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D
Aus dem grammatischen Grundgesetze fließt auch die Regel, daß das Dativ- vor das Akkusativobjekt gehört; und Sätze wie die folgenden wirken geradezu undeutsch: ''Thiersch hat schon den zweiten Brief aus Neapel seiner Frau'' (statt ''seiner Frau den zweiten Brief aus Neapel'') ''geschickt'' (E. Förster). ''Dies alles drückt einen ästhetischen Stempel seiner Weltanschauung auf'' (M. Meyer 1916). — ''Daß er mehr als einmal eine etwas verkehrte, verworrene Antwort dem alten Fichtner oder seinem Vorgesetzten gab'', und sogar mit pronominalem Dativobjekt: ''dessen Willen den Frieden uns'' (statt ''uns den Frieden'') ''verbürgt'' (E. Bauer). Trotzdem ist der dem nämlichen entnommene Satz: ''Er warf seinen pelzverbrämten Winterrock dem herbeispringenden Kellner zu'' durchaus gerechtfertigt; denn da ist der Dativ nicht nur betonter, sondern enthält auch die neuere Anschauung (vgl. § 383). Ohne jeden Zweifel ist die Nachstellung des Dativs dann richtiger, wenn sich an ihn ein Satz anschließt, wie in einem Ausrufe der deutschböhmischen Abgeordneten: ''Die Deutschen werden ihre Unterstützung einer Regierung nicht versagen, die den österreichischen Staatsgedanken voranstellt, die Verwaltung von nationalen Parteieinflüssen frei hält'' usw.  +
Noch weniger als das ''-e'' in der Endung ''-es'' wird das ''-e'' des Dativs durchgängig bewahrt, wie wohl in übertriebenem Streben nach Erhaltung des Kasuszeichens für alle die Fälle altertümelnd verlangt worden ist //1 Den allein richtigen Weg zur Behandlung solcher Fragen weist O. Behaghel $Fußnote auf nächster Seite fortgeführt$ in dem 17/18. wissenschaftlichen Beiheft zur Zeitschrift des allgemeinen Deutschen Sprachvereins, 1900, S. 251—277.//, in denen es nach den Mustern auf S. 43 f. noch möglich $Seite59$ wäre. Wirken doch hier viel zu viel Kräfte, als daß eine so einfache Regelung anginge: Länge des Wortes, Art des Auslautes, Herkunft, Art der Verwendung, Verhältnis von Auslaut und folgendem Anlaut, endlich der Tonfall des ganzen Satzes. Zunächst bei einsilbigen Wörtern, zumal wenn sie auf tönende oder flüssige Laute auslauten wie ''b, d, nd, g, r,'' und ''s'', überwiegt noch die Form auf ''-e'': ''im Grabe, im Pfunde, am Wege, am Pfahle, im Preise, im Meere''. Schärfender Doppelmitlaut und schließender Selbstlaut, gleichviel ob mit oder ohne ''h'', begünstigt aber selbst bei Einsilbern den Abfall des ''e'': ''im Nu, unter dem Stroh, im Heu, mit einem Ruck, in einem Pfiff''. Die Art der Verwendung im Satze anderseits spielt bei den Einsilbern eine Rolle, wenn sie ohne jegliches Bei- und Formwort von Verhältniswörtern abhängen, die den 3. Fall regieren. Die Zeit-, Orts- und die den letztern verwandten Zielangaben belieben dann die Form mit ''e'': ''bei Tage, heutzutage, zujahre, vor Tische; bei Tische, bei-, zu Hofe, nach -, von -, zu Hause, zu Biere -, zu Weine gehen, zu Rande, zu Markte, zu Pferde, zu Kreuze, zu Kopfe, zu Werke, zuleide''. Dagegen steht wie in einer Art Teilungsverhältnis, das im Neuhochdeutschen immer häufiger in der ungebeugten Form gegeben wird (''mit einem Stückfaß Wein''; vgl. § 188), die Form ohne ''e'' namentlich bei allen Angaben eines Stoffes oder einer Masse, wovon ein unbestimmter Teil oder das Ganze vorschwebt: ''in Wein reisen, in Öl malen, nach Wein schicken, die Kunst geht nach Brot; aus Stein, aus Erz, in Gold bezahlen''. Von Verbindungen wie: ''Vorrat an (in) Wein, Ankauf von Land, eine Art von Haus, voll Staub'', übertrug sich dann das Teilungsverhältnis in Wendungen wie: ''Mangel an Mut, ein Rest von Mut, ein Mann von Geist, ein Herz voll Zorn, voll Trotz'' auf das geistige Gebiet. Diesem gehören auch die Angaben des Grundes, auch der Weise an, in denen ebenfalls der unbestimmte Grad einer Eigenschaft oder Empfindung in dieser ungekennzeichneten Form steht: ''aus Gram, aus Haß, vor Neid, vor -, von Frost; mit Recht, mit Fleiß'' (ursprünglich = ''mit Absicht''), ''mit Mut''. Nie erhält ferner von Einsilber-Paaren, die entweder nur herkömmlich oder durch gleichen Anlaut oder durch Endreim verbunden sind, der erste und auch selten nur der zweite das Dativ-''s''; denn dessen Dazwischentreten würde das als Einheit empfundene Paar zerreißen, sein Antreten auch am Ende den festgeprägten Begriff nicht unmerklich verändern. Man sagt denn nur: ''in Wald und Feld, in Wald und Moor'', Sogar ''in unsers Königs Fried und freiem Geleite'', allenfalls auch ''mit Arndt zu Schutz und Trutze'', und bei Wiederholung desselben Wortes: ''von Mund zu Mund(e)''. Bei den mehrsilbigen Wörtern kreuzen sich lieber verschiedene Einflüsse. Zwar herrscht bei Ableitungen, zumal mit den Endungen ''-ig, -ischt'' und ''-ling'' und den Vorsilben ''be-, ge-'' und ''ver-'' und bei Zusammensetzungen entschieden die Form ohne ''e'' vor. Neben ''im Hause, mit einem Sterne, im Spiele, auf einem Beine'' steht: ''auf dem Rathaus, mit einem Pflasterstein, mit einem Beispiel, mit einem Tischbein''. Man sagt ''einem etwas zum Lobe nach'', aber ''kauft vielleicht in München im Frauenlob,'' $Seite60$ ''einem großen dortigen Geschäfte; eine Frau macht ihrem Manne eine Freude'', aber ''man macht dem Polizeimann W. eine Meldung''. Aber so gut neben: ''zu Pferde (erscheinen)'' überwiegend steht: ''zu Fuß gehn'', so kommen umgekehrt bei Ableitungen und Zusammensetzungen auch Formen mit ''e'' vor. Man sagt durchweg: ''zum Beleg, zum Behuf, mit dem Besteck; im Geschäft, mit dem Geschirr; in Verruf sein, im Versand, im Verlies, bei Verlust'', aber anderseits wird unter dem Einfluß des ''s''- und ''l''-Auslautes auch gesagt ''zum Beweise anführen'' und neben dem formelhaften ''zu Befehl!'' auch: ''er kam mit einem Befehle des Herzogs''. In anderen Fällen veranlagt wieder die ''e''-Form des einsilbigen Grundwortes diese auch bei der Zusammensetzung festzuhalten, so wenn man lieber sagt: ''dem Vaterlande, im Verlaufe von drei Monaten, auf dem 2. Philologentage''. Gleichviel ferner ob ein- oder mehrsilbige Wörter, das ''e'' wird meist bewahrt, wenn das folgende Wort mit demselben Laut beginnt, mit dem das vorhergehende beim Wegfall des ''e'' schließen würde, vor allem wenn dann ''d'' und ''t'' oder ''t'' und ''t'' zusammenträfen, wie überhaupt unmittelbar hintereinander schwer auszusprechende Mitlaute dieses erleichternde ''e'' lieben. Das führt auf ein letztes, was für und gegen das ''e'' entscheidet, das zu belauschen und durchzuhören freilich oft das Gefühl, oft die Zeit, oft beides fehlt: d. i. der Tonfall des Satzes. Diesen gefällig zu machen, wird vor allem beim Zusammentreffen längerer und einfacher Wörter das ''e'' an jenen geopfert, da es deren leichte Silben noch vermehren würde während wieder der Zusammenstoß vieler schwerer, zumal ausnahmslos betonter einsilbiger Wörter durch Einfügung des ''e'' gemildert wird. Diese Rücksicht führt selbst dazu, daß beide Dativformen eines Wortes in demselben Satze vorkommen. ''In einem Weinhaus geht es nicht so vornehm wie im Hause Oberkirch, aber allzeit lustig zu''. ''Man spricht bei gutem Wein von Zigarren und bei einer guten Zigarre vom Weine nie genug'' //1 Diese Sätze sind aus K. v. Heigels Romane: Der Weg zum Himmel. Überhaupt sind aus dessen ersten hundert Seiten die obigen Aufstellungen über das Dativ-''e'', soweit sie nicht allgemein bekannt sind, in der Weise gewonnen, daß alle Dativformen beobachtet worden sind; als der mittleren Schreibart angehörig, schien die Erzählung dazu durchaus geeignet.//. Einfacher als für die einheimischen kann die Siegel für die Fremdwörter lauten. Sie haben, ein- wie mehrsilbige, das Dativ-''e'' fast nie: ''mit dem Plaid, mit einem Air von Leutseligkeit; am Altar, dem Offizier, einem Problem(e)''.  
