unsre Stadt erworben hat'' usw. — das wäre ja im höchsten Grade würdelos, so spricht man wohl, aber so schreibt man doch nicht! ''Wir ernennen Herrn X in Anbetracht der großen Verdienste, welche derselbe um unsre Stadt sich erworben hat'' usw. — so klingts großartig, feierlich, erhaben! Kaiser Friedrich soll als Kronprinz 1859 zu einer Deputation gesagt haben: ''Wenn Gott meinen Sohn am Leben erhält, so wird es unsre schönste Aufgabe sein, denselben in den Gesinnungen und Gefühlen zu erziehen, welche mich an das Vaterland ketten. Man kann darauf schwören, daß er nicht so gesagt hat, $Seite 227$ sondern ihn in den Gesinnungen und Gefühlen zu erziehen, die mich an das Vaterland ketten''. Aber der Zeitungschreiber hat das natürlich erst aus dem Menschlichen ins Papierne übersetzen müssen. In der Poesie ist ''derselbe'' noch viel unmöglicher als ''welcher''. Nur in dem alten Studentenliede ''Ca ca geschmauset''! heißt es: ''Knaster den gelben'' ''Hat uns Apolda präpariert'' ''Und uns denselben'' ''Rekommandiert.''  
e
Ähnlich weich, freilich ohne den falschen Glanz, Dichtern abgeborgt zu sein, erscheinen uns auch besonders mitteldeutsche, sächsische und schlesische Formen mit einem ''e'' zwischen Grund- und Bestimmungswort, wo es im allgemeinen fehlt, gleichviel ob der biedere Sachse von ''Mittewoche'' oder einer in Grimms Märchen von ''Pfannekuchen'' oder ein Drömlingspfarrer vom ''Schlachtefest'' redet. Aber einfach vorzuschreiben, ''Badarzt, Pfleganstalt, Sterbfall, Wegordnung'', weil man nicht ''Heileanstalt'' sage, geht auch nicht an. Das Gesetz, daß das Bestimmungswort eigentlicher Zusammensetzungen — und solche liegt bei Wörtern mit verbalem erstem Teile immer vor — im Stamme erscheine, ist nämlich nicht buchstäblich vom Standpunkte der heutigen Sprache zu verstehen, auf dem freilich die Stämme von ''baden'' und ''pflegen'' so gut ''bad-, pfleg-'' heißen, wie von ''fallen'' und ''fahren fall-'' und ''fahr-''. Erstens hat aber bei schwachen Verben bisweilen der ursprüngliche Bildungsvokal als Erinnerung eine hinterlassen//1 Vgl. das § 18 über Gänsebrust Gesagte.//, so gleich in ''Zeigefinger, Pflegeanstalt''. Sodann wird das Sprachgefühl öfter durch ein neben dem Verbum stehendes Substantivum auf ''e'' veranlaßt, dieses zugleich oder gar mehr zu berücksichtigen, wie bei ''Ruheplatz, Plag(e)geist, Scheidewand''. Weiter gibt es viele sogenannte Heischeformen, für deren ersten Bestand, die Befehlsform, das ''e'' gerade das Erkennungszeichen ist, so ''Habedank, Wage-, Wendehals''. Endlich birgt manch solches ''e'' den Rest des im allgemeinen freilich längst verloren gegangenen Zeichens der echten Zusammensetzung, eines alten ''a'', und dies nicht nur in verbalen Zusammensetzungen wie ''Lesebuch, Sterbezimmer'', sondern auch bei derartigen Substantivischen: ''Herzeleid, Hagestolz, Tagebuch, Badegast, Hundehütte''. Eine dieser vier Entstehungsarten, dazu noch das Streben nach Wohllaut, das zwei hart aneinanderstoßende Stammsilben auseinanderhalten, vor allem aber die tönenden (weichen) Mitlaute (''Weideplatz, Hebefest, Hegemeister, naseweis'') erhalten sehen will, werden es dann rechtfertigen, wenn Schriftsprache und mittel- und norddeutsche Redeweise oft ein ''e'' haben, wo es die härtere süddeutsche ausstößt, so z. B. in ''Wartesaal, -halle, Haltestelle, Speisesaal''. Deshalb ist nicht jede süddeutsche kürzere Form für die Schriftsprache verpönt, und ein Tiroler Landschaftsschilderer hat z. B. bei ''Schlittweg'' zur Seite ''Fahrweg'', bei ''Reb-'' statt ''Rebengänge'' Goethes Vorgang und bei ''Rückkorb'' die auch in ''Rückgrat'' erhaltene kürzere Form zur Rechtfertigung. Durchaus herrschend ist die kurze Form in den Zusammensetzungen mit ''Elbe'': ''Elbhöhen, Elbsandstein(gebirge)'' u. v. a. Aber W. Bölsches ''weicher Farbton ''ist, da hier nicht das Eigenschaftswort ''-farb'' vorliegt, so hart, wie seine ''Plakatensäule'' nach § 18 geradezu falsch gebildet ist//2 Sprachgeschichtlich behandelt die Frage „Bad-Arzt oder Bade-Arzt"? auch K. Scheffler, Ztschr. des Deutschen Sprachvereins 1908, S. 458 f.//.  