Für die Aussagesätze mit ''daß'' besonders nach ''leugnen, in Abrede stellen, verneinen, zweifeln'' u. ä. hat der Zug der Sprache, der aus Vereinfachung und Erleichterung des Verständnisses abzielt, dieselbe Wirkung gehabt; und dies zum Vorteil, da hier sowieso im Nebensatze oft eine zweite nicht pleonastische Verneinung vorhanden und nötig ist. Oder gibt es nicht lauter verschiedene Gedanken, je nachdem eine Verneinung im Haupt- oder im Nebensatze steht oder nicht? ''Sie gibt nicht zu'' (''sie leugnet''), ''daß sie nicht daran gedacht habe'' (= sie will daran gedacht haben). ''Sie gibt zu'' (''leugnet nicht''), ''daß sie nicht daran gedacht habe'' (= sie räumt ein, gar nicht daran gedacht zu haben). ''Sie gibt nicht zu'' (''sie leugnet''), ''daß sie jemals daran gedacht habe'' (= sie behauptet, einen solchen Gedanken nie gehabt $Seite 410$ zu haben). ''Sie gibt nicht zu'' (''sie leugnet''), ''daß sie niemals daran gedacht habe'' (= sie will dann und wann daran gedacht haben). So wird man denn einen solchen Satz Lessings nicht mehr nachahmen: ''so lange ich nicht sehe, daß man eins der vornehmsten Gebote des Christentums .... nicht besser beobachtet, so lange zweifle ich ....'' Noch weniger den Hackländers: ''Leugne noch, daß du nicht Juanita bist'', oder den der Köln Ztg.: ''Daß wir antideutschen Interessen nicht wissentlich dienen werden, das wird uns hoffentlich auch die Pol. Korr, nicht zutrauen''.  +
Auch der Beisatz wirkt in derselben Richtung, und zwar desto mehr, je wichtiger er für den Zusammenhang ist; ausnahmslos aber, wenn er den Städtenamen vorangeht, die für sich ebenso ausnahmslos (§ 62 f.) sächlich sind. So wird man weder mit der Augsb. Allg. schreiben: ''So empfiehlt sich die Inselstadt Lindau mit seiner'' (statt ''ihrer'') ''Umgebung ganz besonders zum Sommeraufenthalt'', noch mit Jensen: ''Karlsruhe ist die Hauptstadt des Landes, wie Durlach es vor ihr'' (statt ''ihm'') ''für einen Teil desselben gewesen ist''. Nicht ganz so einheitlich ist die Beziehung geregelt, wenn Verwandtschaft und Standesbezeichnungen miteinander oder mit Eigennamen zusammentreffen. Nur die Verwandtschaftsnamen sind für das Geschlecht der Verbindung heut durchweg maßgebend, ob sie nun voran- oder nachstehen. Also heißt es fast nur: ''meine Tante Gretchen, ihre Schwester Lorchen; eure Fräulein Schwester, meine Fräulein Braut''. Nur wenn ursprüngliche Standesbezeichnungen wie ''Fräulein, Frauenzimmer'' vor dem Eigennamen stehen, heißt es in älterer Weise noch immer: ''dieses Frauenzimmer Lotte''; und auch die Fügungsweise ''dem Fräulein Lucie'' (Goethe), ''des Fräuleins Ursula'' (Raabe) ist dann noch vorzuziehen, wenn ''Fräulein'' im engern Sinne Hausfräulein, Stütze, älter Mamsell bedeutet. Darüber hinaus ist auch hier ''seine Fräulein Berta'' üblicher, ganz gemäß der Möglichkeit, an diesen grammatisch sächlichen Personennamen das natürliche Geschlecht überwiegen zu lassen. ''Als mich das Mädchen erblickte, trat sie gelassen näher'', und: ''Er kündigte ihr die Ankunft eines Frauenzimmers an, die hier hereinziehen sollte'', heißt es z. B. bei Goethe. Selbst das einen Teilungsgenetiv regierende Wort, das sonst ausnahmslos mit diesem im Geschlecht übereinstimmt (''der edelste von allen Trieben''), nimmt neben Wörtern jener Art gelegentlich noch das natürliche Geschlecht an: ''die häßlichste meiner Kammermädchen'', und ganz jüngst bei Rosegger: ''die schlechteste der Frauenzimmer''. Ähnliche Freiheit gestatten Wörter wie ''Söhnchen, Weib, Mütterchen'' und Verkleinerungsformen von Namen: ''Hänschen, Fritzchen''; ja wenn Frauen mit Kosenamen selbständig führend und denkend hingestellt sind, fordern sie dieselbe fast, wie denn Goethe und die Personen seines Faust von Gretchen, Lieschen und Bärbelchen immer ''sie'' und ''ihr'' sagen.  
Hebel durfte auch nicht sagen: ''Ihr scheint wohl Zahnschmerzen zu haben'' (statt: ''Ihr habt wohl Zahnschmerzen?'' oder ''Ihr scheint Zahnschmerzen zu haben''). Versteckt dasselbe zweimal sagen heißt es auch, wenn ein Gegenstand als jemand gehörig, eine Handlung als von ihm ausgeübt zugleich durch ein Possessivpronomen und durch einen Relativsatz in der Weise ausgedrückt wird, wie in dem Satze v. Boyens: ''Eine andre Ursache ist die in Deutschland nicht bekannte Stellung der polnischen Edelfrauen und ihr'' (statt ''der'') ''Einfluß, den sie auf die Männer und Geschäfte ausüben.'' Geradezu falsch nennen wir heute sogar ein possessiv nach einem Genetiv des Besitzes: ''des Vaters'' — oder ''beim Volke'' zumal in Mitteldeutschland noch beliebter, aber auch noch gröber: ''dem Vater''//1 Vgl. über — eine mögliche — Entstehung dieses dritten Falles aus dem zweiten zunächst in der weiblichen Einzahl C. Müller in Lyons Zeitschrift f. d. d. Unterr. 1897 (XI, S. 560 ff.).// — ''sein Rock'' statt ''des Vaters Rock''. $Seite 434$ Selbst bis zu zwei Sätzen wächst sich der doppelte Ausdruck für dieselbe Sache aus, nicht nur in unbeholfenen Übergängen von der Art: ''wenn wir die Sache näher betrachten, finden wir ...'' , sondern auch in der folgenden Weise: ''In H. machte der Gutsbesitzer R. dadurch seinem Leben ein Ende, daß er sich selbst entleibte'', oder: ''Die kaukasischen Bäder sind außerordentlich teure Orte, wo der Aufenthalt sehr kostspielig ist.''  +
Wenn verschiedene Formen des Artikels oder eines anderen Formwortes, eine in der Ein- und eine in der Mehrzahl, vorangehn, so ergibt sich keine Schwierigkeit, wenn die eine Form des Hauptwortes zu beiden paßt: ''der und die Spiegel, der oder die Bewerber''. Aber auch bei Verschiedenheit der Hauptwortformen braucht an der ersten Stelle immer nur der einfache Artikel gesetzt zu werden, wenn die dazu gehörige Form in der an zweiter Stelle stehenden Pluralform mit enthalten ist, also mit gehört wird. Man wird auch gewiß in dem Satze Langbehns keine Härte empfinden: ''Man wird sich von dem und den Teufeln wieder zu Gott wenden'', ebensowenig in der Fügung v. Boyens: ''aus diesem und mehreren anderen Gründen'' ... ; oder der G. Kellers: ''Er erschien unversehens vor St. Paul, belagerte und erstürmte diesen und andere Plätze'', aber wohl wenn auf diese Weise für den Genetivus Singularis der starken männlichen und sächlichen Wörter dessen ''s''-Zeichen ganz verloren ginge, wie in der Fügung der Kölnischen Zeitung: ''des oder der Missetäter''. Unbedingt darf beim unbestimmten Artikel die freiere Art angewandt werden. Der Mitarbeiter der Täglichen Rundschau, der ''mit dem in einem oder mehreren kleinen Würfen Ergründeten'' schreibt, ist in Übereinstimmung mit Luther: ''er bleibt einen oder zween Tage''.  +
Vielfach wird formelhaft das Neutrum des kürzesten hinweisenden Fürwortes in einem Falle mit Präpositionen verbunden, den sie sonst nicht bei sich haben, so ''indes'' (-''dessen''), ''unterdes'' (-''dessen''), ''ohnedem, demungeachtet, währenddem'', heute lauter untadelige Formen; denn entweder ist in ihnen kraft ihrer Formelhaftigkeit eine früher durchaus richtige Fügung erhalten geblieben, oder der Zug zur Angleichung an richtige gleich häufig wiederkehrende Formeln hebt den anderen auf, den von Substantiven geforderten auch in der adverbialen Verwendung durchzuführen//2 Wer das Abweichende der Formeln empfindet, soll ja lieber bei ''währenddes, ohnedies'' usw. bleiben. Die Fügung von ''während'' beruht auf Auseinanderziehung zeitlicher Genetive. Aus dem noch am Anfang des Jahrhunderts geschriebenen: ''währendes'' $Fußnote auf nächster Seite fortgesetzt$ ''Spieles ward: während des Spieles'', daneben sagte man: ''in währendem Spiele'', und davon blieb die — mundartlich ganz übliche — Formel: ''während dem''; ja W. Raabe hat auch: ''während dem letzten Maikäfergesumme'' und: ''während welchem'', und G. Keller ''während acht langen Tagen'' und aus diesen Gedanken, ''während'' welchen ''neben: auf ein paar Wochen, während welcher''.//.  +
''Halt, Schick, Ruck, ohne Zuck und Muck''; ''Pfiff, Schliff, Ruch, Ruf''; ''Betrag, Begehr, (Ge)brauch, Vergleich, Bericht, Bauwich'' (Mindestabstand zwischen Häusern offener Bauweise), ''Um- und Ausspann'' sind alle solche Bildungen. ''Grabbes der Schlepp'' (statt: ''die Schleppe'') hat einen alten volkstümlichen Vorgänger im ''Ochsenschlepp'', wie die gleichlautenden Familennamen das Alter von ''Stritt'' (neben ''Streit'') und ''Schied'' bezeugen. Herder bildete ''der Darleih'', G. Keller schreibt ''im Begleit einer Dame'' und ''in Begleit der Nonnen'', sein Schüler Federer läßt ''einen Schnauf und Schwatz tun'', und der dritte Schweizer, Spitteler, beklagt ''den Hinscheid'' (statt ''das Hinscheiden''), neben dem ''der Entscheid'' allgemein im ''Volksentscheid'' gang und gäbe geworden ist. Durch den Fürsten v. Bülow ist ''auf Gedeih und Verderb'' üblich geworden wie ''Verbund'' durch die ''Verbundgeschosse'', -''maschinen'' und -''schaltung''; und der ''Wasserverkehr'' zeitigt ''den Sog'' (''das Kielwasser des Schiffes''), ''den Schwell, Stau, Auf-'' und ''Verstau'' und ''den Wasserverdrang'' (H. Stegemann). Andere neuere Wörter sind ''im Verfolg der Sache, der Beipack, der Verzehr'' (''Konsum''); W. Flex' ''Braus des Sturmes'', Hindenburgs ''Abruf der Truppen, der Erhalt des Briefes, die Fahrradeinstelle, der neue Grub auf Goldfeldern'' und ''dem Verbot'' entsprechend e''in österreichisches Anbot'', und überall freut man sich über ''den sichern Treff eines Bühnenleiters''. Ersichtlich stellen alle diese Wörter Handlung oder Vorgang oder durch solche hervorgebrachte Zu- oder Gegenstände dar, und so bleibt, $Seite4$ von dem üblichen andern Sinn dieser Bildung zu schweigen, schon deshalb O. Lorenz' Ausdruck: ''die Prinzessin war der Verzug der Umgebung'' (''wurde von ihr verzogen'') bedenklich. Überhaupt gilt für diese wie alle andern Fälle, daß nicht alle Bildungen, die bei gleichen Bedingungen möglich sind, auch wirklich vorgenommen werden, da die nur dem Gebrauche abzulauschende „Heimlichkeit der Sprache“, wie es Grimm nennt, darüber entscheidet, welche möglichen Bildungen sie beliebt und welche verschmäht. Oft ist auch nicht schriftsprachlich geworden, was landschaftlich üblich ist, wie etwa G. Kellers Ausdruck: ''frisch und ohne Unterbruch von statten gehen''. Gar ein Wortstummel ist ''der Entschäd''.  