i
Eigenschaftswörter können im Deutschen von Hauptwörtern auf sehr verschiedne Arten gebildet werden: mit $Seite 78$ ''ig, lich, isch, sam, bar, haft'' usw. Zwischen allen diesen Bildungen waren ursprünglich fühlbare Bedeutungsunterschiede, die heute vielfach verwischt sind. Doch sind sie auch manchmal noch deutlich zu erkennen, selbst bei den am häufigsten verwendeten und deshalb am meisten verblaßten Endungen ''ig, lich'' und ''isch''; man denke nur an ''weiblich'' und ''weibisch'', ''kindlich'' und ''kindisch'', ''herrlich'' und ''herrisch'', ''launig'' und ''launisch'', ''traulich'' und ''mißtrauisch'', ''göttlich'' und ''abgöttisch, väterlich'' und ''altväterisch, gläubig'' und ''abergläubisch'' u. a. Das von ''Adel'' gebildete Adjektiv soll nach der „neuen Orthographie" nun endgültig ''adlig'' geschrieben werden. Es schadet aber vielleicht nichts, wenn man sich darüber klar bleibt, daß das eigentlich falsch ist. ''Adlich'' ist entstanden aus ''adellich'', es gehört zu ''königlich, fürstlich, ritterlich, männlich, weiblich, geistlich, weltlich, fleischlich'', aber nicht zu ''heilig, geistig, lustig, fleißig, steinig, ölig, fettig, schmutzig''. Dieselbe Verwirrung des Sprachgefühls wie bei ''adlig'' findet sich auch noch bei ''billig'' (das noch bis in das siebzehnte Jahrhundert richtig ''billich'' geschrieben wurde) und bei ''unzählig'' und ''untadlig'', die eigentlich ''unzählich'' und ''untadlich'' geschrieben werden müßten. Nur bei ''allmählich'', das eine Zeit lang allgemein falsch ''allmählig'' geschrieben wurde (es ist aus ''allgemächlich'' entstanden), ist das richtige in neuerer Zeit wiederhergestellt worden, wohl deshalb, weil hier das ''l'' doch gar zu offenbar nicht zum Stamme gehören kann. Wenn aus einem Substantiv mit vorhergehendem Eigenschaftswort oder Zahlwort ein Adjektiv gebildet wird, so geschieht es immer mit der Endung ''ig''. Bei ''kurzweilig, langstielig, großmäulig, dickfellig, gleichschenklig, rechtwinklig, vierzeilig'' könnte man ja meinen, sie wären deshalb auf ''ig'' gebildet worden, weil der Stamm auf ''l'' endigt; es heißt aber auch: ''fremdartig, treuherzig, gutmütig, schöngeistig, freisinnig, hartnäckig, vollblütig, breitschultrig, schmalspurig, freihändig, buntscheckig, eintönig, vierprozentig'' usw. $Seite 79$ Da hat man nun neuerdings ''fremdsprachlich'' und ''neusprachlich'' gebildet — ist denn das richtig? Leider Gottes! muß man sagen. Diese Adjektiva sind nicht etwa entstanden zu denken aus ''fremd'' und ''Sprache, neu'' und ''Sprache'' (so wie ''fremdartig'' aus ''fremd'' und ''Art''), sondern es sollen Adjektivbildungen zu ''Fremdsprache'' und ''Neusprache'' sein. Diese beiden herrlichen Wörter hat man nämlich geschaffen, um nicht mehr von ''fremden'' und ''neuen'' Sprachen reden zu müssen; nur die ''Altsprachen'' fehlen noch, aber stillschweigend vorausgesetzt werden sie auch, denn neben ''neusprachlich'' steht natürlich ''altsprachlich''. Und wie man nun nicht mehr von ''Sprachunterricht'', sondern nur noch von ''sprachlichem Unterricht'' redet, so nun auch von ''fremdsprachlichem, altsprachlichem'' und ''neusprachlichem''. Neben diesen „richtigen" und doch widerwärtigen Bildungen gibt es aber auch ''fremdsprachig'', das nun wirklich aus ''fremd'' und ''Sprache'' gebildet ist. Während mit ''fremdsprachlich'' bezeichnet wird, was sich auf eine ''fremde Sprache'' bezieht, bezeichnet ''fremdsprachig'' eine wirkliche Eigenschaft. Man redet oder kann wenigstens reden von ''fremdsprachigen Völkern, fremdsprachigen Büchern'', einer ''fremdsprachigen Literatur'' (wie von einer ''dreisprachigen Inschrift'' und einer ''gemischtsprachigen Bevölkerung''). Sogar ein Unterricht kann zugleich ''fremdsprachlich'' und ''fremdsprachig'' sein, wenn z. B. der Lehrer die Schüler im Französischen unterrichtet und dabei zugleich französisch spricht. ''Fremdsprachig'' steht also neben ''fremdsprachlich'' wie ''gleichaltrig'' (gebildet aus ''gleich'' und ''Alter'') neben ''mittelalterlich'' (gebildet von ''Mittelalter''). Streng zu scheiden ist zwischen den Bildungen auf ''ig'' und denen auf ''lich'' bei den Adjektiven, die von ''Jahr, Monat, Tag'' und ''Stunde'' gebildet werden. Auch hier bezeichnen die auf ''ig'' eine Eigenschaft, nämlich die Dauer: ''zweijährig, eintägig, vierstündig''. Bis vor kurzem konnte man zwar noch oft von einem ''dreimonatlichen Urlaub'' oder einer ''vierwöchentlichen Reise'' lesen; jetzt wird erfreulicherweise fast überall nur noch von $Seite 80$ einem ''dreimonatigen Urlaub'' und einer ''vierwöchigen Reise'' gesprochen. Dagegen bezeichnen ''einstündlich, dreimonatlich'' so gut wie ''jährlich, halbjährlich, vierteljährlich, monatlich, wöchentlich, täglich'' und ''stündlich'' den Zeitabstand von wiederkehrenden Handlungen. Da heißt es: ''in dreimonatlichen Raten zu zahlen, einstündlich einen Eßlöffel voll zu nehmen'', ebenso wie: ''nach vierteljährlicher Kündigung''. Unsinn also ist es, von ''halbjährigen öffentlichen Prüfungen'' zu reden; es gibt nur ''halbjährliche'', das sind solche, die aller halben Jahre stattfinden, und ''halbstündige'', das sind solche, die eine halbe Stunde dauern. Falsch ist es auch, von einem ''unförmlichen Fleischklumpen'' zu reden. ''Unförmlich'' könnte nur als Verneinung von ''förmlich'' verstanden werden. Das Betragen eines Menschen kann ''unförmlich'' sein (''ohne Förmlichkeit, formlos''), ein Fleischklumpen aber nur ''unförmig'' (gebildet von ''Unform''; vgl. ''unsinnig'' und ''unsinnlich''). Genau zu unterscheiden ist endlich auch noch zwischen ''abschlägig'' (''eine abschlägige Antwort'') und ''abschläglich'' (''eine abschlägliche Zahlung''). ''Abschlägig'' ist unmittelbar aus dem Verbalstamm gebildet, ''eine abschlägige Antwort'' ist eine ''abschlagende''; ''abschläglich'' dagegen ist von ''Abschlag'' gebildet, eine ''abschlägliche Zahlung'' ist eine ''Abschlagszahlung''. (Vgl. ''geschäftig'' und ''geschäftlich''.) Wenn Kaufleute oder Buchhändler neuerdings davon reden, daß Waren oder Bücher ''wegen ihres niedrigen Preises den weitesten Kreisen zugängig seien'', oder eine Zeitung schreibt: ''die Kinder müssen so viel Deutsch lernen, daß ihnen die deutsche Kultur zugängig ist'', oder das „Tuberkulosemerkblatt" des Kaiserlichen Gesundheitsamtes als Hauptmittel gegen die Ansteckung eine ''dem Zutritte'' (!) ''von Luft und Licht zugängige Wohnung'' bezeichnet, so ist das dieselbe Verwechslung. Die Wohnung soll der Luft ''zugänglich'' sein, d. h. sie soll der Luft Zugang bieten. ''Zugängig'' könnte höchstens (aktiv!) etwas bedeuten, was jedermann zugeht, z. B. die Probenummer einer Zeitung, $Seite 81$ wie das neumodische ''angängig'' (für ''möglich'') doch das bedeuten soll, was angeht. (Vgl. auch ''verständlich'' und ''verständig''!) Wenn also amtlich bekannt gemacht wird, daß ''die sächsischen Sterbetater der Allgemeinheit unmittelbar zugängig gemacht werden sollen'', so könnte ich mit Recht sagen: Schön, wann wird mir der meinige zugeschickt?  
j
Der Österreicher braucht statt ''derjenige'' vor Relativsätzen, namentlich aber vor einem abhängigen Genitiv ''jener''; er schreibt: ''diese Vorlesungen haben nur einen bedingten Wert für jenen, der selber Einsicht genug hat, Dichterwerke ohne Beihilfe zn verstehen.'' Das halten manche deutsche Schriftsteller jetzt offenbar für eine besondre Schönheit und machen es mit. In gutem Schriftdeutsch wird aber ''jener'' nur in die Ferne weisend gebraucht, mit einem bald stärkern, bald schwächerer rhetorischen Beigeschmack: ''wenn ich an jene schöne Zeit zurückdenke'' usw. Ganz unausstehlich für norddeutsche Ohren ist das österreichische ''jener'' vor einem abhängigen Genitiv, z. B.: $Seite 234$ ''der Orden der Dominikaner und jener der Franziskaner — wir hoffen, daß sich die Ausstellung ebenso erfolgreich