Die in § 204 erörterte Regel kann auch dadurch nicht ausgehoben werden, daß ein Eigenschafts- oder Mittelwort substantiviert wird; und dem Dichter zum Teil durch den Vers abgezwungene Fügungen, wie ''ein Verlassener von allem, was er liebt'' (Wieland), dürfen einfach für die Prosa nicht maßgebend sein. Vielmehr $Seite 190$ verdienen bei Klassikern vorkommende Stellungen: ''die Teilnehmenden an diesem Geschäft, ein Eingeweihter in die innersten Geheimnisse der poetischen Kunst, ein Kundiger jener Literatur'', den gleichen Tadel wie die ähnlichen aus dem jüngsten Schrifttum: ''ihr Körper ist noch nichts Losgelöstes vom Grunde'' (Ad. Gerhard) und: ''ein fast völlig Losgelöster vom Schweizervorbild'' (DAZ. 28); ''daß ich nicht meinen Vater für den letzten Endes allein Schuldigen an diesen Zuständen halte'' (Kronpr.Wilhelm/Rosener) und: ''die wahrhaft Schuldigen an dem Zusammenbruche Deutschlands'' (Wilh. II); ''die Beteiligten am Aufruhr'' (DAZ. 28); ''die Abtrünnigen von unserm Plane'' und: ''die Davongekommenen von Blut- und Leichenfeldern, die Heimgekehrten in ein beruhigtes Vaterland'' (H. Leip)//1 Von Andresen wird die Nachstellung nach substantivischen Adjektiven verteidigt mit Beispielen Luthers. Aber damals war auch die Wortstellung im Nebensatze noch freier, von der solche Fügungen ja nur das Widerspiel sind; und vor allem ist nicht ersichtlich, warum die bloße Substantivierung für den einzelnen Fall, die ja auch an der Formbildung des Adjektivs u. dgl. nichts ändert, hierin gerade zu einer Verschiedenheit der Behandlung berechtigen sollte. Etwas anderes ist es natürlich, wenn das Adjektiv oder Partizip wirklich zum Substantiv geworden ist, wie etwa ''der Gesandte, der Geliebte'', und da zu dem letzteren auch die Predigerwendung ''Geliebte in dem Herrn gehört'' (nach Hildebr. im Wb. IV, II, 3023), ist sie auch für heute gerechtfertigt. Auf diese Weise erklärt sich auch ''Reisende aus der -, nach der Schweiz'', wie besonders Anpreisungen in Blättern und auf Bahnhöfen lauten: denn das sind nicht Leute, welche aus der Schweiz (ab)reisen, sondern es liegt eine Ellipse vor: ''Reisende'', (''die'') ''aus der Schweiz'' (''kommen''); auch Goethes ''Reisender zu Lande'' erklärt sich so. Aber daß deshalb nicht jeder im einzelnen Falle ''nach dem Lande X Reisende'' ein ''Reisender nach X''. heißen kann, damit hat Andresen recht.//.  
Wenn die Absicht, eine Einschränkung (etwa mit Hilfe von ''obgleich''), eine Begründung (durch ''denn, nämlich'') oder eine Folgerung (durch ''also, daher'') nur auf einen Einzelbegriff bezogen zu sehen, durch kein Relativum kenntlich gemacht werden kann, muß wenigstens eine besondere Stellung und dadurch ermöglichte größere Tonstärke zu Hilfe kommen, da man die Bindewörter sonst wie gewöhnlich auf den ganzen vorhergehenden Satz beziehen würde. An dem folgenden Satze einer römischen Geschichte kann z. B. kaum jemand sehen, welchen im Vorhergehenden versteckten Begriff der Satz mit ''denn'' begründen soll: ''Einige jedoch von den Tieren stürmten auf den Feind los und richteten, nicht ohne selber schwer verwundet zu werden, unter den Schützenreihen ein gewaltiges Blutbad an; denn indem die Schützen ... für die Elefanten eine Gasse bildeten, warfen sie ihre Speere immer von zwei Seiten auf die Tiere, und dazu flogen diesen bald auch die Wurfspeere aus den zwei ersten Gliedern der Schwerbewaffneten entgegen''. Man stelle: ... ''und richteten in den Schützenreihen ein gewaltiges Blutbad an, freilich nicht ohne selber schwer verwundet zu werden; denn'' usw., und alles ist so gut in Ordnung wie etwa in dem Satze C. F. Meyers: ''Der Tisch trug neben den Broten eine Schüssel Milch ... und einen Krug voll schwarzdunkeln Weines, ein bischöfliches Geschirr; denn es war mit der Mitra und zwei Krummstäben bezeichnet'', oder in dem Jensens: ''Was zur Linken von der Bergwand herniederschaut, ist das alte Schloß, das große Gebäude, welches darunter auf einem Hügel unmittelbar aus der Stadt selbst aufsteigt, das sogenannte neue Schloß, obwohl es sich auch gerade nicht mehr in erster Jugendblüte befindet''. Wer die Möglichkeit bezweifelt, Satzglieder, indem man sie mit starker Betonung an das Ende eines Satzes stellt, mit dem Werte eines Satzes auszustatten, der urteilt nur nach dem Geschriebenen, nicht nach dem laut gelesenen und dadurch belebten Worte. Schon Berthold v. Regens- $Seite 315$ burg sagt ungezwungen: ''Du triugest manigen armen man, wan'' (= ''denn'') ''die reichen getarst du'' (''getraust du dich'') ''nicht essen'', und Goethe schaltet die Anwendung eines Einzelausdrucks z. B. also ein: ''Aus dieser Konzentration der ganzen Schöpfung, denn sie war von Luzifer ausgegangen und mußte ihm folgen, entsprang nun alles das, was wir unter der Gestalt der Materie wahrnehmen'', und Edm. Kiß ähnlich: ''Die Trauergesellschaft, sofern ich diese Bezeichnung beibehalten darf, hatte sich erheblich vergrößert''.  
Der Beamte in diesem Abschnitt ist nicht bloß der Staats- und Stadtbeamte, sondern auch der Einzel- und Eigenbeamte, gleichviel in welcher Stellung: fast alle Mängel des Beamtenstils sind den Beamten aller Grade, aller Gattungen gemeinsam. Um der Gerechtigkeit willen sei nicht verschwiegen, daß die Bestrebungen vieler Behörden, den Beamtenstil von seinen Gebrechen zu heilen und auf eine höhere Stufe zu heben, nicht erfolglos geblieben sind: er ist nicht mehr der schlechteste unter den deutschen Stilen, sondern hat diese Rangstufe längst dem Stil der Wissenschaft und der Presse abgetreten. Der allerschlechteste Stil wird zurzeit von den deutschen Kunstschreibern verübt, die undeutscheste Sprache von den Zierden der deutschen Wissenschaft dem deutschen Volke zugemutet. Die Notwendigkeit grade eines fehlerlosen und guten Beamtenstiles leuchtet ein: der Beamte, zumal der des Staates und der Gemeinde, vertritt sprachlich das Ansehen der wichtigsten Gebilde des öffentlichen Lebens, die im Ansehen stehen wollen und müssen. Aber auch die Eigenbeamten: von Rechtsanwälten, gewerblichen Unternehmungen jeder Art, stellen mit ihren Schriftstücken die Bildungshöhe und Sprachehre ihrer Auftraggeber dar. Es ist ein sehr übler Zustand, daß man sich über Ausdruck und Stil behördlicher Schreiben lustig machen darf oder ärgern muß; vielmehr sollte jedes beschriebene Blatt, das aus einer Kanzlei hinausgeht, in vorbildlichem Deutsch abgefaßt sein. Wer von uns Gehorsam oder Achtung fordert, der soll sich ihrer ebenso mit dem Wort wie mit der Tat würdig erweisen. Guter Stil ist kein entbehrlicher Schmuck der Amtstätigkeit, sondern eine Selbstverständlichkeit, und Fehler in der deutschen Sprache sind für einen Beamten nicht Schönheitsfehler, sondern Ungehörigkeiten. Obenan steht die Forderung an jeden deutschen Beamten, vom niedrigsten bis zum höchsten, bis zum Reichskanzler, $Seite 346$ grade zum Reichskanzler, daß er Deutsch, nur Deutsch, einzig und allein Deutsch spreche und schreibe, wo er sich an Deutsche wendet. Es darf um der deutschen Würde und Selbstachtung willen niemals wieder vorkommen, daß der höchste Beamte des Deutschen Reichs, nun gar inmitten eines Krieges ums deutsche Dasein, sich nicht anders als mit ''realen Garantien, Désintéressement, Demarchen, absolut aktuell'' im Deutschen Reichstag verständlich machen kann. Solange die am weitesten hör- und sichtbare Stelle solch beschämendes und verderbliches Beispiel gibt, hat man nicht den Mut, gegen irgendwelches Schreiberlein einen Vorwurf wegen seines Fremdbrockenstiles zu erheben. Ein Reichskanzler, der sich's zum strengen Gesetz machte, reines Deutsch zu sprechen und zu schreiben, könnte diese eines deutschen Beamten allein würdige Ausdrucksform allen seinen Untergebenen zur Pflicht und gerngeübten Gewohnheit machen; aber nur ein solcher. Von der Achtung, die einem solchen Staatsmann schon für diese unaufdringliche Bekundung seines deutschen Stolzes gezollt werden würde, brauche ich nicht zu reden. Die heutige Beamtensprache ist unvergleichlich reiner als die jeder früheren Zeit. Sie lateinert nur noch ein kleinwenig mit ''pro, sub, in, peto, reproducatur, in duplo''; aber auch diese Zeugen ehemaliger fremdsprachiger Wichtigtuerei müßten bis auf den letzten Rest verschwinden. Wenn im englischen Gerichtsverfahren hier und da ein altfranzösischer Brocken unterläuft, so ist das entschuldbarer als ein lateinischer im deutschen Staatsleben, denn England war einmal französisch, Deutschland aber niemals römisch. Unsre Staatsbehörden und viele städtische sind bemüht, ihre Amtsprache von der welschen Verschmutzung zu säubern; aber es geschieht mehr ruckweise durch einzelne Erlasse — oft von solchen Stellen, die sich selber an ihre Verordnungen nicht kehren —, als durch stetige Übung. Die Behörden bedenken nicht, daß jeder deutsche Bürger ein Recht auf reines Deutsch in jedem amtlichen Schriftstück hat, das sich an ihn wendet, und daß eine Anordnung in andrer als deutscher Sprache eigentlich der vollen innern Rechtskraft entbehrt. Eine Staatsbehörde, eine hamburgische, die im Kriege einen wichtigen Erlaß über Lebensmittelverteilung