erweisen werde, wie jene von 1873 - obgleich die Gesamtzahl ihrer Kräfte jener des Feindes bedeutend nachstand — ein Ecce homo trägt das Monogramm Ludwig Krugs, eine Madonna jenes des Marcantonio Raimondi — so auffallend erschien dem Tacitus die Art des deutschen Anbaues gegenüber jener der romanischen Völker — größere Gebäude, wie Kirchen und Seminare, dürfen für die Gesellschaft Jesu nur mit Erlaubnis des Generals, kleinere mit jener des Provinzials errichtet werden — unter den Dienstkrankheiten der Bahnbeamten nehmen jene der Verdauungsorgane den breitesten Raum ein'' usw. In allen diesen Fällen wurde die deutsche Amts- und Zeitungssprache ''derjenige'' setzen. Die gute Schriftsprache aber kennt vor solchen Genitiven nur das determinative Fürwort ''der, die, das'': ''die Leistungen der Fabriken stehen gegen die des Handwerks zurück''.  +
Nur noch wenig gebräuchlich ist die Anwendung der substantivischen Genetive ''jenes'' und ''dieses'' in der Art: ''Überall tritt das Deutsche hervor in dem Geiste der heutigen höheren Schulen, denen die Pflege jenes'' (statt: ''denen dessen -, denen seine Pf.'') ''mehr als je obliegt.'' (Lit. Wschr. 26). ''Urbarmachung alles brachen Bodens und stärkste Ausnutzung dieses'' (statt: ''und dessen st. A.'') (P. Schneider). ''Er hat den von ihm angerichteten Schaden oder einen Teil dieses'' (statt: ''davon'') ''wiedergutzumachen.'' Auch bei einem Deutschforscher wirkt es befremdend: ''Man versteht den Vorzug, den wienerisch und kölnisch genießen; bei jedem dieser'' (statt: ''bei beiden'') ''steht im Hintergrunde eine berühmte, gefeierte Stadt''. Nur formelhaft ist üblich Vorzeiger, Überbringer dieses. § 97. Oft macht es den Eindruck, als ob man nichts mehr wüßte von dem Hauptdienste von ''jener'' und ''dieser'', mit ''jener'' auf räumlich oder zeitlich Entfernteres oder früher Genanntes, mit ''dieser'' auf das räumlich oder zeitlich Näherliegende oder das Zuletztgenannte hinzuweisen: ''Italien und Frühling sind nicht dieselben Begriffe, und jenes schließt diesen nicht in sich'' hat z. B. klar und schön eine Frau (E. Förster) geschrieben. Heute meinen die Männer der Feder dafür meist die häßlichen ersterer und letzterer nötig zu haben: ''Als die aufgebotenen Mannschaften den Wald durchsuchten, bekamen sie wenigstens noch zwei der Wilderer in ihre Gewalt, den tollen Steffen samt einem noch nicht bekannten Genossen, letzteren ohne jede Gegenwehr, ersteren erst, nachdem er schwer verwundet worden.'' Wäre ''da diesen ohne Gegenwehr, jenen erst ...'' nicht ebenso klar und zugleich gefälliger? Dabei ist noch zuzugeben, daß hier die beiden Wörter, die als Komparative nur am Platze sind, wo es sich um die Auswahl zwischen zweien handelt, wenigstens insofern richtig angewandt sind. Also sind solche Sätze noch schlimmer, wo diese Komparative statt erste oder letzte stehn, also auf einen von mehr als zwei Gegenständen gehn, wie bei Chiavacci: ''Dort lagen die Hühner- (1) und Gänseleichen (2), sowie die irdischen Reste von Kälbern (3) und Schweinen (4), letztere waren schon in Wurstform verpuppt'', oder wo gar das schwerfällige letztere in Beziehung auf ein einziges in Frage kommendes Hauptwort für ein einfaches hinweisendes oder besitzanzeigendes Fürwort eintritt: ''das Blumengärtchen ... stieß durch eine Lücke des Schloßgartens an den schattigsten Teil des letzteren'' statt ''an dessen schattigsten Teil'' (Steinhaufen). Gerade dieser Mißbrauch wird jetzt, besonders in Zeitungen, grenzenlos getrieben. Man höre nur einige Beispiele: ''Weil der Putz an einigen Stellen des Rathauses abfällt, hat der Rat beschlossen, das letztere'' (statt ''es'') ''ganz neu abputzen zu lassen''. — ''Der Statthalter und Herr v. H. haben neulich das vom Kaiser jüngst erworbene Gut Urville besichtigt, wie verlautet, weil der Kaiser auf letzterem'' (statt ''dort'') ''nächstes Frühjahr einige Tage zubringen will.''  