hinausgibt und darin immerfort von ''Zerealien'' welscht, kann noch von Glück sagen, wenn die Findigkeit des Volkes dies in ''Verzehrealien'' umdeutet; aber die $Seite 347$ Lächerlichkeit einer solchen schnurrigen Sprache in bitterernster Zeit verdrießt, und Behörden dürfen sich nicht lächerlich machen. Die Zahl der einer deutschen Amtstelle allenfalls erlaubten Fremdwörter übersteigt nicht das vierte Dutzend; die meisten Behörden kommen mit weniger als hundert Dutzenden nicht aus. Das Hauptgebrechen des Amtstils ist das Recken und Strecken. Besonders die einfachen Zeitwörter sind ihm zuwider, genügen nicht seinem Hange zu gespreizter Wichtigtuerei. Mancher Beamte, sonst im Leben ein anspruchsloser Mensch, glaubt es seiner Amtswürde zu schulden, nie Ein Wort zu setzen, wo man dafür zwei, drei oder noch mehr durch Ziehen und Zerren zustande bringen kann. Die einfachen Zeitwörter erscheinen ihm im Lichte des nicht amtlich Abgestempelten, des nicht Festangestellten; erst durch die Verwässerung und Verquickung mit einem vom Zeitwort abgeleiteten Hauptwort bekommt der Ausdruck für ihn Wert, Würde, Weihe, Wucht. In Wahrheit bekommt er nur das Gepräge der Wichtigtuerei. ,Getretener Quark wird breit, nicht stark' (Goethe). Nichts und niemand ''erscheint, betrachtet, nimmt an, führt durch, hebt auf, meldet an, verkauft, kauft, versteigert, fällt weg, erwägt''; sondern: ''es tritt in die Erscheinung, nimmt in Betrachtung, gibt sich der Annahme hin, bringt zur Durchführung, bringt zur Aufhebung, bringt zur Anmeldung, bringt zum Verkauf, bringt käuflich an sich, bringt zur Versteigerung, kommt in Wegfall'' (meist: ''in Fortfall'', vgl. S. 161), ''nimmt oder zieht in Erwägung.'' Der Beamtenstil haßt besonders solche Kernwörter wie: ''angreifen, beendigen, verhaften''; reckt sie aus: ''in Angriff nehmen, zu Ende führen, in Haft nehmen''. Er ''gibt'' nichts ''aus'', sondern ''verausgabt'' mindestens, bringt aber noch lieber ''zur Verausgabung''; ''verliest'' nichts, sondern ''bringt zur Verlesung''; ''steht'' nicht ''ab'', sondern ''nimmt Abstand''; ''untersucht'' nicht, sondern ''zieht zur'' oder ''nimmt in Untersuchung'' oder ''stellt eine Untersuchung an''; ''bebaut'' nicht, sondern ''führt der Bebauung zu''. Er hat seine eignen Vorwörter, immer die längeren, die unechten umstandswörtlichen, und verabscheut die einsilbigen. Aus ''durch'' wird ''im Wege'' (nicht ''durch''), sondern ''im Wege der Zwangsversteigerung''). Aus ''von'' wird ''von seiten'', wenn nicht ''seitens'', eines der unentbehrlichsten und doch ganz über- $Seite 348$ flüssigen Wörter des Beamtenstils; daneben liebt er die Bildungen mit dem Schwänzchen . . ''seits: staatlicherseits, feindlicherseits, englischerseits''. Aus ''wegen'' wird ''im Hinblick auf'', aus ''Veranlassung, in Folge von, in Anbetracht''. Statt ''mit'' heißt es: ''in Begleitung von'', statt ''zu: zum Zweck'', im Drange nach besondrer ,Kürze': ''zwecks, behufs''. Aus ,''Das Gelände eignet sich zur Besichtigung' '' wird: ,''. . zu Besichtigungszwecken' ''. ''Bezüglich'' ist eins der beliebtesten Kanzleivorwörter; das entsprechende Umstandswort heißt ''diesbezüglich''. Daß ''bezüglich'' überflüssig ist, beweist die Felddienstordnung von 1908; ,''In der Zubereitung der Lebensmittel macht der Soldat . .' ''; früher hatte der Satz mit ''diesbezüglich'' angefangen. Vor Zahlen wird nie vergessen, ausdrücklich zu sagen, daß sie eine ''Summe'' ausmachen: ,''Der Neubau wird die Summe von 100000 Mark kosten' ''; oder es wird ''in Höhe von'' eingeschoben. Aus ,''eine Sache wird kosten' '' entsteht: ,''.. wird eine Ausgabe in Höhe von .. verursachen' '' (oder ''bedingen'', vgl. S. 222). Bei Zeitangaben darf der ausdrückliche Zusatz nicht fehlen, daß wir es wirklich mit einer Zeit zu tun haben. ,''Geheizt wird vom Oktober bis zum April' ''? Unerträglich kurz, also: ,''Die Vornahme der Heizung erfolgt in der Zeit vom . .' '' Was ''nicht erfolgt'', sondern ''schon ist'', das ist eben nicht, sondern ''es befindet sich''. Und wo ''nicht befindet'' steht, da ''befindlich'': ,''Der Ofen des Zimmers raucht' ''? So spricht ein Mensch; der Kanzleimann verwandelt dies in: ,''Der im Zimmer befindliche Ofen ist in einem derartigen Zustande, daß beim bezüglichen Heizen eventuell das Rauchen in die Erscheinung tritt.' '' Ein Geschehnis kurzweg durch das ihm gebührende Zeitwort auszudrücken, bringt der Amtstil nur in Ausnahmefällen ,übers Herz'; dazu hat man doch das Allerweltswort ''erfolgen'', welches stets das dem Amtstil unentbehrliche Hauptwort ,''bedingt' ''. ''Die Klasse'' wird nicht ''geprüft'', sondern. ,''Die Prüfung der Klasse erfolgt' ''; ''ein Verein'' wird nicht ''eingetragen'', sondern ,''Die Eintragung'' (desselben!) ''erfolgt' ''; ''der Schüler'' wurde nicht ''bestraft'', sondern ,''Die Bestrafung mußte erfolgen, weil . .' '' Nämlich bis in die Schule, soweit sie schreibend verwaltet, ist der Amtstil eingedrungen. Der Lieblingsredeteil des Beamten ist das Hauptwort, wenn irgend möglich ein Denkwort statt des Dingwortes. Man sehe sich die Sätze 526, 527 des BGB. auf ihre Hauptwörter an! $Seite 349$ Und dagegen halte man: Luther hatte im Psalm 19 zuerst geschrieben: ,''Ihr Ausgang ist vom Ende des Himmels und ihr Umlauf wieder an dasselbe Ende' '' (Hauptwörter wie im Hebräischen); hieraus wurde später die jetzige zeitwörtliche Fassung. Dunstwörter auf ''ung'' und ''keit'' fehlen in keinem längern Beamtensatz; hinzu treten verblasene Zusammensetzungen mit ..''nahme: Inangriffnahme, Kenntnisnahme, Maßnahme, Inanspruchnahme, Anlaßnahme, Einvernahme, Ingebrauchnahme, Stellungnahme, Einsichtnahme'' usw. Ärgerte man sich nicht über die wäßrige Breitspurigkeit solcher Hauptwörter, so möchte man die nicht geringe Kunst bewundern, womit die sprachlich sonst nicht übermäßig gewandten kleinsten Beamten es fertig bringen, das verhaßte kurzgeschürzte Zeitwort zu vermeiden und durch eins mit langer Hauptwortschleppe zu ersetzen. ,''Der Bau wird genehmigt' '' wird ausgereckt in: ,''Die Genehmigung des Baues darf erfolgen.' — ,Das verkäufliche Fleisch wird durch Plomben gekennzeichnet' '' — wird zu: ,''An dem zum Verkauf zu stellenden Fleisch erfolgt die Kennzeichnung durch Anbringung von'' (bezüglichen!) ''Plomben.' '' — Aus ,''Die Schweine des Bezirks sind bis zum 15. Oktober zu zählen' '' wird: ,''Die Zählung der .. hat in der Zeit bis .. zu erfolgen.' '' Aus ,''können' '' wird, wo immer möglich, ,''in der Lage, imstande sein' ''. Man bedenke: Fast alle Schriftstücke von Behörden richten sich an Volksmassen, also zum größten Teil an sprachlich nicht sehr gewandte Menschen, zu denen man in der einfachsten, klarsten Sprache reden muß, um verstanden zu werden. Aber grade zu diesen spricht der Amtstil in Ausdrucks- und Satzformen, deren volles Verständnis selbst Hochgebildeten nicht immer möglich ist. Jede Sprachform der Bestimmtheit und Entschiedenheit wird tunlich umgebogen in Unsicherheit und Ängstlichkeit, daher z. B. das zaghafte ''dürfte'' statt ''ist'' (vgl. S. 238). Aber schon die Tatform des Zeitwortes ''ist'', eben weil sie ein Tun bezeichnet, mißliebig: die unsichtigere Leideform ist die bevorzugte des Beamtenstils. ''Das Amt ordnet'' nicht ''an'', sondern: ''Seitens . . wird angeordnet''. — ,''Der Sachverständige darf 100 Mark Entschädigung beanspruchen' '' wird zu: ,''Seitens des .. darf . . in Höhe von . . in Anspruch genommen werden.' '' Mit dem Zurücktreten der Leideform würden auch das unvermeidliche ''seitens'' und seine Geschwister: ''von seiten, .. seitig, .. seits, diesseits'' allmählich verschwinden. $Seite 350$ Und der letzte Grund dieser Absonderlichkeiten grade des Beamtenstils? Er ist mehr als jeder andre dem wirklichen Leben sprachlich entfremdet, schreibt durchweg nicht Lippen- und Zungensprache redender Menschen, sondern Papiersprache, — er ist ein gradezu unmenschlicher Stil. Nur die Einsicht des schreibenden Beamten, daß er ein Mensch für Menschen und unter Menschen ist, daß er zu lebenden Menschen, nicht zu Aktenbündeln spricht, kann den Beamtenstil von Grund aus umgestalten, nämlich vermenschlichen. Der Stil ist der Mensch, und jeder Mensch hat seinen Stil. Je mehr Mensch der Beamte in der ganzen Auffassung seines Verhältnisses zu Menschen wird, desto mehr wird sich sein Stil der Menschenrede annähern; damit werden ganz von selbst alle Verkalkungen, Versteinerungen und Verzopfungen verschwinden, die wir jetzt fast in jeder Zeile eines amtlichen Schriftstückes beklagen. So allgemeine schwere Gebrechen einer Ausdrucksform wie die in diesem Abschnitt betrachteten lassen sich nur durch eine vollständige Umwälzung der Geistesverfassung, nicht durch noch so eindringliche Lehren über Einzelheiten heilen. Bis das geschehen, kann allerdings jeder Beamte für sich eine Sprache und einen Stil schreiben lernen, die seiner selbst und seiner Stellung würdig sind. In den Prüfungsordnungen für Beamte aller Grade sollte eine Bestimmung stehen, wonach jeder Prüfling seine Fähigkeit nachweisen muß, ein beliebiges amtliches Schriftstück um ein Drittel zu kürzen.  
Ein besonders häufiges Beispiel einer fehlerhaften Apposition findet sich auf Buchtiteln. Gewiß auf der Hälfte aller Buchtitel wird jetzt zum Verfassernamen, der ja immer hinter von, also im Dativ steht, das Amt oder der Beruf des Verfassers im Nominativ gesetzt! Noch in den vierziger und fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war diese Nachlässigkeit fast unbekannt; da schrieb man noch richtig: ''von Joseph Freiherrn von'' $Seite 212$ ''Eichendorff, von H. Stephan, kgl. preußischem Postrat''. Jetzt heißt es: ''von C. W. Schneider, Reichstagsabgeordneter von H. Brehmer, dirigierender Arzt von Dr. Schäfer, zweiter Arzt von F. Kobeker, kaiserl. russischer Geheimrat von W. Brinkmann, Geheimer Sanitätsrat von Egbert von Frankenberg, diensttuender Kammerherr von Havestadt und Contag, Regierungsbaumeister von Dr. Leonhard Wolff, städtischer Musikdirektor von E. R. Edler von Kutas von J. Hartmann, königl. preußischer Generalleutnant z. D. von Adolf Winds, königl. sächsischer Hofschauspieler von Dr. Friedrich Harms, weiland ordentlicher Professor an der Universität Berlin von L. Schmidt, korrespondierendes Mitglied des Vereins'' usw. Besonders häufig erscheinen ''der Dozent, der Privatdozent'' und ''der Architekt'' in solchen fehlerhaften Appositionen; es ist, als ob die Herren ganz vergessen hätten, daß sie nach der schwachen Deklination gehen (''dem Dozenten, dem Architekten''). Mitunter sind ja die Verfasser so vorsichtig, das Wort, auf das es ankommt, abzukürzen, z. B. ''von Heinrich Oberländer, königl. Schauspieler''. Namentlich ''der ordentl.'' und ''der außerordentl. Professor'' gebrauchen gern diese Vorsicht und überlassen es dem Leser, sich die Abkürzung nach Belieben zu ergänzen. Die meisten Leser ergänzen aber sicher falsch.//* Nicht besser, eher schlimmer wird die Sache, wenn man die Apposition voranstellt: ''von Privatdozent Dr. Albert Schmidt, von ordentl. Professor E. Max, was doch unzweifelhaft von ordentlicher'' (!) ''Professor'' gelesen werden soll.// Hat zum Überfluß noch der Name des Druckers oder des Verlegers eine Apposition, so kann es vorkommen, daß auf einem Buchtitel der Fehler zweimal steht, oben beim Verfassernamen und unten noch einmal am Fuße: ''Druck von Gustav Schenk, königlicher Hoflieferant''! Aber auch in andern Fällen, nicht bloß wo sich der Verfasser eines Buches nennt, wird der Fehler oft begangen. Man schreibt auch: ''Erinnerungen an Botho von Hülsen, Generalintendant der königlichen Schauspiele''. Auf Briefadressen kann man lesen: ''Herrn Dr. Müller'', $Seite 213$ ''Vorsitzender des Vereins'' usw. Es ist, als ob alle solche Appositionen, die Amt, Beruf, Titel angeben, zusammen mit dem Personennamen als eine Art von Versteinerungen betrachtet würden. Daß von den Dativ, an den Akkusativ regiert, dafür scheint hier alles Bewußtsein geschwunden zu sein. Erst kommt die Präposition, dann der Name, und dann, unflektiert und, wie es scheint, auch unflektierbar, der Wortlaut der Visitenkarte.  
Manche Juristen und Zeitungschreiber können tatsächlich nicht mehr „bis dreie zählen," sondern lassen auf den ''Ersten'' gleich den ''Dritten'' folgen. Juristen schreiben ganz gedankenlos: ''die juristische Wissenschaft zeigt dem Verwaltungsbeamten die Schranken, die seinem Handeln durch entgegenstehende Rechte Dritter gesetzt sind — bei einer solchen Verpachtung würde die Stadtgemeinde das Eigentumsrecht behalten und nur auf eine Reihe von Jahren einem Dritten ein Benutzungsrecht einräumen — auch der Künstler, der aus innerm Drange schafft, wird früher oder später erlahmen, wenn er fortwährend zusehen muß, wie Dritte den ihm zukommenden Ruhm genießen''. Ein Lokalrichter macht bekannt, ''er habe Waren'' $Seite 339$ ''im Auftrage eines Dritten zu versteigern'', eine Zeitung berichtet, daß ein Klempner von einem Baugerüst gefallen sei: ''ein Verschulden Dritter an dem Unglücksfall ist ausgeschlossen'', und eine andre erzählt: ''der junge Mann besuchte darauf ein Restaurant, wo möglicherweise dritte Personen von seinem Gelde Kenntnis erlangten''. Die Herren Juristen sind so daran gewöhnt, mit zwei Parteien zu tun zu haben, zu denen dann irgend ein ''Dritter'' kommt, daß ihnen schließlich der ''Dritte'' auch da in die Feder läuft, wo gar nicht von zweien die Rede gewesen ist; er vertritt schon vollständig die Stelle des ''Andern''. Und die Zeitungen machens natürlich nach.  +
Nicht besser ist es, wenn namentlich in Berichten aus dem Gerichtssaale und in Familienanzeigen eine Person, über deren Verbrechen oder Entscheiden und über deren Anklange, Mißhandlung, Ermordung u. dgl. man berichtet, nicht wieder $Seite 435$ mit dem Namen oder durch ein Fürwort bezeichnet wird, sondern mit einem Mittel- oder Eigenschaftswort wie ''der Selige, Tote, Verstorbene, der Angeklagte, Beschuldigte'' u. dgl.; denn sehr oft wird dieses Streben befriedigt um den Preis eines sachlichen Widerspruches zwischen der Bezeichnung und der Lage oder Handlung der Person, für die sie gerade angewandt wird. Oder kann einem nicht bei dem Satze: ''Ich erkannte den Verstorbenen, trotzdem wir uns in 28 Jahren nicht gesehen hatten, sogleich wieder'', der Gedanke kommen, der Berichterstatter habe den Freund auf dem Totenbette noch erkannt? Mit Recht spotteten denn auch die „Wespen" über den gespensterhaften Eindruck, den Meldungen hervorrufen wie: ''Der Getötete drang wiederholt auf ihn ein'', oder gar: ''Es wurde eine Leiche geborgen, die zahllos Selbstmorde verübt'' (!) ''hat''. Ähnlich ungenau muß man es nennen, wenn aus der Vorgeschichte eines Verbrechers als von dem Angeklagten erzählt wird, weil er dies da noch gar nicht gewesen ist.  +
Eine fehlerhafte und abgeschmackte Nachahmung des Französischen und des Englischen liegt auch in Verbindungen wie ''Prinz-Regent'' und ''Dichter-Komponist'' vor. Nach deutscher Logik (vgl. ''Chorregent, Liederkomponist'') wäre ein ''Dichterkomponist'' ein Komponist, der Dichter komponierte, ein ''Prinzregent'' ein Regent, der einen Prinzen regierte: das eine soll aber ein Dichter sein, der zugleich komponiert, das andre ein Prinz, der die Regentschaft führt: das erste Wort soll also nicht das Bestimmungswort des zweiten, sondern das zweite eine Art von Apposition zum ersten sein. Das erste Beispiel dieser Art war wohl der ''Bürgergeneral'', wie Goethe wörtlich das französische ''citoyen-général'' übersetzt hatte; später kam der ''Prinz-Gemahl'' dazu (dem englischen ''prince-consort'' nachgebildet). Und nun war kein Halten mehr. Nun folgten auch die ''Herzogin-Mutter, die Königin-Witwe, der Prinz-Regent, der Fürst-Bischof'' und ''der'' ''Fürst-Reichskanzler'', und in andern Lebenskreisen, dem französischen ''peintre-graveur'' und ''commis-voyageur'' nachgeäfft, ''die Maler-Radierer, die Maler-Dichter'' (z. B. Reinick, Stifter, Fitger) und die ''Dichter-Komponisten''. Kann man sich da wundern, wenn die Dienstmädchen in Leipzig nun auch von einem Prinzen, der in Leipzig studiert, sagen: Dort fährt der ''Prinz-Student''? Manche Zeitungen getrauen sich schon nicht mehr, Fürstenkinder als Söhne und Töchter zu bezeichnen, sondern schreiben: ''die Prinzessinnen-Töchter, die Prinzen-Söhne''. Es fehlt nur noch die ''Kaiserin-Großmutter'' und die ''Königin-Tante''. Das Neueste ist der ''Graf-Regent von Lippe-Detmold'') und der ''Dr. ing.''; denn das soll doch wohl nicht ''Doctor ingenii'' heißen, sondern ''Doktor-Ingenieur''. Hätte es da nicht näher gelegen $Seite 217$ und wäre es nicht logischer gewesen, solche Herren als ''Dr. techn.'' zu bezeichnen?  +