7. Ein wenigstens in seiner Häufigkeit junger Gebrauch von ''würde'' + Nennform (Konditional) ist in Erzählungen die Anwendung in Gedankengängen der folgenden Art: ''„Mitten in der Probe“ — so las sie, Freda Nöhring bei Wildenbruch in einer Depesche — „der Herzog von Anfang an dabei. Das Stück schlägt seine Augen auf. Tausend Grüße! Brief folgt. Schottenhauer.“ Mit hastigen Blicken hatte sie gelesen; jetzt wandte sie sich zur Tür, ... an der Tür blieb sie stehen und las noch einmal. Das Telegramm war so allgemein gehalten — es war offenbar an das ganze Haus Nöhring gerichtet. Von den tausend Grüßen würde einer doch wohl auch für sie bestimmt sein.'' Oder in Marie Herzfelds Übersetzung von Arne Garborgs „Bei Mama" steht einmal: ''„Die Toiletten, welche sie herstellte, fanden Beifall; wenn sie gesund bliebe, würde alles sich wieder machen'', und an einer anderen Stelle: ''Fanny hatte in der letzten Zeit sich hübsch zu finden begonnen; allein sie war [nach ihrem Urteil] gar nichts gegen Lea. Ach, wer einmal solche Haare hätte! Dieses dumme, lichte Gekräusel ... sie würde niemals anständig aussehen.“'' Ersichtlich handelt es sich in diesen Stellen um fast bis zum Selbstgespräch lebendig gewordene Gedanken, die der Schriftsteller seine Personen sich machen läßt. Daß er aber, um sie als solche zu kennzeichnen, mit einem bloßen Wechsel zwischen dieser Konditionalform und überwiegenden bloßen Imperfekten auskommt und nicht immer erst ein: ''„urteilte —, dachte —, sagte, — meinte er bei sich", „nach seinem Urteile"'' einzuschieben braucht, macht die Ausdrucksweise besonders gefällig; und zumal schon Gustav Freytag und Theodor Storm//1) Nämlich: wenn ich nicht bekennte!//, wenn auch vereinzelt, solche Fügungen gebildet haben, brauchen wir uns in unserer Freude an der geschmeidigen Form dadurch nicht stören zu lassen, daß ihre kaum vier Jahrzehnte alte Häufigkeit gewiß auf französischen Einfluß zurückgeht//2) Vgl. E. Herdin in Lyons Zeitschrift für den deutschen Unterricht, 17. Jahrg. (1905), S. 191 ff., und Th. Matthias, ebenda S. 419 ff., sowie E. Herdin, Studien über Bericht und indirekte Rede im modernen Deutsch, Dissertation. Upsala 1905, bes. S. 36. Ein umgekehrter Vorgang, das vom Standpunkte der Vergangenheit als künftig erst Vorgestellte doch wie schon leibhaftig erlebt hinzustellen, führt zu dem merk-$Seite 375$würdigen Indikativ des Imperfekts in folgendem Satze: ''Es war mir in solch seltsamen Stunden, als ob ich hinter die Dinge sehen könne. Morgen kam der Tod! Morgen würden wir wie ein Blatt verweht werden'' (Die Glocke, 1918, 123 f.). In feinem Klanggefühl biegt v. Kohlenegg aus dem schwerfälligen ''würde'' in ein bloßes Imperfekt ab: ''Nun würde sie sich noch ein Weilchen vor ihr dickleibiges Buch setzen ... , an dem Tee nippen und dazu mit spöttischer Nase nachdenklich über das Buch hinausblicken, bis sie müde sein würde und sich aufs Ohr legte.''//.  
§