Freilich wenn man einem Subjekt in der Mehrzahl ein Aussagewort, das nicht etwa ein Sammelname oder ein Abstraktum, sondern ein Personenname ist, in der Einzahl beigesellt oder umgekehrt, so ist das nichts als Gedankenlosigkeit. So wenn es also heißt: ''Zahlreiche Kranke sammelten sich um das Bett, um Zeuge'' (statt ''Zeugen'') ''der Trauung zu sein'', oder: ''Die Farbenwirkung im Winter und Frühling sind viel mannigfaltiger ... als im Sommer'' (Tgl. R.) statt: ''die Farbenwirkung ... ist oder die Farbenwirkungen im Frühling und im Winter sind'' ... Nicht viel besser ist es, wenn man die Mehrzahl, die bei pluralischen Anreden (''Sie, Ew. Gnaden'') wie bei singularischen (''Ew. Majestät, Hoheit, Hochwohlgeboren'' [vgl. auch § 132]) üblich ist, auf Sätze überträgt, wo solche und andere Titel nicht ein ''Sie'' oder ''Ihr'' der Anrede $Seite 241$ vertreten, sondern die dritte Person bezeichnen. Freilich kam ein Beispiel dafür von hoch oben! Bei der Mitteilung irgendeines Ausflusses Königlicher Gnade hieß es in den amtlichen Blättern aller deutschen Länder und Ländlein bis zuletzt: ''Se. Majestät, der König'' (''der Herzog'') ''haben geruht''. Indes selbst dort waren im übrigen solche Sätze schon lange so gut wie verschwunden, wie sie z. B. in der Leipziger Zeitung noch 1860 standen: ''Se. Majestät der König haben sich heute früh 3/47 nach Schlackenwerth begeben''. Und so sollte es denn niemand in Briefen und Anreden den verflossenen Lakaien und andern Bedientenseelen mehr nachmachen, die auch in der Abwesenheit des Herrn wenigstens vor fremden Augen und Ohren katzbuckeln zu müssen glauben: ''Der Herr Kommerzienrat'' oder ''Die gnädige Frau sind ausgefahren''. Wer solche Leute mit ihren knöpfebesetzten Röcken fragt: ''Sind die Frau Gräfin zu Haus?'' verrät höchstens, daß er selber eigene Bedientenhaftigkeit feilbieten will. Hoffen wir, daß die Erweckung der Persönlichkeit, von der mit Nietzsche ihre genannten und ungenannten Befürworter so Großes erwarten, wenn sie nur erst gelungen wäre! auch diesen kleinen Zopf, dieses unwürdige Selbstwegwerfen mit dahinrafft. — Umgekehrt formell ungenau, sachlich aber erklärlich ist die Mehrzahl des Zeitwortes in der Frage im „Jörn Uhl": ''Was sind das? Beulen?'' Hier hat die Beobachtung einer Mehrzahl die Mehrzahl veranlaßt neben einem Formwort, das ihrer selbst entbehrt. Dieselbe Wirkung hat ein pluralisches Subjekt auch neben einem singularischen Prädikativ: ''der geistige Lebensprozeß, der zu den geschichtlichen Formen geführt hat, ja, der diese geschichtlichen Erscheinungen selbst sind oder waren'' (ZDB. 27); ''Ich habe dich gesungen, sowie deine Melodien ich sind'' (E. T. A. Hoffmann); und ''Anderswo klebt blutiger Brei, der einmal menschliche Glieder waren'' (Remarque).  
In den Infinitivsätzen werden mannigfaltige Fehler gemacht. Vor allem reißt eine immer größere Verwirrung in dem Gebrauche von ''zu'' und ''um zu'' ein, und zwar so, daß sich ''um zu'' immer öfter an Stellen drängt, wo nur ''zu'' hingehört. Und doch ist zwischen beiden ein großer Unterschied. Der Infinitiv mit ''um zu'' bezeichnet den Zweck einer Handlung; der Infinitiv mit ''zu'' dagegen dient zur Begriffsergänzung des Hauptworts oder Zeitworts, von dem er abhängt. In einem Satze wie: ''die'' $Seite 159$ ''schönen Tage benutzte ich, die Gegend zu durchstreifen, um meine Gesundheit zu kräftigen'' — ist der Sinn von ''zu'' und ''um zu'' deutlich zu sehen. ''Ich benutzte die schönen Tage'' — das verlangt eine Ergänzung. ''Wozu denn?'' fragt man; das bloße ''benutzte'' sagt noch nichts. Die notwendige Ergänzung lautet: ''die Gegend zu durchstreifen''. Aber das ist kein Zweck; der Zweck wird dann noch besonders angegeben: ''um meine Gesundheit zu kräftigen''.//* In der ältern Zeit ist auch der Zweck, die Absicht durch das bloße ''zu'' ausgedrückt worden; die Ausdrucksweise mit ''um zu'' ist die jüngere.// Solche ergänzungsbedürftige Begriffe gibt es nun in Menge. Von Hauptwörtern gehören dazu: ''Art und Weise, Mittel, Macht, Kraft, Lust, Absicht, Versuch, Zeit, Alter, Geld, Gelegenheit, Ort, Anlaß'' usw., von Zeitwörtern: ''imstande sein, genug (groß genug, alt genug) sein, genügen, hinreichen, passen, geeignet sein, angetan sein, dasein, dazu gehören, dienen, benutzen'' usw. Auf alle diese Begriffe darf nur der Infinitiv mit ''zu'' folgen.//** In der ältern Zeit ist auch der Zweck, die Absicht durch das bloße ''zu'' ausgedrückt worden; die Ausdrucksweise mit ''um zu'' ist die jüngere.// Dennoch wird jetzt immer öfter geschrieben: ''es wurde eine günstige Gelegenheit benutzt, um sich einen Weg durch die Feinde zu bahnen — hierin sehen wir das beste Mittel, um einem Mißbrauch der Staatssteuer vorzubeugen — als er endlich Kraft und Lust fühlte, um sich an monumentalen Aufgaben zu versuchen — sogar eine Übung mit dem Zeitwort muß den Anlaß geben, um den Rachekrieg zu predigen — wo ist in der Türkei ein Mann, um so umfassende Aufgaben durchzuführen? — wenn man wirklich einmal die Zeit gewinnt, um ein aus dem Drange des Herzens geschaffnes Werk zu vollenden — nach den Vorbereitungen für die Schule behielt sie noch Zeit übrig, um deutsche Gedichte zu lesen — alle waren in dem Alter,'' $Seite 160$ ''um die Gefahr zu begreifen — wie viele Schulbibliotheken haben kein Geld, um sich Rankes Weltgeschichte zu kaufen — er hatte das nötige Geld, um durch Reisen seinen Wissensdurst zu befriedigen — es gehört schon eine bedeutende Einnahme dazu, um sich eine anständige Wohnung verschaffen zu können — manche Aufzeichnungen scheinen mir nicht geeignet, um einen Platz in diesen Denkwürdigkeiten zu finden — die Zeitlage ist nicht dazu angetan, um diese Forderung zu bewilligen — den Aufenthalt in Berlin benutzte ich, um mich auch den ältern Fachgenossen vorzustellen — die Arbeiter sind nur dazu da, um den Hausbesitzern eine möglichst hohe Grundrente zu sichern — sind diese Gründe wirklich genügend, um das Bestehen einer solchen Einrichtung zu rechtfertigen? — ist unsre Sprache noch jung genug, um''(!) ''neue Wörter zu erzeugen? — ein Jahrhundert ist lang genug, um''(!) ''in der Sprache erhebliche Änderungen hervorzurufen — der deutsche Geist war stark genug geworden, um''(!) ''die fremden Ketten zu brechen — ich muß abwarten, ob ihm mein Wesen Interesse genug einflößen wird, um''(!) ''sich mit mir abzugeben''. Eine Zeitung schreibt: ''die englische Regierung wird nichts tun, um die Gemeinsamkeit in dem Vorgehen der Mächte zu stören''. Das kann doch nur heißen: ''sie wird sich untätig verhalten, damit Sie das gemeinsame Vorgehen der Mächte störe''. Es soll aber heißen: ''sie wird alles unterlassen, was das gemeinsame Vorgehen stören könnte.'' Solches Unheil richtet das dumme ''um'' an! Namentlich hinter den Verbindungen mit ''genug'' hat ''um zu'' gewaltig um sich gegriffen, obwohl sich die lebendige Sprache meist noch mit dem bloßen ''zu'' begnügt, und die Mutter zu ihrem Jungen ganz richtig sagt: ''du bist alt genug, das zu begreifen!'' Vollends verdrängt worden ist aber das ursprüngliche einfache ''zu'' nach den mit ''zu'' verbundnen Adjektiven: ''Gott ist zu hoch, um sich um die Kleinigkeiten der Welt zu kümmern — der Stoff ist viel zu umfänglich, um ihn in öffentlichen Vorlesungen zu behandeln — sie haben zu wenig Bildung, um ihre Taktlosigkeiten zu'' $Seite 161$ ''erkennen — die Mannschaft ist zu gering, um einen festen Stützpunkt für die Schulung der Rekruten abzugeben.'' Auch hier genügt überall das einfache ''zu'' und hat auch früher genügt. (Freilich heißt es auch schon im Faust: ''Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.'') Wie die angeführten Beispiele zeigen, ist es nicht nötig, daß das Subjekt des Infinitivsatzes immer dasselbe sei wie das des Hauptsatzes. Doch ist es gut, darin vorsichtig zu sein. Es braucht bei Verschiedenheit des Subjekts nicht immer solcher Unsinn herauszukommen, wie in dem Satze: ''ohne Gefahr zu ahnen, geriet ein vom Abhange rollender Stein unter das Vorderrad des Wagens.'' Es sind auch solche Sätze schlecht, wie: ''die Kurfürstin ließ den Hofprediger rufen, um sie mit den Tröstungen der Religion zu erquicken''; der Fehler wird hier nur durch den Gegensatz der Geschlechter verschleiert. Man setze statt der ''Kurfürstin'' den ''Kurfürsten'', und sofort entsteht Unsinn, sofort müßte der Infinitivsatz geändert und geschrieben werden: ''um sich von ihm mit den Tröstungen der Religion erquicken zu lassen''. Erträglich sind aber folgende Sätze: ''der achteckige Aufbau soll wegfallen, um Turm und Schiff besser in Einklang zu bringen — das Fechten mit der blanken Waffe sollte fleißig geübt werden, um nötigenfalls mit der eignen Person eintreten zu können — zur Zeit liegt die Fregatte im Trockendock, um sie für die Winterreise vorzubereiten''. Hier schwebt beim Infinitiv ein unbestimmtes Subjekt (''man'') vor. Vorsichtig muß man auch mit einer Anwendung des Infinitivs mit ''um zu'' sein, die manche sehr lieben, nämlich der, von zwei aufeinander folgenden Vorgängen den zweiten als eine Art von Verhängnis oder Schicksalsbestimmung hinzustellen und dabei in die Form eines Absichtssatzes zu kleiden, z. B.: ''der Herzog kehrte nach F. zurück, um es nie wieder zu verlassen''. Der Sinn ist: es war ihm vom Schicksal bestimmt, es nie wieder zu verlassen, während seine Absicht vielleicht war, es noch recht oft zu verlassen. Man kann diesen Gebrauch das ironische ''um zu'' nennen. Es entsteht aber sehr oft $Seite 162$ ein lächerlicher Sinn dabei, z. B.: ''er wurde in dem Kloster Lehnin beigesetzt, um später in den Dom zu Kölln an der Spree überführt'' (!) ''zu werden — er schloß sich der Emin-Pascha-Expedition an, um ein trauriges Ende dabei zu finden — täglich wird eine Masse von Konzert- und Theaterberichten geschrieben, um schnell wieder vergessen zu werden — beim Eintreffen der Feuerwehr brannte das Gebäude bereits vollständig, um schließlich einzustürzen — die Einzeichnungen beginnen im Jahre 1530, um schon im Jahre 1555 wieder ihr Ende zu finden — vor etwa dreißig Jahren sind die Niersteiner Quellen versiegt, um erst neuerdings wieder hervorzubrechen''. Das Richtige wären hier überall zwei durch ''und'' verbundne Hauptsätze. Mit dem Hilfszeitwort ''sein'' verbunden kann der Infinitiv mit ''zu'' sowohl die Möglichkeit wie die Notwendigkeit ausdrücken; ''das ist zu erreichen'' heißt: ''das kann erreicht werden''; ''das ist zu beklagen'' heißt: ''das muß beklagt werden''. Daher muß man sich vor Zweideutigkeiten hüten, wie: ''ein Fräulein sucht Stelle bei einem geistlichen Herrn; gute Zeugnisse sind vorzulegen''.  
Einen so ausgeprägten Eigenstil wie der Beamte schreibt der Kaufmann nicht, zumal da es sich bei ihm fast nur um Briefe an Einen, nicht um Erlasse an Alle handelt. Dennoch hasten ihm einige wenig erfreuliche Eigentümlichkeiten an, die zu erkennen und abzulegen eine Ehrensache des deutschen Kaufmanns ist. Ja wohl eine Ehrensache, denn mehr als irgendein andrer Stand ist der Kaufmann dazu berufen, die Ehre der deutschen Heimat samt ihrer Sprache in der ganzen Welt zu vertreten. Es geht nicht mehr an, den deutschen Kaufmann nur sanft zu mahnen, er möge doch gütigst den deutschen Namen dem Auslande gegenüber nicht schänden; vielmehr ist es jetzt an der Zeit, ihm rundheraus zu erklären, daß die Ehr- und Würdelosigkeit nicht länger geduldet werden darf, womit er sich auf Waren deutschen Ursprungs, die er in die Fremde schickt, aber auch im heimischen Handel und Wandel sprachlich als Knecht des Auslands erweist und uns alle dadurch in Unehre bringt. Es ist nicht wahr, daß der Kaufmann sich im Welthandel nur durch Preisgabe seiner völkischen Würde behaupten könne. Kein Volk der Erde benimmt sich so hundedemütig wie das deutsche im Handelsverkehr mit den andern Völkern, daß es seine Sprache verleugnend den Ausländer spielt und so das Ansehen und die Arbeitsleistung Deutschlands schädigt. Was täte ein deutsches Zündhölzerwerk, das einen Weltabsatz hätte wie das in Jönköping? Es würde seine Schachteln nach Schweden mit der Aufschrift ''Utan svafvel och fosfor'' bekleben und stolz darauf sein, zu jedem Volk in dessen Sprache zu reden, aber zu keinem in der eignen deutschen, und — würde sich in einem neuen Weltkriege des Todes verwundern, warum man einen so krummbuckligen Sprachlakeien des Welthandels so arg verachtet, so ungerecht beschimpft. Solange wie das Gesetz diese sprachliche Selbsterniedrigung dem deutschen Kaufmann nicht verbietet, was längst hätte geschehen $Seite 352$ sollen, muß dem Kaufmannstande geraten werden, auf irgendeine Weise Selbsthilfe zu üben gegen solche Berufsglieder, die zwar in der Minderheit, aber zahlreich genug sind, um den deutschen Namen aller zu beflecken. Des deutschen Kaufmanns Aufgabe ist der Vertrieb von Waren, nicht die Sprachwissenschaft, und es ist eine doppelte Geckerei, wenn er mit Bröckchen aus toten und lebenden Sprachen um sich wirft. Seine ''pro, par, per, pour, à, sub'' sind in einem Grade albern, daß man sich wundern muß, warum so kluge Menschen das nicht fühlen. ''Pro'' und ''per'' und ''sub'' sind lateinisch, meine Herren Kaufleute, und es sollte euch schwer fallen, uns zu überzeugen, daß ein Mitglied der deutschen Handelswelt durchaus lateinisch schreiben muß, um ''für'' und ''auf'' und ''unter'' auszudrücken. Und dasselbe gilt von den mindestens 3000 Fremdbrocken aus 5—6 Sprachen, ohne die der deutsche Kaufmann in Deutschland selbst im Verkehr mit uns und mit seinesgleichen nicht aussprechen kann, daß er ein Pfund Zucker zu (''à'') 40 Pf. verkauft und mit ''pour acquit'' dankend ''quittierend'' die 40 Pf. ''akzeptiert'' hat. Zur Ausmerzung dieser Schande der Kaufmannsprache gehört nichts weiter als ein Wille; denn daß der deutsche Kaufmann ebensowohl Deutsch sprechen könnte, wenn er wollte, wie der englische Englisch, der französische Französisch spricht, das haben ihm deutschgesinnte Kaufleute von Bildung und Einsicht durch Lehre und Beispiel schlagend bewiesen; ich erinnere nur an die zwei Preisschriften ,Kaufmannsdeutsch' von Engels und Eitzen und das neue Buch von Betcke (vgl. S. 356). Natürlich wäre die undeutsche Sprache des deutschen Kaufmanns unmöglich, wenn der deutsche Käufer sie nicht duldete. Der deutsche Handel erdreistet sich, aus Welsch, im ,Sunlicht-Stil', zum deutschen Volke zu reden, weil dieses sich ihn gefallen läßt und die wenigen deutschen Kaufleute, die Deutsch sprechen, nicht genügend unterstützt. Sonst würde der Wettbewerb, die Seele des Handels, bald dafür sorgen, daß nur noch einige rückständige Winkelkrämer sich einer Sprache bedienten, deren sich jeder saubre Mensch schämen müßte, überdies einer Sprache, die als Schwindelsprache, als Hilfsmittel des Betruges noch von jedem gebrandmarkt worden, der über das deutsche Welsch geschrieben hat, — von mir in meiner Deutschen Stilkunst in einem besondern Abschnitt S. 174—182. Ohne seine greuliche Welscherei wäre der Kaufmannstil gar $Seite 353$ nicht übel. Er leidet nicht an der Versteifung des Amtstils, nicht an der Verworrenheit des wissenschaftlichen Satzbaus, nicht an den lächerlichen Verstiegenheiten des Kunstschreiberstils, sondern sagt, was er zu sagen hat, ,wie ein Mensch von dieser Welt'. Noch mehr als jetzt sollte sich der Kaufmann, dessen meiste Schriftstücke Briefe sind, bewußt werden, daß der Brief ein Gespräch in die Ferne ist, wie denn Goethe Korrespondenz durch Briefgespräch verdeutschte, Lessing den Briefschreibern anriet: ,Die ganze Kunst, schöne Briefe zu schreiben, ist die, daß man sie ohne Kunst schreiben lernt.' Er meinte: ohne Künstelei, denn: ,Schreibe, wie du redest, so schreibst du schön' heißt es schon in einem Brief des Studenten Lessing an seine Schwester. Mit dieser Natur des Briefes vertragen sich ebensowenig gewisse falsche Bescheidenheiten wie geschmacklose Spreizungen des Kaufmannstils. Es ist schlechtes Deutsch und gar kein Stil, das ''Ich'' und ''Wir'' zu unterdrücken (vgl. S. 149), und das ständige ''Ihr Wertes'' ist nicht gebotene Höflichkeit, sondern eine ausgedroschene Strohhülse ohne allen Wert. '',Hoffe mein letztes Schreiben in Ihrem werten Besitz; — Bekenne mich zu Ihrem geehrten Gestrigen vom .., — Schätze Sie im geehrten Besitz meines ergebensten Gestrigen; — Im Verlauf meines Jüngsten . — Ohne Mehrveranlassung für heute ..' '' — solches Zeug schreiben einander kluge Männer, die sonst im Leben ein strenges Auge für Abgeschmacktheiten haben. Wenn für irgendeine Gattung des schriftlichen Verkehrs, dann sicherlich für den des Standes, dessen Leitsatz lautet: Zeit ist Geld, fordert die Anordnung des Stoffes: sogleich mitten in die Sache hinein, ja selbst mit der Tür ins Haus! Jede nicht mißverständliche Kürze ist Schönheit für den Kaufmannstil, weshalb gar nichts zu sagen ist gegen das Eindringen der Drahtsprache in den Geschäftsbrief. Man kann es nicht einmal formlos