Es mögen wieder Beispiele solcher Fügungen folgen mit Vorschlägen, wie sich die Sache besser ausdrücken ließe: 1. [links] ''Hierauf setzte sich der große von Hofwagen und zahllosen anderen Wagen und Offizieren gefolgte (!) Trauerzug unter den Klängen des vom Trompeterkorps des Garde-Kürassier-Regiments geblasenen Chorals durch die von Tausenden besetzte Bellevuestraße und Siegesallee über den Königsplatz nach dem Hamburger Bahnhofe in Bewegung.'' [rechts] ''Hierauf setzte sich unter den Klängen des vom Trompeterkorps der Gardekürassiere geblasenen Chorals der große Trauerzug in Bewegung; er war besonders von Hof- und zahllosen andern Wagen sowie Offizieren gebildet und ging durch die von Tausenden besetzte Bellevuestraße und Siegesallee und dann über den Königslatz nach dem Hamburger Bahnhofe.'' In der links stehenden Fassung liegt der gröbste Fehler darin, daß die Bewegung des Zuges durch die verschiedensten Örtlichkeiten mit dem einen Ausdrucke ''sich in Bewegung setzen bezeichnet wird'', der doch nur den ersten Augenblick des Aufbruches ausdrücken kann. 2. [links] ''Von der Handels- und Gewerbekammer Plauen war nach dem Vorgange der Handelskammer zu Göttingen die Frage der Mitwirkung der Handelskammer bei Aktiengründungen mit Bezugnahme auf die durch Artikel 209h des Handelsgesetzbuches in der Fassung des Reichsgesetzes vom 18. Juli 1884 denselben überwiesene Bestellung von Revisoren einer Erörterung unterzogen (und danach vorgeschlagen) worden ...'' [rechts] ''Angeregt durch den Vorgang der Handelskammer Göttingen, hat sich die Handels- und Gewerbekammer Plauen mit der Bestimmung in Artikel 209h des Handelsgesetzbuches nach der Fassung des Reichsgesetzbuches vom 18. Juli 1884 beschäftigt, wonach die Handelskammern bei Aktiengründungen mitwirken sollen, indem sie Revisoren bestellen; (sie hat danach vorgeschlagen) ...'' In der linken Satzform aus der Feder eines Handelskammersekretärs sind von 9 präpositionalen Bestimmungen 8 zwischen die weit auseinandergerissenen Teile eines einzigen Verbums (''war ... unterzogen worden'') eingeschoben; in der rechten, die noch um 5 Worte kürzer ist, gruppieren sich deren nur 6 um 4 Zeitwörter! 3. [links] ''Fortsetzung: In Nachgehung der Ministerialverordnung (!)//1 Vgl. § 32, § 180 u. § 214, 3 a. E.; S. 113).// ... hat die Kommission für Handel usw. die Vorlage nach Gehör (!)//1 Vgl. § 32, § 180 u. § 214, 3 a. E.; S. 113).// der im Kammerbezirk bestellt gewesenen (!)1) Revisoren durch den im'' $Seite 255$ [rechts] ''Um der Ministerialverordnung ... nachzukommen, hat die Kommission für Handel usw., nachdem sie die im Kammerbezirke tätigen Revisoren gehört hatte, an das Ministerium des Innern berichtet; der'' $Seite 255$ [weiter links] ''Sonderdruck auf Wunsch vom Bureau der Kammer erhältlichen Bericht an das Ministerium des Innern erledigt, welchem der Sekretär nachträglich beizustimmen bittet.'' [weiter rechts] ''Sekretär bittet diesem Bericht, der besonders gedruckt worden ist und auf Wunsch vom Bureau der Kammer abgegeben wird, nachträglich beizustimmen.'' In der letzten Gestaltung wird auch die wirkliche Entwicklung der Angelegenheit in natürlicher Stufenfolge durch mehrere Sätze dargestellt; von den durch Ausrufungszeichen angedeuteten grammatischen Fehlern der linken Seite ganz zu schweigen, steht dabei auch das, was wirklich die Hauptsache ist, die Bitte um nachträgliche Genehmigung, in einem Hauptsatze und die Nebensachen in Nebensätzen statt in Adverbalien mit drei Verhältnis- und noch mehr Hauptwörtern.  
Der Übelstand, daß die Sätze mit Hauptwörtern, diese selbst mit Verhältnisbeifügungen überlastet werden, tritt noch deutlicher hervor, wenn zu viele Umstandsangaben als Beifügungen nebeneinander gereiht sind. Dabei muß man zwischen zwei Arten von Beifügungen scheiden. Die einen sind dem Hauptworte lose angegliedert und nachgestellt, also daß man ihren Zusammenhang mit diesem oft kaum noch fühlt; die anderen sind in endloser Ausdehnung zwischen Verhältnis- oder Geschlechtswort und Hauptwort eingekeilt und zwingen jene Wörtchen unnatürlich zu betonen, so daß sie schon dadurch wie durch die oft viele Zeilen weite Trennung der aufs engste zusammengehörigen Wörter die Forderungen des Geschmacks und der Klarheit zugleich verletzen. Zuerst Fügungen der ersten Art. Schon vor mehr als fünfzig Jahren brachten die Zeitungen solche Schlangengewinde fertig: ''bei dem Abschluß des Anlehens von 11 Millionen Gulden zum Fortbau der Eisenbahn vor fünf Monaten mit den Bankhäusern R. und B. zum Kurse von 971/2%'' (statt: ''Vor fünf Monaten, als mit den Bankhäusern R. und B. zum Kurse von 971/2% das Anlehen von 11 Millionen Gulden abgeschlossen wurde, mit dem die Eisenbahn fortgebaut werden soll''); und heute wimmelt es in vielen Zeitungssätzen von solchen Satzteilen: ''außer der Bitte um Ausstellung einer Bescheinigung über die Beschäftigung beim statistischen Amte'', und selbst im „Sokrates" schrieb 1913 ein Gymnasialmann: ''einer deutschen Familie, die wegen unschuldiger Verwicklung in die Flucht eines russischen Unterhändlers, des Grafen Dolgorao, aus den Händen französischer Häscher von Ns Agenten verfolgt wird''. Und wie häßlich sind sie doch in ihrer Schwerfälligkeit und ihrem eintönigen, immer weiter sinkenden Tonfalle! 1. [links] ''Die Pariser unterhält gar sehr die Indisposition, die der Moniteur der Prinzessin Mathilde zur Entschuldigung wegen ihres Ausbleibens beim Empfange des hohen Gastes im Gefolge der Kaiserin Eugenie am Fuße der großen Treppe in St. Cloud nachsagte''. [rechts] ''Die Pariser unterhält gar sehr die Unpäßlichkeit, die der Moniteur der Prinzessin Mathilde nachsagte, um sie dafür zu entschuldigen, daß sie im Gefolge der Kaiserin Eugenie fehlte, als diese den hohen Gast in St. Cloud am Fuße der großen Treppe empfing.'' $Seite 256$ 2. [links] ''Der Verkehr hat aufrechterhalten werden können mit Ausnahme der durch Schneewehen herbeigeführten zeitweiligen Einstellung des Verkehrs auf der Strecke Wunstorf-Bremen und der Unterbrechung des Elbetrajekts bei Hohenstorf-Lauenburg durch Eisgang''. [rechts] ''Der Verkehr hat aufrecht erhalten werden können bis auf zwei Ausnahmen: auf der Strecke Wunstorf- Bremen zwangen Schneewehen dazu, zeitweilig den Verkehr einzustellen, und bei Hohenstorf-Lauenburg machte Eisgang die Elbfähre unbenutzbar''. 3. [links] ''Über einen Unfall des Prinzen Albrecht von Preußen am Freitag im Braunschweigischen nach Beendigung der Manöver beim Ritt von Remmlingen nach Wolfenbüttel'' usw. [rechts] ''Unfall des Prinzen Albrecht von Preußen. Aus dem Braunschweigischen wird berichtet, daß der Prinz Albrecht am Freitage, als er nach den Manövern von Remmlingen nach Wolfenbüttel ritt, von einem Unfall betroffen wurde''. Vgl. S. 255) Den Zeitungsmännern lassen die Juristen und juristischen Berichterstatter nichts drauf, wie die nächsten zwei Beispiele zeigen: 4. [links] ''Von Eltern schulpflichtiger in Fabriken beschäftigter Kinder in Großschönau waren zwei Eingaben mit der Bitte um Aufrechterhaltung der jetzigen Bestimmungen der Gewerbeordnung hinsichtlich der Kinderbeschäftigung eingegangen. Die Eingaben sind laut Beschlusses der Kommission ad hoc zur Beratung des Gesetzentwurfes betreffend Abänderung der Gewerbeordnung im Original dem ersten Bericht an das Ministerium des Innern über die Gewerbenovelle beigefügt worden.'' [rechts] ''Von den Eltern in Großschönauer Fabriken beschäftigter Schulkinder waren zwei Eingaben eingegangen, worin gebeten wurde, daß die jetzigen Bestimmungen der Gewerbeordnung über die Kinderbeschäftigung aufrechterhalten werden möchten. Nach dem Beschlusse des Ausschusses, der eigens dazu gebildet war, den die Änderung der Gewerbeordnung betreffenden Gesetzentwurf zu beraten, sind diese Eingaben in der Urschrift dem ersten Berichte beigefügt worden, der über die Gewerbenovelle an das Ministerium erstattet worden ist.'' Bei der ersten Fassung ist im ersten Satze die Beziehung der Worte ''in Großschönau'' nicht klar, und vor allem wirkt es häßlich, daß die Beifügung ''zu Bitte'' nicht weniger als vier Wörter auf -''ung'' enthält. Anders bei Zerlegung in Sätze. Noch eine Umformung, die die Auskömmlichkeit dieses Mittels beweist: 5. [links] ''Zur Zuschrift der E. M. Monseschen Buchdruckerei in Bautzen, die Drucklegung eines Nachtrages zum Verzeichnis oder die Neuauflegung des Verzeichnisses sämtlicher im Handelsregister eingetragenen Firmen aus dem Bezirke der Kammer betreffend, referiert der Präsident.'' [rechts] ''Der Präsident berichtet über eine Anfrage der E. M. Monseschen Buchdruckerei in Bautzen, ob das Verzeichnis sämtlicher im Handelsregister eingetragenen Firmen des Kammerbezirkes neu aufgelegt oder nur ein Nachtrag dazu gedruckt werden soll''. $Seite 257$ Auch der Volksmann Hitler bringt in einem Atem Überladungen und Überstauungen der in § 264 f. gerügten Art fertig: [links] ''Schönerer begriff die außerordentliche Begeisterung des Kampfwillens der sogenannten bürgerlichen Kreise schon infolge ihrer wirtschaftlichen Stellung, die dem einzelnen diese zu verlieren befürchten läßt und ihn deshalb auch mehr zurückhält, in leider nur sehr kleinem Umfange''. [rechts] ''Die Begeisterung des Kampf- willens der sogenannten bürgerlichen Kreise war außerordentlich, aber da der einzelne für seine wirtschaftliche Stellung fürchtete und deshalb anderseits sich auch mehr zurückhielt, begriff sie Schönerer leider nur in sehr kleinem Umfange''. Rechts Klarheit der Gliederung und Abhängigkeitsverhältnisse, links 28 Wörter zwischen dem Zeitwort und seiner Umstandsbestimmung und beim Objekt 5 immer tiefstufigere Beifügungen, zwei davon gar in Satzform!  