nennen, wenn es im Kaufmannstil, nicht bloß in Drahtungen, heißt: ,''Schweine steigen, Hammel träge' '', denn dies ist die nicht unangemessene Form für diese Sache. Um so mehr befremdet jede breite Geschwätzigkeit: ,''Wir ersuchen Sie, den Wechsel, sobald er Ihnen vorgelegt werden wird'' (fehlt nur noch: ''vorgelegt worden sein wird''!), ''gefälligst einlösen zu wollen' '', statt: ,''Wir ersuchen Sie, den Wechsel einzulösen.' '' $Seite 354$ Des Kaufmannstiles Hochziel ist nicht die Schönheit, sondern die straff angepaßte Zweckmäßigkeit; diese ist eben die Schönheit seiner Gattung. Daraus folgt nicht, daß der Kaufmann sich einer schlampigen Sprache bedienen dürfe; im Gegenteil: wie grade der Kaufmannstand auf saubre Wäsche, seine Kleidung, gute Umgangsformen Wert legt, so sollte er ohne Schönheitelei und Blumensprache auf schlichtes, anständiges Deutsch halten und gemeine Ausdrücke wie: ,''Wir machen in Leinewand, Wir übermachen Ihnen per Fracht' '' nicht dulden. Selbst im schlechtesten Amerikanisch gibt es keine ähnliche Verwilderung des Ausdrucks. Daß die Sprache der kaufmännischen Anzeigen, abgesehen von der häufigen Marktschreierei, erbärmlich ist, daß sie eine tägliche Massenanklage gegen den Stand des Geschmacks und der Bildung des Kaufmanns ist, fühlt jeder, der den Anzeigenteil selbst der größten Blätter durchfliegt. Den Sprachkenner, der die Anzeigen der Auslandspresse damit vergleicht, überkommt die Scham. Daß größere Anzeigen ganz ohne Welschbrocken erscheinen, gehört zu den vereinzelten Ausnahmen. Ist es nicht schon Schmach genug für uns Deutsche, daß die Presse unsrer Feinde mit Recht höhnen darf: ,Wenn die Deutschen über Kunst und Wissenschaft schreiben wollen, so müssen sie sich des Französischen bedienen' (im Temps), und daß ein Lumpenblatt wie der Matin das ,Boche tel qu’on le parle', das in Deutschland gesprochene halbfranzösische ,''Bosch' '', begeifert? Dürfen sie auch der ekelhaften Wahrheit gemäß grinsend feststellen, daß der Deutsche keinen Hering verlangen oder feilbieten, keinen Lehrling, keine Magd suchen, oder keinen Unterricht, selbst den im Deutschen, ankündigen kann, ohne fremde Sprachen nachzustammeln und die eigne zu verschandeln? Anzeigen wie diese aus einem deutschen Weltblatt und von einem deutschen Welthause sind so alltäglich, daß sie eben nur einem Sammler mit bestimmtem Zweck auffallen: ,''Photo-Apparate für Militärs und Zivil, Kameras für jedes Format. Kataloge über Apparate sowie diverse Photo-Artikel gratis und portofrei.' '' Wir sind jetzt so weit, daß die deutschen Wörter gradezu als Fremdwörter im landesüblichen Welsch erscheinen. In Deutschland gilt dergleichen vorgebliches Französisch und zweifelhaftes Deutsch sogar für ausnehmend fein.  
Über die Drahtsprache ist nur zu sagen, daß sie ihre eignen Gesetze hat, die alle aus dem Zweck folgen: höchste Deutlichkeit bei äußerster Kürze. Die unnütze Verteurung durch jedes entbehrliche Wort zwingt zur Kürze, die große Gefahr eines Mißverständnisses zur Wachsamkeit. Selbst kleine Abweichungen von der strengen Beugungslehre sind erlaubt, und unter Umständen darf ein Fürwort fehlen, das in jedem andern Schriftstück stehen müßte. Aber wie große Vorsicht nötig ist, weiß jeder erfahrene Kaufmann; der weniger erfahrene lese Hans Hoffmanns reizende Geschichte ,Die Friedensfeier' in dessen Sammlung ,Von Frühling zu Frühling‘ und lerne daraus, welche Gefahr im drahtlichen Weglassen eines Fürwortes lauert.  +
Eine andere,im allgemeinen unberechtigte Abweichung von der Regel entsteht dadurch, daß ein Subjekt, auch Objekt und ein Adverbialsatz oder dafür auch ein $Seite 390$ gleichwertiges Mittelwort dem somit an die dritte Stelle rückenden Zeitwort vorantreten. Ein Satz wie bei A. Jäger: ''Dieser, seinen Sieg benützend, nahm alle Herrschaften in Besitz'', oder der andre von noch gewöhnlicherem Typus: ''Hannibal, da er sich auf die noch nicht völlig unterworfnen Kelten Oberitaliens stützen wollte, wählte den Weg über die Alpen'', sind denn auch im allgemeinen gleich verdammenswert, zumal damit in neunzig von hundert Fällen die Eigenart fremder Sprachen, der lateinischen namentlich, weniger nachgeahmt als gedankenlos herübergenommen wird//1 Daß es nicht bloß fremder Einfluß ist, der solche Stellung veranlaßt, erhellt daraus, daß sie oft an Stellen begegnet, wo noch kein Einfluß des Lateins zu fürchten ist, in Grimms Märchen und im Mittelhochdeutschen. Dort heißt es z. B.: ''Der Jäger, als er ihn erblickte, sprach; der Frosch, als er die Zusage hatte, tauchte unter''; und hier bietet H. v. Aue z. B.: ''Ein riter, der gelêret was, swenne er sine stunde niht baz bewenden kunde ... , tithe ditz maere'', oder: ''Der eilende weise, wand er deheine vreise gefürhten niene künde, mit einem süezen munde so lachte er'' (!) ''den abbet an''. Hartmann hat jedenfalls auf diese Weise die Zerstückelung vermeiden wollen, die oft sehr hart ist, wenn Subjekt und Zeitwort durch einen Zwischensatz weit von den andern Satzteilen getrennt werden. Als Mittel, den Fehler zu vermeiden, wird angegeben, daß das Subjekt in den Nebensatz hinein zu ziehen und gleich mit diesem zu beginnen sei. Sicher hilft dies Mittel auch in sehr vielen Fällen. Man versuche sich aber damit einmal an dem Satze aus Goethes Lehrjahren: ''Philine, als sie merkte, daß den beiden Damen in Erwartung ihrer Gäste die Zeit zu lang wurde, schlug vor ....'' Hier hilft weder dieses Mittel noch auch Heraufnahme von ''schlug''. Vielmehr konnte Goethe nur schreiben, wie er geschrieben hat; nur muß man, um dies zu erkennen, den ganzen vorhergehenden Abschnitt lesen. Dort ist von einem Gastmahle die Rede, von den kommenden Gästen und von der Gräfin und der Baronesse. Da nun eine neue Person auftritt, ist das Bedürfnis vorhanden, diese an erster Stelle einzuführen; gleich gerechtfertigt ist es, daß der Dichter den ihre Haupthandlung hervorrufenden Umstand erst erwähnen will; also blieb nur die Lösung übrig: Subjekt + Adverbialsatz + Prädikat. Diese Stellung ist eben ausnahmsweise berechtigt, wenn von den folgenden drei Gesichtspunkten wenigstens zwei geltend gemacht werden können: Das Subjekt oder die andre vorangestellte Bestimmung widerstrebt, weil sie neu eingeführt wird oder sonst zu wichtig ist, der Hereinziehung in den Nebensatz, oder: der vorangestellte Satzteil und der adverbiale Satz oder Satzteil liegen besonders deutlich als der folgenden Handlung vorausgehend und sie bestimmend vor ihr oder gleichzeitig im Bewußtsein oben auf, oder: es muß sich durch die abweichende Stellung ein bei der regelmäßigen eintretendes Zerhacken der Sätze vermeiden lassen. Das Bedauerliche der Erscheinung und die Häufigkeit der bedauerlichen Erscheinung hat Goethen z. B. auch stellen lassen: ''Leider viele Dramen sind nur dialogisierte Romane''; und wenn er schreibt: ''Auch er war von einer unüberwindlichen Eifersucht entzündet; auch er, wenn ihn der Wohlanstand nicht zurückgehalten hätte, würde gern seine wilde Laune befriedigt haben'', so ist diese Stellung gewählt, weil gefragt wird, was auch er als anders veranlagter Mensch getan haben würde, wie ganz ähnlich bei Zd. v. Kraft: ''Ich, als ich in diesem Alter war, hätte das nur ausnahmsweise zuwege gebracht''. Im Mittelhochdeutschen kommt das Zeitwort besonders dadurch oft an dritte Stelle, daß sich zwischen Vordersatz und Zeitwort ein bestimmender Satzteil einschiebt: ''Als er dô die armen in solher ungehabe sah, vil nâch weinende sprach der tugendhafte man''. Von den Jüngsten hat der Altmeister G. Hauptmann oft solche Stellungen: ''Dieser, ohne zu zögern und scheinbar mit immer größerer Freude, schenkte ihm Milch; Der Wirt, indem er ein bunt besticktes Käppchen ein wenig von seinem kahlen Schädel hob, sagte, er habe ein briefliches Lebenszeichen erhalten; Der Müller, als er vor Emanuel stand, konnte nicht ganz die richtige Fassung finden; In der Backstube, als der böhmische Josef gegangen war, mußte sich Ruth mit Brot, Butter und Kaffee stärken''; und P. Ernst: ''Die katholische Kirche, als sie dem Selbständigen seine gebührende Stelle geben wollte, konnte nur diese Art Männer herausheben''.//.