Ausschließlich die Formen und die Anforderungen, die für die Zusammenziehung an ihre grammatische Gestalt zu stellen sind, waren es, was bisher erörtert wurde. Aber schon dabei wurde oft hervorgehoben, daß diese äußere Form das Unwichtigere ist, wenn auch oft ihre peinliche Beachtung die Schönheit und Geschlossenheit des Satzes beeinträchtigen oder die Bedeutung verändern würde. Wichtiger als die Glätte der Form ist die Richtigkeit des Gedankens. Aber leider sind die Fehler, die bei der sogenannten Zusammenziehung bezüglich des Gedankeninhalts der Sätze gemacht werden, ebensoviel häufiger, als sie schwerer sind. Namentlich wird bei nur einmaliger Setzung gemeinsamer Satzteile der Gedanke leicht in zweifacher Weise schief und unrichtig: entweder wird ein für mehrere Sätze geltender Satzteil so gestellt, daß er nur einem anzugehören scheint, oder umgekehrt wird einer nur zum ersten Satze gehörigen Bestimmung durch ihre Stellung und Tonstärke dieselbe Bedeutung fälschlich auch für einen folgenden Satz verliehen, der dann infolge der Zusammenziehung mit jenem völlig gleichwertig erscheint und es doch nicht ist.  +
Wir kommen zu einer Reihe von Sätzen, bei denen es gilt, das Verständnis dafür zu erhalten und wieder wachzurufen, wie es möglich ist, durch die Wahl einer von mehreren, äußerlich betrachtet, gleichbedeutenden Satzformen den Sinn des Satzes sein abzutönen. Davon abgesehen, daß in kindlicher und einfachster Schreibart die Hauptsätze überhaupt vorherrschen, sind sie neben einer sinnverwandten Nebensatzfügung nachdrücklicher. Man ist sich dessen noch wohl bewußt, wenn man zwei in kausalem Verhältnisse stehende Handlungen seltner einmal also zusammenfügt: ''Niemand vermochte an die Nachricht zu glauben, so überraschend kam sie''.  +
Ä
Recht unnötigen Aufruhr und Streit erregt bisweilen die Frage, ob in dem Bestimmungswort einer Zusammensetzung die Einzahl oder die Mehrzahl am Platze sei. Einen Braten, der nur von einem Rind geschnitten ist, nennt man in Leipzig ''Rinderbraten'', eine Schüssel Mus dagegen, die aus einem halben Schock Apfel bereitet ist, ''Apfelmus''. Das ist doch sinnwidrig, heißt es, es kann doch nur das umgekehrte richtig sein! Nein, es ist beides richtig. Es kommt in solchen Zusammensetzungen weder auf die Einzahl noch auf die Mehrzahl an, sondern nur auf den Gattungsbegriff. Im Numerus herrscht völlige Freiheit; die eine Mundart verfährt so, die andre so,//* In Leipzig hält man sich ein ''Kindermädchen'', auch wenn man nur ein Kind hat, in Wien eine ''Kindsmagd'', auch wenn man sechs Kinder hat// und selbst innerhalb der guten Schriftsprache waltet hier scheinbar die seltsamste Laune und Willkür. Man sagt: ''Bruderkrieg, Freundeskreis'', $Seite 73$ ''Jünglingsverein'', (neuerdings auch ''Offizierskasino''!) ''Ortsverzeichnis, Adreßbuch, Baumschule, Fischteich, Federbett'', obwohl hier überall das Bestimmungswort unzweifelhaft eine Mehrzahl bedeutet; dagegen sagt man ''Kinderkopf'' (in der Malerei), ''Liedervers, Städtename, Gänsefeder, Eierschale, Lämmerschwänzchen, Hühnerei'', obwohl ein Vers nur zu einem Liede, eine Schale nur zu einem Ei gehören kann. Wer näher zusieht, findet freilich auch hinter dieser scheinbaren Willkür gute Gründe. ''Baumschule, Bruderkrieg'' und ''Fischteich'' sind noch nach der ursprünglichsten Zusammensetzungsweise, die nach singularischer oder pluralischer Bedeutung des Bestimmungswortes nicht fragte, mit dem bloßen Stamme des ersten Wortes gebildet. ''Jünglingsverein'' und ''Ortsverzeichnis'' haben das -''s'', das eigentlich nur dem Genitiv männlicher und sächlicher Wörter zukommt, aber von da aus weiter gegriffen hat und zum Bindemittel schlechthin, selbst für pluralisch gemeinte Substantiva, geworden ist; auch ''Freundeskreis'' ist ein Absenker dieser Bildungsweise. Und ebenso natürlich erklärt sich die Gruppe mit scheinbar pluralischer Form und singularischer Bedeutung. In ihr handelt es sich nur um Neutra mit Umlaut und der Pluralendung er und um umgelautete Feminina. Aber sowohl der Umlaut der Feminina wie das ''er'' und der Umlaut der Neutra gehörte in alter Zeit nicht nur dem Plural, sondern dem Stamme dieser Wörter an, und daß es sich bei den Zusammensetzungen mit ihnen um nichts weiter als den Stamm handelt, können wir bei einigem guten Willen noch jetzt nachfühlen. Kein Mensch denkt bei dem Worte ''Gänseblume'' an mehrere Gänse, sondern jeder nur an den Begriff ''Gans'', so gut wie er bei ''Rinderbrust'' nicht mehrere Rinder vor Augen hat. Und ist es schon einmal jemand eingefallen, sich unter einem ''Bräutigam'' einen Mann (''homo'', d. i. althochdeutsch ''gamo'') mehrerer Bräute vorzustellen? Trotz alledem ist natürlich ''Äpfelwein'' neben ''Apfelwein'' nicht zu verurteilen. Der wirklich pluralischen Zusammensetzungen und der pluralisch gefühlten gibt es $Seite 74$ zu viel, als daß ihnen ein Eingreifen in dieses Gebiet der Zusammensetzungen mit Gattungsbegriffen verwehrt werden könnte. Schwankt man doch auch in Zusammensetzungen wie ''Anwaltstag, Juristentag, Ärztetag, Bischofkonferenz, Rektorenkonferenz, Gastwirtverein, Architektenverein'' u. a. Wenn etwas hier bestimmend wäre, so könnte es nur der Rhythmus sein. Höchst ärgerlich aber ist es, wenn man, nachdem man vierzig Jahre lang von ''Kollegienheften'' hat sprechen hören, plötzlich an dem Ladenfenster eines kleinen Schreibwarenkrämers ''Kolleghefte'' angepriesen sieht. Man möchte ihm gleich einen Stein ins Fenster werfen!